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Sonnensturm: Österreich auf Ernstfall vorbereitet
Heftige Sonnenstürme können extremen Einfluss auf unsere Stromnetze haben. So bereitet sich Österreich auf eine solche Ausnahmesituation vor.
Erst am Donnerstag und Freitag (24. März 2023) hat ein Mega-Sonnensturm die Erde getroffen. "Die Vorhersagen hatten diesen nicht kommen sehen!", schreibt das Weltraumwetter-Portal spaceweather.com. In den USA wurden bis ins südliche New Mexiko kräftige Polarlichter gesichtet.
Nach Angaben der Wissenschaftler soll es der stärkste geomagnetische Sturm in den letzten sechs Jahren gewesen sein. Das Weltraumwetter-Zentrum der US-Vorhersagebehörde NOAA hatte eine Warnung wegen der erwarteten massiven Störung des Erdmagnetfelds ausgegeben. Der geomagnetische Sturm erreichte demnach Stärke 4 auf der fünfteiligen Skala:
Sonnenwinde können nicht nur unser eigenes Wohlbefinden beeinträchtigen und etwa Kopfschmerzen auslösen, sondern auch die Versorgungssicherheit im ganzen Land massiv beeinträchtigen – vor allem wenn daraus ein geomagnetischer Sturm wird, drohen weitreichende Folgen.
"Die Auswirkungen eines Sonnensturmes reichen von gestörten GPS- und Flugfunkverbindungen, starken Spannungsschwankungen im Stromnetz bis dahin, dass Trafos in Umspannwerken deutlich heißer werden können, als üblich, was im Extremfall sogar zu einem Trafobrand führen kann", erklärt der Sprecher Christoph Schuh die Gefahren aus Sicht des Netzbetreibers Austrian Power Grid (APG).
Software gegen Sonnenkraft
Damit die sichere Stromversorgung auch in einer derartigen Ausnahmesituation garantiert werden kann, hat APG nun den Einfluss dieser Sonnenwinde auf die heimischen Stromnetze genau untersuchen lassen.
Dennis Albert und Philipp Schachinger, beide Doktoranden am Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz, haben diese Auswirkungen im Rahmen ihrer Dissertationen genauer unter die Lupe genommen und über drei Jahre hinweg eine Software entwickelt, mit der eine Prognose möglich wird.
"Jeder Stromnetzbetreiber kann mit dieser Software analysieren, welche Auswirkungen ein starker Sonnenwind oder ein Sonnensturm auf sein Netz hätte. Die Arbeit unserer Doktoranden trägt also direkt zum Schutz unseres sensiblen Stromnetzes bei", erklärt Herwig Renner, stellvertretender Institutsleiter an der TU Graz. Seit 2021 steht die Software auch allen Interessierten weltweit als Open-Source-Lösung zur Verfügung.
Schutz im Ernstfall
"Die Software hilft uns die sichere Stromversorgung zu gewährleisten: denn nur, wenn wir die Auswirkungen von Sonnenwinden kennen, können wir das sensible Netz durch entsprechende Maßnahmen schützen. Wir sind überzeugt, dass die Software uns hilft, im Fall der Fälle rascher und besser zu reagieren", konstatiert auch APG-Sprecher Schuh. Auch wenn ein Sonnensturm zum Glück sehr selten vorkommt, ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen".
Durch die Zusammenarbeit zwischen APG und GSA (früher ZAMG) können Sonnenstürme bis zu 24 Stunden abgeschätzt und mittels 30-Minutenprognose vorausgesagt werden.
So kommt es zum Sonnensturm
Grundsätzlich sendet die Sonne ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Diesen stetigen Teilchenstrom bezeichnet man als Sonnenwind. Seltener kommt es zu sogenannten Sonneneruptionen, die dann als Sonnensturm auf der Erde wahrnehmbar sind.
Die Sonnenaktivität steigt und fällt in mehrjährigen Zyklen. Seit Dezember 2019 nimmt die Aktivität nachgewiesen wieder stetig zu. Der aktuelle 25. Zyklus nähert sich voraussichtlich um 2024/2025 seinem üblichen Maximum.
Polarlichter in Rom
Vom 28. August bis 4. September 1859 wurde der letzte sehr große Sonnensturm registriert. Er führte dazu, dass selbst in Rom, Havanna und auf Hawaii Polarlichter beobachtet werden konnten.
In den höheren Breiten Nordeuropas und Nordamerikas wurden in Telegrafenleitungen so hohe Spannungen induziert, dass Papierstreifen in den Empfängern durch Funkenschlag in Brand gesetzt wurden. Die Funktion des kurz zuvor installierten weltweiten Telegrafennetzes war massiv beeinträchtigt.
Auch in Mitteleuropa wurden solche Phänomene beobachtet, allerdings in schwächerer Form.