Neues Experten-Modell
So sollen wir nun auch im Krankenstand arbeiten
Laut einem Arbeitspsychologen soll mit einem neuen Modell nun auch im Krankenstand gearbeitet werden – sofern das möglich ist.
Die heimische Wirtschaft strauchelt, täglich schlittern mehrere österreichische Unternehmen in die Pleite. Während Inflation und Teuerung weiterhin über Österreich wüten, nahmen auch die Krankenstände im Jahr 2023 zu und erreichten einen Höchstwert der vergangen 30 Jahre, wie der Dachverband der Sozialversicherungsträger am Dienstag (DVSV) informierte.
Krankenstand kostet Milliarden
Der Fehlzeitenreport 2024 zeigt, dass im Jahr 2023 die unselbstständig Beschäftigten durchschnittlich 15,4 Krankenstandstage hatten. Ein Plus von 4,6 Prozent zum Jahr 2022. Versicherte sind zwar kürzer, dafür aber häufiger krank als in den Jahren davor. Experten sehen hier eine Verbindung mit der Zunahme von Atemwegserkrankungen, aber auch mit COVID-19 als zusätzliche Erkrankungsquelle.
Die Fehlzeiten machten zudem rund 5,3 Milliarden Euro im Jahr 2022 aus, wie der Bericht zeigt. Ein Krankenstand ist für alle ärgerlich. Er bedeutet zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber, führt zu einer Mehrbelastung der Kollegen und hinterlässt oftmals ein "schlechtes" Gefühl bei ArbeitnehmerInnen", analysiert Arbeitspsychologe Andreas Hermann.
25, 50, 75 Prozent Modell
Vom Karenztag, wie er in Schweden exerziert wird und in Deutschland aktuell gefordert wird, hält er jedoch wenig: "Sollen ansteckende MitarbeiterInnen lieber ins Büro kommen oder auf eigene Kosten zu Hause bleiben? Hier vertrete ich die klare Meinung, dass es besser ist, sie bleiben zu Hause, bekommen ihr Geld, kurieren sich rasch aus und stecken dafür auch keine Kollegen an. Denn das verursacht noch höhere Kosten."
Doch auch bei diesem Tag ist einiges ungeklärt. So stellte Hermann etwa infrage, wie ein Karenztag bei einem Bauarbeiter aussehen würde, der unter Rückenschmerzen oder einem Bandscheibenvorfall leidet. Deshalb schlage er nun die Einführung von "25 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent-Krankenständen" vor.
Das neue Modell
Wie das dann aussehen soll? Gegenüber "Heute" erklärte der Arbeitspsychologe das Modell: "Am Beispiel einer Bankangestellten, die nach einer Schulteroperation für sechs Wochen krankgeschrieben wird, würde sich folgendes Szenario anbieten. Nach zwei Wochen ist sie möglicherweise so fit oder vielleicht schmerzfrei, dass sie stundenweise oder den halben Tag arbeiten könnte. Sie könnte trotz Einschränkung im Arm beispielsweise Telefonate tätigen oder KollegInnen unterstützen. Hier bietet sich eine individuelle Lösung an, die sowohl dem Unternehmen als auch der Arbeitnehmerin hilft – sie könnte 50 Prozent arbeiten und 50 Prozent im Krankenstand sein."
Homeoffice dank Corona
"Ein positiver Effekt der COVID-Krise war die Ausstattung der ArbeitnehmerInnen für das Homeoffice. Warum nutzen wir das nicht auch beim Krankenstand? Wir sollten alle wieder etwas flexibler denken. Bei einer Erkältung kann man meist auch zu Hause "online" einen Teil seiner Tätigkeit einige Zeit nachgehen", so Hermann, verweist aber auch auf die Wichtigkeit der individuellen Einstufung.
"Für Bauarbeiter oder Handwerker ist das Homeoffice eher keine Alternative. Wenn jemand krank oder verletzt und somit nicht arbeitsfähig ist, darf das in keinem Fall zur Diskussion stehen. Denn sonst wird sich der Krankenstand verlängern und die Genesung verzögert sich unwillkürlich. Führt man den ersten Tag im Krankenstand generell als "Karenztag" ein, der vom Lohn oder Urlaub abgezogen wird, senkt man zwar am Papier den Krankenstand, löst jedoch das Problem nicht", stellte Hermann klar.
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Auf den Punkt gebracht
- Die heimische Wirtschaft leidet unter steigenden Krankenständen, die 2023 einen Höchstwert der letzten 30 Jahre erreichten, was Experten auf vermehrte Atemwegserkrankungen und COVID-19 zurückführen.
- Arbeitspsychologe Andreas Hermann schlägt flexible Krankenstandsmodelle vor, bei denen Arbeitnehmer teilweise arbeiten können, um Kosten zu senken und die Belastung für Kollegen zu reduzieren, betont jedoch die Wichtigkeit individueller Lösungen und lehnt einen generellen Karenztag ab.