Niederösterreich

Plus 63 Prozent! Sozialdienst durch Teuerung am Limit

Die Teuerungswelle sorgt für einen satten Zuwachs bei Haushalten, die durch die "Team Österreich Tafel" des Roten Kreuzes versorgt werden müssen.

Erich Wessely
Ein Sanitäter mit Schutzmaske. Symbolbild
Ein Sanitäter mit Schutzmaske. Symbolbild
JAKOB GRUBER / APA / picturedesk.com

Steigende Energiepreise, Erhöhung bei den Kosten für Lebensmittel wie auch noch immer die Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie führen zu einem deutlichen Anstieg der Klienten bei den Ausgabestellen der "Team Österreich Tafeln", während die Mengen der zur Verfügung gestellten Lebensmittel rückläufig seien.

„Armut ist ein Thema, das viel zu selten öffentlich diskutiert wird. Deshalb braucht es mehr Menschen, die sich solidarisch und engagiert einsetzen und das Thema nach außen tragen“, erklärt Hannes Buxbaum, Landesdirektor Gesundheits- und Soziale Dienste, Rotes Kreuz Niederösterreich.

Besonders bedenkliche Entwicklung

Aktuell sieht das Rote Kreuz Niederösterreich eine besonders bedenkliche Entwicklung. Abgesehen von den geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die teilweise ebenfalls Unterstützung benötigen, wird ein Anstieg bei jenen Menschen verzeichnet, die bislang gerade noch über die Runden gekommen sind. Die Teuerungswelle, oftmals in Kombination mit den Auswirkungen der Pandemie, macht ein „Auskommen mit dem Einkommen“ für viele unmöglich.

Starker Anstieg

Ein Zuwachs von plus 63 Prozent bei den Haushalten (Vergleich Jänner mit Juni 2022), die durch die "Team Österreich Tafel" versorgt werden – beziehungsweise von plus 62 Prozent bei den betreuten Personen – spreche für sich. Und in der zweiten Jahreshälfte wird der Wert wahrscheinlich noch weiter ansteigen.

Pro Woche wurden im Sommer 2.450 Haushalte mit Lebensmitteln versorgt. Im Vergleich dazu der Jänner 2022: Hier wurden pro Woche 1.500 Haushalte gezählt. Auch die Anzahl der Kinder, die durch die "Team Österreich Tafel" unterstützt werden, ist nicht zu unterschätzen.

Gesundheits- und Sozialdienste: Versorgte Haushalte pro Woche
Gesundheits- und Sozialdienste: Versorgte Haushalte pro Woche
Quelle: Rotes Kreuz Niederösterreich

„Die Einmalzahlungen durch die Bundesregierung helfen den betroffenen Haushalten kurzfristig und die Anpassung von Sozialleistungen an die Inflation ist begrüßenswert“, meint Buxbaum. „Die Gefahr, dass die Fixkosten den Großteil dieser staatlichen Unterstützung verschlingen und kaum Geld zum Leben, geschweige denn für soziale Teilhabe - also etwa die Teilnahme an Schulveranstaltungen, Erlernen eines Instruments, Kinobesuch, etc. -bleibt, ist eine reelle“, meint Buxbaum.

Tafeln nur ein zusätzliches Angebot

Das Rote Kreuz Niederösterreich sieht die Versorgung der armutsgefährdeten oder armutsbetroffenen Bevölkerung im Aufgabengebiet des Staates. Initiativen wie die "Team Österreich Tafel" können nur als zusätzliches Angebot gesehen werden, nicht als Ersatz für staatliche Hilfe um Menschen vor Hunger zu bewahren.

Lebensmittelspenden nehmen ab

Zusätzliches Problem: "Dauerhaft nehmen die Lebensmittelspenden ab, da die Supermärkte – sinnvollerweise – viele Initiativen setzen, um der Lebensmittelverschwendung einen Riegel vorzuschieben. Das sind sehr gute und sinnvolle Maßnahmen, aber logischerweise bleibt in der Folge auch weniger für die Ausgabestellen und Sozialläden über“, meint Buxbaum.

Aber nicht nur der Rückgang an Warenspenden im Ausmaß von minus 10 Prozent, dem eine Steigerung an Haushalten von plus 63 Prozent gegenübersteht, macht den Menschen hinter der "Team Österreich Tafel" zu schaffen. Nach drei Jahren Pandemie und den zusätzlichen Herausforderungen durch die Teuerungswelle geraten die ehrenamtlichen Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Kapazitäten und Belastbarkeit.

Kostensteigerung trifft auch Helfer

Die Kostensteigerung trifft auch die Helfer und das Rote Kreuz Niederösterreich als Organisation im Allgemeinen. Massive Kosten für Treibstoff und Energie wirken sich auch auf den Betrieb der "Team Österreich Tafel" aus

Das Rote Kreuz Niederösterreich setzt sich aktiv für armuts- und ausgrenzungsgefährdete Menschen ein und leistet dort Hilfe, wo diese dringendst benötigt wird. Mit den insgesamt 35 "Team Österreich Tafeln" und zwei Sozialläden in Niederösterreich werden Menschen versorgt, die sich den Kauf von Lebensmitteln nicht mehr so einfach leisten können.

Im Zuge der Ausgabestellen der "Team Österreich Tafel" wird vom Roten Kreuz vielerorts auch Sozialbegleitung angeboten. Die Rotkreuz-Mitarbeiter unterstützen Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen bei der Suche nach Lösungen zur Verbesserung ihrer Situation. Informationsgespräche, Beratung und Vermittlung zu bestehenden Hilfsangeboten und Einrichtungen sind ein Teil dessen, was die Sozialbegleitung bieten kann. Hilfe zur Selbsthilfe steht im Vordergrund.

In Niederösterreich leben rund 1,7 Millionen Menschen, zwölf Prozent davon sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Besonders betroffen sind ältere Menschen, alleinerziehende Frauen sowie Familien mit mehr als drei Kindern - mehr dazu hier.

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com
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