Politik
So umgehen Türken den Deutsch-Test
Türkische Staatsbürger könnten künftig von diversen Verschärfungen des Fremdenrechts ausgenommen werden. Haben sie österreichische Ehepartner, müssten sie etwa die Integrationsvereinbarung mit den verpflichtenden Sprachtests nicht absolvieren.
Das legen Entscheide von Europäischem Gerichtshof und Verwaltungsgerichtshof nahe, die am Montag von Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun und Anwalt Helmut Blum präsentiert wurden. Ins Rollen gebracht hatte den Fall Murat Dereci, türkischer Staatsbürger, der im Jahr 2001 in Österreich Asyl gesucht hatte. Während seines Aufenthalts heiratete er eine österreichische Staatsbürgerin und wurde Vater von drei Kindern.
Als er in der Folge einen regulären Aufenthaltstitel erlangen wollte, wurde Dereci wegen der mittlerweile verschärften Gesetzeslage aufgefordert, das Land zu verlassen und von der Türkei aus seinen Antrag als Familienangehöriger zu stellen und dort den Entscheid abzuwarten. Dagegen zog Dereci bis vor den Verwaltungsgerichtshof, der sich wiederum an den EuGH wandte.
Urteil mit weitreichenden Konsequenzen
Dieser fällte im November vergangenen Jahres nun ein Urteil, das weitreichende Konsequenzen haben könnte. Denn die europäischen Richter verwiesen auf ein bereits lange bestehendes Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei, das besagt, dass sämtliche Verschärfungen des Fremdenrechts seit Österreichs EU-Beitritt im Jahr 1995 nicht anzuwenden sind.
Der VwGH schloss sich im Jänner dieser Rechtsmeinung an und entschied für Herrn Dereci. Mittlerweile gibt es laut Anwalt Blum auch entsprechende Folgeurteile in anderen Fällen. Damit sei klar gestellt, dass zumindest für Türken, die mit österreichischen Staatsbürgern verheiratet sind, keine Verschlechterungen gegenüber den fremdenrechtlichen Regelungen aus dem Jahr 1995 möglich sind. Betroffen sein dürften durch das Assoziierungsabkommen aber auch andere Gruppen wie über einen längeren Zeitpunkt in Österreich legal beschäftigte Personen aus der Türkei.
Keine Verschärfung des Fremdenrechts
Konkret bedeutet das für diese Gruppen, dass diverse vor allem seit der Jahrtausendwende vollzogene Verschärfungen des Fremdenrechts nicht angewendet werden dürfen. Das beginnt eben bei der Integrationsvereinbarung, die gewisse Deutschkenntnisse voraussetzt, geht über die Vorgabe, ein Basiswissen in Deutsch schon vor dem Zuzug vorweisen zu müssen und reicht bis hin zum Passus, dass man erst ab dem 21. Lebensjahr (früher 18.) einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen kann.
Für Grün-Mandatarin Korun ist nun das Innenministerium gefordert, rasch eine Klärung der Rechtslage vorzunehmen. Gleichzeitig sollte Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (V) die Gelegenheit nützen, den Kurs der ständigen Verschärfungen im Fremdenrecht zu beenden und stattdessen die größte Integrationsoffensive der Zweiten Republik zu starten - und das ohne Zwangsmaßnahmen.
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