Politik
In sieben Minuten beendete Strache sein Polit-Leben
Heinz-Christian Strache stellte am Dienstag seine Parteimitgliedschaft ruhend. Innerhalb von sieben Minuten beendete er seine politische Karriere. Hier der Wortlaut.
Am Dienstagvormittag lud Heinz-Christian Strache überraschend in ein Weinlokal. Der Grund: Eine "persönliche Erklärung". Wie sich herausstellte, verkündete Strache dabei sein Polit-Ende. Er stellte seine FPÖ-Parteimitgliedschaft vorerst ruhend und gab an, dass er keine politischen Funktionen mehr anstrebe. Seine komplette Rücktrittsrede im Wortlaut:
"So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf alle recht herzlich zu meiner heutigen Erklärung begrüßen, darf Ihnen ein herzliches Grüßgott wünschen. Ich muss sagen, wenn ich da so in die Runde schau', Sie haben mir alle irgendwo gefehlt, in den letzten Wochen und Monaten. Aber ich freu' mich, dass Sie heute gekommen sind und sage in den letzten Wochen und Monaten, das waren für niemanden in der freiheitlichen Partei leichte Zeiten. Daher möcht' ich mich natürlich umso mehr auch bei den vielen treuen Wählern und Unterstützern bedanken, die trotz der massiven Verleumdung, die stattgefunden hat und auch der Kampagnen gegen die freiheitliche Partei - und die waren durchaus intensiv in den letzten Monaten - ihr Vertrauen der freiheitlichen Partei geschenkt haben.
Was die bisher erhobenen Vorwürfe gegen meine Person betrifft kann ich nur wiederholt auch versichern, dass diese einerseits falsch sind, dass aber auch selbstverständlich ich alles unternehme, um auch die Aufklärung rasch sicherzustellen. Und zwar gegenüber den Ermittlungsbehörden und dort werde ich ausführlich auch Stellung beziehen. Um eben diese Vorwürfe auch zu entkräften und ich werde mich, auch wenn ich Vieles klar stellen möchte, das nicht in der Öffentlichkeit tun sondern gegenüber den Ermittlungsbehörden. Und bitte dies auch zu respektieren. Und die Ergebnisse auch abzuwarten und keine Vorverurteilungen zu treffen, wie das leider Gottes manchmal der Fall ist.
Monatelang mussten sich unsere freiheitlichen ehrenamtlichen Funktionäre den Fragen der Bevölkerung und auch der Kritik stellen und die üblichen Gegner unserer freiheitlichen Familie haben alle Register gezogen um unlauter zu unseren Lasten ihren Machtbereich zu erweitern. Und dies zum wiederholten Mal zu einem taktisch, ich sag, ganz bewusst gewählten Zeitpunkt, nämlich relativ knapp vor einer Wahl. Sie erinnern sich,vor der europäischen Unionswahl, relativ knapp davor, es waren damals 10 Tage, hat man ein - ja - ein Video, das zwei Jahre zuvor produziert worden ist, medienwirksam eingesetzt.
Und nunmehr auch medienwirksam kurz vor dieser Nationalratswahl die nächste Causa, die ganz bewusst gespielt worden ist. Und zwar zum wiederholten Mal kurz vor einer wichtigen Wahl. Und dass dann diese Verleumdungen, die stets aus einer - ja - ich sag, feigen Verborgenheit, anonym erhoben wurden, dass es da schwierig ist, dagegen anzukämpfen, wenn man dann mit solchen anonymen erhobenen Vorwürfen konfrontiert wird, dann ist das natürlich auch vom Zeitpunkt her ganz bewusst auch so gewählt.
Ich glaube und bin davon überzeugt, dass es schlussendlich aber gelingen wird, all das hier aufzudecken, was sich hier in den letzten Monaten abgespielt hat.
Und begonnen hat alles mit der sogenannten Ibiza-Affäre. Ich habe danach den höchstmöglichen Preis auch bezahlt und alle meine Funktionen niedergelegt. Schlimmer wog für mich aber immer der Umstand, dass ich meine Wählerinnen und Wähler enttäuscht habe. Und für meine Fehler entschuldige ich mich abermals, denn ich habe mich - wie Sie wissen - ja bereits aufrichtig entschuldigt, aber ich entschuldige mich abermals aufrichtig. Bei allen, die da enttäuscht worden sind. Ich verspreche im Gegenzug, dass ich die Aufklärung vorantreibe und konzentriere mich nunmehr auf meine Familie, meine private Gegenwart und Zukunft und ich habe den Großteil meines Lebens der freiheitlichen Partei und einer Erneuerung auch der Republik gewidmet.
Jeden Moment der letzten 15 Jahre konnte sich meine freiheitliche Familie auf mich verlassen, wie umgekehrt ich mich auf sie verlassen konnte. Und der Erfolg gab uns Recht. Der Zusammenhalt, den wir in den letzten 15 Jahre gelebt haben, hat uns stark gemacht. Und heute, zwei Tage nach der Wahl, teile ich schweren Herzens mit, dass ich meine Mitgliedschaft in der freiheitlichen Partei bis auf Weiteres und bis zur rechtlichen Klärung der Vorwürfe gegen meine Person ruhend stelle.
Ich tue dies alles mit der großen Bitte, weiterhin den Zusammenhalt in der freiheitlichen Familie hoch zu halten. Ungerechtigkeiten, Verleumdungen auch gemeinsam abzuwehren und keine Spaltung zuzulassen. Ich glaub es ist ganz wichtig, dass es im Leben nie Vorverurteilungen geben darf und dass man auch immer sich alle Seiten anhört. Und ein bisschen bin ich daher natürlich enttäuscht, dass man das Gespräch, welches ich seit geraumer Zeit auch mit der Parteispitze gesucht habe, leider mit mir nicht geführt worden ist.
Ich erachte es jedoch in Treue zu meinen Unterstützern als absolute Notwendigkeit, jeden weiteren Schaden von meiner freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft abzuwenden und eine Zerreißprobe und Spaltung der FPÖ um jeden Preis zu verhindern.
Und nach dieser Wahl wird erwartungsgemäß analysiert. Der Erfolg hat ja - wie der Misserfolg wie Sie wissen - viele Väter. Und ich wünsche meiner freiheitlichen Partei gute Beratungen heute im Vorstand, eine aufrichtige und ehrliche Analyse des Geschehenen und eine gute Hand vor allen Dingen auch bei allen Entscheidungen, für die weitere Zukunft. Denn es ist natürlich wichtig, dass die freiheitliche Partei weiterhin ein wesentlicher Faktor bleibt für das Land und für die Menschen im Land, wo viele Bürger sich auch auf uns verlassen. Und es gilt das Vertrauen wiederherzustellen und mit diesem schwierigen Schritt versuche ich meiner freiheitlichen Familie dabei zu helfen.
Und schütze vor allen Dingen auch meine Frau und Familie, denn was meine Frau und Familie in den letzten Wochen ertragen musste, das kann kein Ehemann, kein Vater zulassen. Es wurden da die schlimmsten Gerüchte und Behauptungen über meine Frau und Familie in die Welt gesetzt und das kann man natürlich nicht hinnehmen.
Dass meine Familie diesem Hass zum Teil ausgesetzt wird und, ich sage, das braucht da auch da oder dort rechtliche Konsequenzen, die folgen werden. Und natürlich werde auch ich für mich persönlich die Konsequenzen daraus ziehen. Denn der Schutz, den meine Familie braucht - und den schulde ich ihr - lässt sich unter den gegebenen Umständen allein durch meinen völligen Rückzug aus der Politik und damit auch aus dem öffentlichen Leben erreichen und sicherstellen.
Und das bedeutet, dass ich nicht nur meine Parteimitgliedschaft ruhend stelle, sondern dass ich mit dem heutigen Tag auch jegliche politische Aktivität einstelle und auch kein Amt und keine politische Funktion mehr anstrebe. Die mir widerfahrenen rechtswidrigen - und ich sag, hinterhältigen und demokratiefeindlichen - Aktionen und Anfeindungen, welche offenbar Realität in der Politik unseres Landes geworden sind, sind nicht nur mir zum Verhängnis geworden, sondern sind und bleiben eine Gefahr für unsere Demokratie, die ein Spielball für bis heute nicht gekannte Kräfte geworden ist, die offenbar jahrelang strukturell und kriminell hier an gewissen Entwicklungen gearbeitet haben.
Und ich hoffe, meine Gegner gönnen mir nach meinem völligen politischen Rückzug, nämlich vor allen Dingen das was für meine Familie so wichtig ist, ein Leben mit meiner Familie und sehen von weiteren Verleumdungen ab. Und warten vor allen Dingen auch die Ergebnisse der Ermittlungen ab. Und ich habe dieses Versprechen eben vor allen Dingen auch an meine Frau gegeben, die in den letzten Monaten mehr ertragen musste als sich so mancher vorstellen kann.
Meine Frau wirkt oftmals nach außen sehr, sehr gefasst und sehr, sehr stark, doch ich weiß, wie es ihr derzeit geht und ich möchte sie keine Sekunde länger mehr leiden sehen.
Meine Frau, meine beiden großen Kinder, aber vor allen Dingen unser gemeinsamer kleiner Sohn mit 9 Monaten, die sind für mich mein Anker und zuhause vor allen Dingen auch mein wesentlicher Anker. Und für die will ich jetzt auch da sein und mich darauf auch konzentrieren.
Ich bitte alle freiheitlichen Unterstützer nicht aufzugeben und sich auch nicht beirren zu lassen. Denn solche schmutzigen Methoden und Mittel zur Wahlbeeinflussung, die muss man ernst nehmen und die dürfen sich auf Dauer auch nicht durchsetzen. Das darf nicht zur Methode werden in der Politik. Zusammenhalt ist in diesen Stunden daher so wichtig, wie nie zuvor. Meinen Beitrag leiste ich durch die Aufklärungsarbeit, die Rehabilitation meiner Person und durch aufrichtige Verbundenheit gegenüber dem freiheitlichen Lager. Und ich darf noch einmal zum Ausdruck bringen, dass ich mich bedanken darf für Ihr Kommen.
Darf aber auch festhalten, dass es wie gesagt sich heute um eine Erklärung handelt und ich daher nicht danach Fragen beantworten werde. Stelle fest, dass wir einen wundervollen Spätsommertag haben und stelle fest, dass jedes Ende mit einem neuen Anfang beginnt. Und dieser Anfang ist wie gesagt für mich natürlich ein neuer, aber ich freu mich drauf. Und ich sag, alles im Leben hat einen Sinn und diesen Sinn muss man vielleicht da oder dort erst später erfassen und kennen lernen.
So gesehen Danke noch einmal für all die Jahre, die ich auch mit Ihnen [den Journalisten] verbringen durfte, ich weiß ich hab da oder dort - und ich sag das ganz bewusst - aus dem Gesamtkontext gerissen, vielleicht da oder dort Sie als Journalistinnen und Journalisten beleidigt: Das tut mir leid. Aber ich sag, Sie halten schon Einiges aus, ich hab die letzten Jahre auch Einiges aushalten müssen. Ich glaub wir sind beide nicht wehleidig, ja. Und so gesehen bin ich davon überzeugt und kann nur darum ersuchen, Sie werden mir auch den einen oder anderen Fehler den ich Ihnen gegenüber begangen habe hoffentlich verzeihen. Und ich sag, Fehler sind zutiefst menschlich.
Danke noch einmal, wünsche Ihnen einen wundervollen Tag. Und man wird sich irgendwo privat vielleicht wiedersehen."