Kopfhörer-Review
Sonos Ace im Test – anders brillant als erwartet
Sound-Spezialist Sonos hat sich Zeit gelassen für die ersten eigenen Kopfhörer. Nun ist Sonos Ace da und fällt anders aus, als man erwartet hätte.
Sound kann Sonos, das steht außer Streit. So zählen die Lautsprecher und Soundbars des Unternehmens klanglich zum Besten am Markt, sind meist zu einem hohen, aber fairen Preis zu haben und lassen sich noch dazu intelligenter und praktischer als Produkte anderer Hersteller zu Multiroom-Lösungen koppeln. Zudem bietet Sonos mit seiner zugehörigen App einen eigenen Kosmos auf erstklassigen und ausgewählten Musikinhalten, Radiosendern und Podcasts. Schon lange wünschen sich Fans deshalb einen Kopfhörer des kalifornischen Technologieunternehmens. Und den kriegen sie nun mit dem Sonos Ace. Doch für viele Nutzer wohl ganz anders, als sie erwartet hätten.
Gleich vorneweg, es geht keinesfalls um die Audioqualitäten des Sonos Ace. Der Klang ist brillant, glasklar, der Bass beeindruckend herzhaft, die Wiedergabe raumfüllend. Kurz: Rein musikalisch katapultiert sich Sonos mit dem Ace aus dem Stand in die Weltspitze. Es geht allerdings um die Erwartungen, der Sonos Ace ist so etwas wie die PlayStation Portal der Kopfhörerwelt – sie könnten so viel mehr und funktionieren auch nicht so, wie wir es uns erwartet hätten. So lassen sich die Ace zwar der Sonos-App hinzufügen, aber nicht in ein Heim-Audiosystem integrieren. Heißt: Man kann die Ace weder mit Sonos-Speakern koppeln, noch App-Inhalte wie Playlists auf die Kopfhörer streamen.
Elegantes Design mit einigen Besonderheiten
Zugegeben, eine Enttäuschung beim 499 Euro teuren Ace, denn Sonos stellt herausragende Audio-Inhalte in der App bereit, die problemlos auf die Lautsprecher im Heim-System, aber nicht auf den Ace geschickt werden können. Die App ist dennoch nicht ganz nutzlos bei der Nutzung der Kopfhörer, wie sich später zeigen wird. Vorab muss man sich klar sein, worauf man sich mit dem Ace einlässt, und das ist ein erstklassiger Bluetooth-Kopfhörer, der einige Besonderheiten im Zusammenspiel mit Sonos-Soundbars zeigt, sonst aber wenig mit dem Sonos-Ökosystem der Nutzer zu tun haben will. Ein Sonos Move, der daheim im WLAN und unterwegs per Bluetooth spielt, ist der Ace leider nicht.
Nun zu dem, was Sonos Ace tatsächlich ist. Und das ist gleich zu Beginn ein wunderschöner Kopfhörer, wahlweiße in Weiß oder Schwarz, der sich beim Design an Apple und Sony orientiert, Ohrmuscheln, Kopfband und Bügel aber eleganter und dezenter umsetzt. Die Ohrmuscheln in matter Optik bestehen aus einem Kunststoffmaterial, fühlen sich dennoch absolut hochwertig an und halten Fingerabdrücke sowie Kratzer gut fern. Auch der Kopfbügel ist in demselben Konzept umgesetzt, der Größen-Einstellungsbügel gleitet stufenlos in das Kopfband und ist dagegen aus Metall. Kopfband und Ohrmuscheln sind gepolstert, der Schaumstoff (Memory Foam) schmiegt sich regelrecht an den Kopf.
Exzellent verarbeitet und mit wechselbaren Ohrmuscheln
Toll mitgedacht: Die Ohrmuscheln können sehr einfach gewechselt werden, denn sie sind magnetisch am Gehäuse befestigt. Richtig praktisch! Abnutzungen zeigten sich aber auch nach einer einwöchigen Testphase keine. Ersatz-Ohrmuscheln gibt es für rund 50 Euro. Mit rund 310 Gramm sind die Sonos Ace etwas schwerer ausgefallen als viele Kopfhörer am Markt, sie stören dank der exzellenten Polsterung und des guten Sitzes aber auch nach Stunden nicht am Kopf. Ebenfalls klasse: Für Brillenträger ist die Nutzung kein Problem, weder drücken die Ohrmuscheln das Ohr auf den Brillenbügel, noch wird durch die Brille die Geräuschabdichtung oder die Klangerfahrung gestört.
Angenehm: Die Ohrmuscheln der Over-Ears sind so groß, dass jede Ohrform darunter passt und die Muscheln nicht auf die Ohren drücken. Auch bei der Bedienung verlässt Sonos das hauseigene Konzept der kapazitiven Touch-Bedienelemente bei den Speakern und spendiert dem Ace echte Knöpfe, sie sich jeweils so unterscheiden, dass man sie ohne hinzusehen auseinanderhalten kann. Das führt schnell zu einer intuitiven Bedienerfahrung. An der linken Ohrmuschel findet sich der Einschalt-/Ausschaltknopf, über den bei längerem Druck die Koppelung mit Smartphones und Co. aktiviert wird. Außerdem gibt es einen USB-C-Anschluss zum Laden und zur kabelgebundenen Musikwiedergabe.
Sonos Ace – Lautsprecher-Experte stellt Kopfhörer vor
Hervorragende Bedienung durch physische Tasten
Apropos Anschluss: USB-C-zu-USB-C-Kabel (0,75 Meter) und USB-C-zu-3,5-mm-Kabel (1,2 Meter) liefert Sonos gleich mit. Dazu gibt es eine hochwertige Schutzhülle für die Kopfhörer und eine kleinere für die Kabel, die kleinere dockt magnetisch im Inneren der Größeren an. An der rechten Ohrmuschel wiederum findet sich ein Knopf zum Umschalten des Wiedergabemodus (Geräuschunterdrückung, Ambient/Transparenzmodus, Aus) sowie zum Aufrufen eines optional vorhandenen Sprachassistenten. Sonos hauseigener Dienst Voice Control soll per Update folgen. Besonders spannend ist abschließend die drück- und schiebbare Multifunktionstaste des Sonos Ace.
Schiebt man den Schalter nach oben oder unten, erhöht oder verringert sich die Lautstärke. Klasse, dafür eine kleine Taste zu haben, als mit ungenauen Wischgesten oder komplizierten Tippfolgen arbeiten zu müssen. Drückt man den Regler wiederum, stoppt oder startet man die Wiedergabe, ein Doppeltipp springt zum nächsten Titel, ein Dreifachtipp zurück. Hinter einem längeren Druck versteckt sich dann wiederum die Möglichkeit, den TV-Ton von einer Sonos Arc (andere Soundbars sollen noch folgen) direkt auf den Sonos Ace zu schieben und dabei Funktionen wie Surround Sound zu genießen. Dazu müssen nur Ace und Arc über "TV Audio Swap" in der App verbunden werden.
Sonos bricht mit dem eigenen App-Konzept
Was es bei Sonos bisher noch nie gab: Nutzer sind nicht gezwungen, den Ace per App einzurichten, sondern können ihn direkt über Bluetooth mit einem Android- oder iOS-Smartphone, mit einem Tablet oder einem Notebook verbinden und nutzen. Ace unterstützt dabei Bluetooth-Multipoint, es können sich auch zwei Geräte gleichzeitig mit dem Kopfhörer verbinden. Ebenso ungewohnt wie die Einrichtung ist für Sonos-Fans die Nutzung. Statt ausschließlich per Sonos-App Musik auszuwählen und dort auch alle anderen Musikdienste wie etwa Amazon Music und Spotify gleich eingebunden zu haben, wird Ace gar nicht über die Sonos-App und einzig über die jeweilige Anbieter-App bespielt.
Für Sonos-Fans mag diese Entscheidung enttäuschend sein, für Millionen andere Kopfhörer-Interessierte ist sie dagegen ein logischer Schritt – sie können einen Kopfhörer in Sonos-Qualität nutzen, ohne selbst Teil des Ökosystems werden zu müssen. Wer allerdings die Sonos-App nützt, bekommt einige Boni, etwa Software-Updates, Aktivierung von Head-Tracking und 3D-Audio und einen sehr minimal ausgefallenen 3-Band-Equalizer. Zudem lässt sich über die App die Lautstärke regeln und zwischen den Titeln umherspringen, aber keine Musik zur Wiedergabe auswählen. Kurz: Die App kann man nutzen, muss man aber nicht, wenn man nicht eine Sonos Arc in Betrieb hat.
Auch der Klang des Kopfhörers ist überragend
Nur da greift der Ace ins heimische WLAN zu und holt sich von der Arc den Heimkino-Sound. Das Einrichten ist meist unproblematisch, kann aber eine Umstellung des heimische WLAN notwendig machen, denn die Arc verbindet sich mit einem 2,4-GHz-Netz, während viele Router das 5-GHz-Netz beziehungsweise eine automatische Frequenzanpassung bevorzugen. Mit etwas Einlesen sind aber auch Laien in der Lage, ihren Router so einzurichten, dass sich Ace und Arc im 2,4-GHz-Netz treffen. Ist das erledigt, reicht ein Knopfdruck am Ace aus, schon wechselt die Wiedergabe von der Soundbar auf die Kopfhörer. Noch per Update kommen soll künftig das Klanganpassungsverfahren True Cinema.
So überragend wie die Verarbeitung und das Design ist wiederum der Klang des Kopfhörers. Die 40-Millimeter-Treiber bieten einen kristallklaren, raumfüllenden Sound mit ausbalancierten Mitten, definierten Bässen und detaillierten Höhen. Mit dem Ace auf dem Kopf fühlt sich Ed Sheerans "Shivers" an, als würde man mitten in einem Konzertsaal stehen, bei Billie Eilishs "What Was I Made For" lässt sich jede Nuance der Stimmen und sogar die Atmung der Künstlerin heraushören und bei Brelands "Praise The Lord" dank Spatial Audio lassen sich Stimme und Instrumente im Raum richtiggehend orten, inklusive Entfernung. Bessere Bluetooth-Kopfhörer kam uns noch nie in den Test.
Sound kann Sonos auch beim neuen Sonos Ace
Und da sind wir auch beim Punkt, denn die 500-Euro-Kopfhörer klingen so fantastisch, wie sie teuer sind. Sonos Ace weiß, aus jeder Klangquelle das Optimum herauszuholen. Unterstützt werden neben den Standard-Codecs AAC und SBC auch aptX Lossless und Dolby Atmos. Das sorgt nicht nur für verlustfreies Audio, sondern auch bei der Nutzung entsprechender Anbieter und Dienste für Head-Tracking, bei dem sich der Klang "mitbewegt", auch wenn man den Kopf gerade dreht. Damit entsteht der Eindruck, der Klang kommt wie im Kino von der Leinwand, eben im eigenen Zuhause. Spatial Audio lässt uns ganz genau Klangquellen hören und orten. Das ist auch beim Gaming fantastisch.
Auch aktive Geräuschunterdrückung und Awareness Modus leisten sehr gute Arbeit, anders als bei Klang liegt man hier aber etwas hinter Branchengrößen wie dem aktuellen Sony-Flaggschiff zurück. Dennoch ist der Eindruck toll, die acht Mikrofone filtern Straßenlärm, Motoren und Wind fast bis zur Unhörbarkeit weg. Wie die Sony WH-1000XM5 aber selbst Presslufthämmer und Hubschrauberlärm "auszuschalten", dass schaffen die Sonos Ace dann nicht ganz. Umgekehrt lässt der Awareness Mode Umgebungsgeräusche zuverlässig und ohne Verzerrungen durch, auch wenn mal etwas Wind weht. Und: Besonders klar fallen Telefongespräche aus, wie uns die Gesprächspartner bestätigen konnten.
Sonos Ace im Test – anders brillant als erwartet
Optional lässt sich in der App eine Tragerkennung aktivieren. Was uns gefiel: Diese stoppt die Musik erst, wenn man den Ace von beiden und nicht nur einem Ohr nimmt. In Sachen Akkulaufzeit kommt der Sonos Ace auf 30 Stunden mit Geräuschunterdrückung und auf mittlerer Lautstärke, ein sehr guter Wert. Ohne ANC holt man sogar noch einige Stunden mehr raus, schickt man den TV-Sound von der Arc auf den Ace, läuft der Kopfhörer zehn Stunden. Gutes gibt es auch von der Ladung zu berichten: Drei Minuten am Kabel reichen für drei Stunden Wiedergabe aus. Eine volle Ladung dauert über eine Stunde, praktischerweise kann man den Ace aber sogar während des Ladens benutzen.
Sonos hat mit dem Ace einen hervorragenden Kopfhörer vorgelegt, bei dessen Klang sich bisherige Flaggschiff-Konkurrenten warm anziehen müssen. Dazu kommen eine exzellente Verarbeitung und eine fantastische Bedienung und gute Wiedergabemodi wie ANC und Transparenzmodus. Während Sonos-Fans mit einer Sonos Arc von Besonderheiten wie der Kopplung mit der Soundbar profitieren, werden wohl einige eine engere Ace-Einbindung in die Sonos-App vermissen. Alle anderen bekommen wiederum ein kraftvolles Klangpaket, das einfach per Android- oder iOS-Gerät gekoppelt und bespielt wird. Und das kann sich bei seiner Premiere ordentlich hören lassen.