Österreich

Spirale brach, Frau erhält nur 150 Euro für Schmerzen

Bei tausenden Österreicherinnen brachen Eurogine-Spiralen – Schmerzen und Eingriffe waren die Folge. Eine Betroffene erhielt trotzdem nur 150 Euro.

Christine Ziechert
Die Seitenarme der Spirale brachen bei tausenden Österreichinnen ab (Symbolbild).
Die Seitenarme der Spirale brachen bei tausenden Österreichinnen ab (Symbolbild).
privat

Wie "Heute" bereits im September 2020 berichtete, brachen aufgrund eines Materialfehlers die Seitenarme von Spiralen einiger Chargen der spanischen Firma Eurogine. Bei vielen Betroffenen blieben die abgebrochenen Ärmchen in der Gebärmutter stecken. Schmerzhafte Eingriffe, eine operative Entfernung unter Vollnarkose bis hin zu ungewollten Schwangerschaften waren die Folge.

Trotz all der erlittenen physischen und seelischen Schmerzen erhielt eine Ostösterreicherin nur 150 Euro Schadenersatz, einer Kärntnerin wurden lediglich 500 Euro zugesprochen, kritisierte Daniela Holzinger-Vogtenhuber vom Verbraucherschutzverein (VSV) in der ORF-Sendung "Bürgeranwalt" und machte das "skandalöse Gutachterwesen" in Österreich dafür verantwortlich.

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    SPAR/ Peakmedia Dominik Zwerger
    "Frauen werden von Gutachtern oft nur zwei oder drei Stunden Schmerzen zugestanden" - Daniela Holzinger-Vogtenhuber, designierte VSV-Obfrau

    "Frauen werden oft nur zwei oder drei Stunden Schmerzen zugestanden", so die designierte VSV-Obfrau. Psychische Belastungen, Behinderungen im Alltag und Frauenschmerzen würden aber nicht berücksichtigt. Ärgerlich: In Deutschland und der Schweiz wird Betroffenen weit mehr Entschädigung gezahlt: "In Deutschland liege die niedrigste Summe bei 2.000 Euro", meint Holzinger-Vogtenhuber.

    Der VSV gibt aber nicht auf und will nun mittels Privatgutachten höheren Schadenersatz erkämpfen. Betroffene können sich an den Verein wenden. Für jene mit privatem Rechtsschutz werden Einzelklagen eingereicht, für jene ohne läuft derzeit ein Crowdfunding, um eine Sammelklage und eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich zu finanzieren. Auch Prozessfinanzierer sind im Gespräch.

    BASG soll zu spät vor Spiralen gewarnt haben

    Die Amtshaftungsklage wurde eingebracht, da laut dem VSV das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu spät und zu leise gewarnt hatte. Der Materialfehler wurde laut Eurogine im Frühjahr 2018 bekannt, das BASG veröffentlichte aber erst Ende September 2020 eine Warnung auf seiner Homepage. Die Amtshaftungsklage wurde in erster Instanz vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen abgelehnt, die Berufung läuft derzeit noch.

    Laut dem VSV wurden in Österreich rund 28.000 Spiralen der defekten Chargen verkauft. Wie die Studie eines Innsbrucker Gynäkologen zeigt,  brachen bei 68 Prozent der Spiralen die Seitenarme, Eurogine spricht von nur 6,94 Prozent. Insgesamt wären daher nach den Berechnungen des Mediziners rund 19.000 Frauen in Österreich betroffen. "Erst zehn Prozent haben sich bei uns gemeldet", erklärt Holzinger-Vogtenhuber.