Ärztemangel

Spitals-Engpass – Patientin musste 100 Kilometer fahren

Weil das Spital Mistelbach geschrumpft wurde, musste eine Patientin von der Rettung nach Krems gebracht werden.  Die SPÖ kritisiert "Kahlschlag".

Angela Sellner
Spitals-Engpass – Patientin musste 100 Kilometer fahren
Patientin wurde mit der Rettung zur Behandlung in ein anderes Spital gebracht – jetzt soll sie den Transport selbst bezahlen. (Symbolbild)
iStock

Verzweifelte Patienten, die in der Nähe ihres Wohnortes keinen Arzt finden, sind längst keine Ausnahme mehr. In vielen Medizin-Bereichen ist diese Situation eher die Regel geworden, besonders krass ist die Situation aktuell in Niederösterreich.

Das betrifft nicht zuletzt das Landesklinikum Mistelbach, wo das Angebot der HNO-Abteilung  wegen Ärztemangels per 1. Mai 2024 drastisch reduziert wurde. Von einer vollwertigen Spitalsabteilung wurde der HNO-Bereich auf eine Tagesklinik reduziert, die Ambulanz-Betriebszeiten sind auf 7 bis 15 Uhr verringert.

Keine Behandlung möglich

Was das bedeutet, musste eine Patientin mit akutem, extrem starken Nasenbluten leidvoll erfahren. Die Dame (Name der Redaktion bekannt) aus Walterskirchen (Bez. Mistelbach) wurde vom Notarzt ins Spital Mistelbach gebracht. Dort konnte man nicht helfen und ließ die Patientin ins 100 Kilometer entfernte Universitätsklinikum Krems transportieren, wo sie erfolgreich behandelt wurde.

Drei Wochen später kam der Schock: Die Patientin fand im Postkasten eine Rechnung über rund 300 Euro von der Rettung für den Transport von Mistelbach nach Krems – mit der Aufforderung, die Zahlung zu begleichen.

Wirbel um Kostenübernahme

Die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten zunächst ab und begründete das damit, dass die Rettungskosten nur bis zum nächsten Spital bezahlt werden. Laut Homepage des Krankenhauses Mistelbach sei dort eine notfallmedizinische Versorgung auch außerhalb der Ambulanzzeiten möglich.

Mittlerweile hat die Kasse die Rechnung aber zurückgezogen und übernimmt die Kosten doch.

Aber Fakt ist: Gäbe es die HNO-Abteilung im Spital Mistelbach noch in voller Funktion, hätte es die Kosten und den Zweitaufwand für den Rettungstransport nach Krems gar nicht erst gegeben. Für die Weinviertler SPÖ-Nationalrätin Melanie Erasim ist das ein weiterer Skandal rund um den "Kahlschlag" beim medizinischen Angebot in der Region.

Das sagt der Gesundheitsminister

Die SPÖ-Abgeordnete hatte bereits eine parlamentarische Anfrage zum Thema "HNO-Station in Mistelbach erhalten, Kahlschlag in unseren Spitälern verhindern" gestellt – und von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zur Antwort bekommen, dass in vielen Fällen eine stationäre Aufnahme nicht mehr nötig sei, der Bedarf könne mit einem "bettenführenden Tagesklinik-Angebot" ausreichend überbrückt werden. Und komplexere Behandlungen könnten ja im Uniklinikum Krems stattfinden.

Für Erasim ist das "ein Schlag ins Gesicht". "Minister Rauch verweist für komplexere HNO-Behandlungen tatsächlich auf Krems. Aus dem Einzugsgebiet des Krankenhauses Mistelbach ist man da mit Öffis bis zu dreieinhalb Stunden unterwegs", empört sich Erasim im Gespräch mit "Heute".

Die Weinviertler SPÖ-Nationalrätin Melanie Erasim kämpft gegen den Kahlschlag in Spitälern und bei Kassenärzten.
Die Weinviertler SPÖ-Nationalrätin Melanie Erasim kämpft gegen den Kahlschlag in Spitälern und bei Kassenärzten.
Stefan Joham
In Mistelbach gibt es derzeit keinen einzigen Kinderarzt mit Kassenvertrag
Melanie Erasim
SPÖ-Nationalratsabgeordnete

Und die Zustände um das Spital Mistelbach seien bei weitem nicht die einzige Katastrophe für Patientinnen und Patienten in der Region. "In Mistelbach gibt es derzeit keinen einzigen Kinderarzt mit Kassenvertrag", so Erasim: "Eltern können ja nicht ständig ins Spital fahren, wenn ein Kind krank ist", so die SPÖ-Politikerin. Und sie kenne Fälle, wo verzweifelte Mütter in der Not mit ihren Kindern wiederholt einen Wahlarzt aufsuchen – aufgrund der Kosten dann aber an anderer Stelle massiv sparen müssen.

In ganz Niederösterreich waren im Vorjahr laut Zahlen des Gesundheitsministeriums 76 % der Kinderärzte nur privat.

"Da ist echt Feuer am Dach", so Erasim: "Wir können nicht tatenlos zusehen, wie unser Gesundheitssystem immer weiter ausgedünnt wird und immer mehr Fachärztinnen und -ärzte in den privaten Bereich abwandern, weil sie dort mehr verdienen."

Die SPÖ fordert mehr Medizin-Studienplätze sowie bevorzugte Vergabe dieser Plätze an Bewerber, die sich verpflichten, nach der Ausbildung eine Zeitlang im Kassenbereich zu arbeiten. Und der Wettbewerb um Ärzte nach dem Motto "Wer bietet mehr" müsse aufhören – "wir brauchen flächendeckend eine gute Gesundheitsversorgung", so Erasim.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Wegen des Ärztemangels und der Reduzierung der HNO-Abteilung im Spital Mistelbach musste eine Patientin mit starkem Nasenbluten ins 100 Kilometer entfernte Universitätsklinikum Krems transportiert werden, wofür sie nun die Rettungskosten von 300 Euro selbst tragen soll
    • Die SPÖ kritisiert die Situation scharf und fordert Maßnahmen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in Niederösterreich, da immer mehr Fachärzte in den privaten Bereich abwandern
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