Ukraine
Steht Wagner-Chef Prigoschin auf Putins Abschussliste?
Das Ansehen von Jewgeni Prigoschin schwindet seit Monaten. Sein Versprechen, Bachmut mit seinen eigenen Kräften einzunehmen, ist gescheitert.
Die US-Denkfabrik "Institute for the Study of War" sieht Anzeichen dafür, dass der russische Präsident offenbar beschlossen habe, sich nicht mehr auf Jewgeni Prigoschin und "seine irregulären Kräfte" zu verlassen. Stattdessen soll er wieder auf das konventionelle russische Militär setzen wollen. Putin habe bereits Anfang Dezember damit begonnen, die Kontrolle über die Kriegsanstrengungen wieder dem russischen Verteidigungsministerium zu unterstellen. Dieses kündigte am 17. Jänner weitreichende Reformen zum Ausbau und zur Umstrukturierung der russischen Streitkräfte an.
Die strategisch wichtige Stadt Bachmut ist heftig umkämpft, seit mehreren Monaten versuchen russische Streitkräfte und Wagner-Söldner, die Stadt in der Region Donezk im Osten der Ukraine zu erobern. Moskau verfolgt das Ziel, Donezk komplett unter Kontrolle zu bringen. Vor zwei Wochen hatten Prigoschin und das russische Militär widersprüchliche Angaben zur Lage in der Stadt Soledar in der Nähe von Bachmut gemacht. Der Wagner-Chef hatte versprochen, die Stadt einzunehmen. Die widersprüchlichen Angaben hatten Vermutungen über einen Streit ausgelöst, was der Kreml jedoch dementierte.
"Bedeutender Wendepunkt"
Ukrainische Nachrichtendienste und ausgewählte Kremlbeamte haben auch berichtet, dass Putin eine zweite Welle der Reservemobilisierung vorbereite, um die russischen Streitkräfte zu erweitern. Außerdem soll das russische Verteidigungsministerium versucht haben, die Professionalität seiner konventionellen Streitkräfte zu verbessern und die Effektivität seiner Befehlsketten zu testen.
"Diese Reformen und Ernennungen markieren einen bedeutenden Wendepunkt in den Bemühungen des Kremls, sein konventionelles Militär zu rekonstituieren", schreibt das "Institute for the Study of War" in ihrem Bericht. Damit einhergehen würde auch eine Abkehr vom Einsatz "irregulärer Formationen" wie der Wagner-Söldner.
"Prigoschin ging wahrscheinlich davon aus, dass seine Bemühungen in der Ukraine ihm weiterhin militärische und politische Macht in Russland verschaffen würden", schreibt das "Institute for the Study of War". Seine Befehlsgewalt über Bachmut und seine Nähe zu Putin hätten ihm wahrscheinlich das falsche Gefühl gegeben, dass er den Sieg in Bachmut für seine eigenen kommerziellen Ziele nutzen könnte, zum Beispiel die Legalisierung der Wagner-Söldnertätigkeit in Russland, die Ausweitung seiner politischen Macht innerhalb des Kremls oder sogar die Verdrängung der Autorität von Schoigu. Prigoschin kritisiert regelmäßig die mangelhafte Führung der russischen Armee, die bei ihrer Offensive in der Ukraine in den vergangenen Monaten große Rückschläge erlitten hat.