Coronavirus

Soziologin sagt, wie lange Bürger Lockdown einhalten

Soziologin Ulrike Zartler sieht in der Lockdown-Verlängerung eine große Herausforderung: Erstmals mache sich Verzweiflung bei den Bürgern breit.

Rene Findenig
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Ulrike Zartler von der Universität Wien sieht Verzweiflung im Lockdown aufkommen.
Ulrike Zartler von der Universität Wien sieht Verzweiflung im Lockdown aufkommen.
Screenshot ORF

Die medizinische Notwendigkeit des Lockdowns sei der Bevölkerung klar, so die Soziologin Ulrike Zartler von der Universität Wien. Im Gespräch mit ORF-Moderator Armin Wolf in der "ZiB 2" attestierte sie am Montagabend aber verschiedene Stufen der Gefühlsentwicklung bei den Österreichern. Seit Herbst sehe man eine Erschöpfung "als Grundton", der mit dem zweiten Lockdowen in Lethargie und Resignation übergegangen sei, so Zartler. Nun scheint eine kritische Phase bei der Einhaltung der Corona-Maßnahmen gekommen zu sein.

Mit der Verlängerung des Lockdowns, sehe man aber auch erstmals "Verzweiflung", wie man die Maßnahmen noch mittragen können soll, beschrieb die Soziologin die aktuelle Situation. Der Lockdown sei belastend und die sozialen Kosten, vor allem für die Kinder, würden ansteigen. Für Eltern sei die Situation "unglaublich herausfordernd", einige Familien hätten massive auch finanzielle und existentielle Probleme. Kinder müssten Leistungen erbringen, die großteils nicht in der Schule, sondern von den Eltern vorbereitet würden.

"Zweischneidige Sache"

Eltern täten sich dabei als "Motivationscoaches" schwer, die Kinder zu motivieren, das würden die Gespräche mit Betroffenen zeigen, so Zartler. Auch die Kontinuität fehle, vor allem Volksschulkindern würde die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs abgehen. Homeoffice wiederum sei eine "zweischneidige Sache", so Zartler, einerseits würden Fahrtzeiten zum Büro oder Arbeitsplatz wegfallen, andererseits seien die Anforderungen in den Familien beinahe nicht zu schaffen, wenn auch Unterricht zuhause stattfinden solle. Auch Kinderbetreuung fehle, Kinder würden mit Medien beschäftigt.

Eltern haben "schlechtes Gewissen"

"Wir sehen bei den Eltern, die wir befragen, dass sie durchaus versuchen, sich an die Regeln zu halten", so Zartler. Es handle sich um "kooperative Menschen" – aber man sehe auch, dass den Kindern mehr erlaubt werde. "Was ganz schwierig ist, ist für Eltern das Gefühl, dass sie ein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn sie Betreuung in Anspruch nehmen", weil sie es nicht schaffen, die Kinder zuhause zu betreuen, so die Expertin.

Was man brauche, damit die Bevölkerung den Lockdown und die Maßnahmen weiter mittragen? Laut Zartler "Maßnahmen auf drei Ebenen": Sozial-emotional mit Kinderbetreuung und klarer Botschaft, dass es kein Versagen der Eltern sei, wenn sie Kinderbetreuung in Anspruch nehmen; auf betrieblicher und rechtlicher Ebene, damit nicht alles gesondert mit allen Einrichtungen wie Arbeitgeber und Schule vereinbart werden muss; und für jene Eltern, die unter finanziellen und existenziellen Ängsten leiden.

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