Politik
Sprit, Lebensmittel: Kern will Obergrenze bei Palmöl
Die hitzige Debatte rund um das möglicherweise krebserregende Herbizid Glyphosat geht in die nächste Runde. Jetzt steht auch Palmöl in der SPÖ-Kritik.
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) diskutierte gestern zusammen mit Global 2000 Forscher Helmut Burtscher aktuelle umweltpolitische Herausforderungen. Anlassfall der Pressekonferenz ist die kommende Abstimmung im Nationalrat am dritten Oktober, in der geklärt werden soll, ob Glyphosat weiter verboten bleibt oder nicht.
Kern erklärte, dass Glyphosat Teil einer größeren Problematik sei. Der Fall zeige aber in aller Deutlichkeit wie es den Lobbyisten in Österreich immer wieder gelinge ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Lobbyismus in der Lebensmittelindustrie
Der Chemiker Burtscher übte scharfe Kritik an der wissenschaftlichen Bearbeitung der Fragestellung und erläuterte die Problematik hinter sogenannten "Auftragsstudien" im Lebensmittelbereich. Multinationale Konzerne wie Monsanto würden dutzende Studien zur Gefährlichkeit von Glyphosat liefern, dies sei jedoch nur bedingt sinnvoll, da diese Studien große Teile ihres Datenmaterials, unter Verweis auf Betriebsgeheimnisse, geheimhalten würden. Damit verhindern die Großkonzerne jegliche intersubjektive Nachprüfbarkeit ihrer Ergebnisse und garantieren eine günstige "wissenschaftliche" Sichtweise ihrer Produkte, selbst wenn diese möglicherweise Krebserregend seien sollten.
Noch problematischer ist es aber sowohl für Kern als auch für Burtscher, wenn diese "Auftragsstudien" unreflektiert von staatlichen und/oder europäischen Behörden "abgeschrieben" werden, wie dies im Falle Glyphosat geschehen sei. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung steht momentan in scharfer Kritik, da der berechtigte Verdacht besteht, dass diese in ihrer Bewertungsgrundlage einfach den Text einer Monsanto-Studie kopiert hätten.
Palmöl in Kritik
Ebenfalls kritisch äußerte sich Kern gegenüber dem zunehmenden Palmölgehalten in Biosprit und Lebensmitteln. Palmöl sei nicht nachhaltig erwirtschaftbar, wie sich beispielsweise an großangelegten Abholzungsaktionen zeige, in denen ganze Landstriche planiert werden, nur um danach für kurze Zeit die betreffenden Flächen mit Ölpalmen eindecken zu können.
Verschiedenste Studien unabhängiger Forschungsinstitute bestätigen Kern?s Sicht. So wurden alleine in Indonesien zwischen 1990 und 2005 drei Millionen Hektar Palmölplantagen errichtet, von denen mehr als die Hälfte in ehemaligen Waldgebieten angebaut wurden. Das bestätigte beispielsweise auch die FAO (Food and Agriculture Organization der Uno).
Der Bundeskanzler sprach sich deshalb für Obergrenzen des Palmölgehalts aus, vor allem in Bezug auf Lebensmittel aber auch in Biosprit und kündigte an entsprechende Gesetzesvorlagen im Parlament einbringen zu wollen.
Politik in der Pflicht
Kern, der sich bemühte staatstragend und diplomatisch zu wirken, zeigte sich zuversichtlich die Verlängerung des Glyphosat Verbots durchsetzen zu können, vor allem da es auch innerhalb der FPÖ in den vergangenen Jahren zu einem Umdenken in dieser Frage gekommen sei. Nicht ein einziges Mal namentlich erwähnt wurde die ÖVP, obwohl deutlich zwischen den Zeilen zu lesen war, wen der Kanzler für den Stillstand in diesen brisanten umweltpolitischen Fragen und den ungebrochenen Einfluss der Lobbyisten verantwortlich macht. Kern kündigte an den erneuerbaren Energiesektor stark subventionieren zu wollen und sprach sich auch für eine neue Bewertung bereits bestehender Maßnahmen aus.
(mat)