Wohnen in der Blase

"So leben wir auf dem Mond" – Architekt stellt Haus vor

Auf seinem Grundstück in Perchtoldsdorf baut Architekt Thomas Herzig ein aufblasbares Haus. Das könnte eines Tages mit auf den Mond fliegen.

Aram Ghadimi
"So leben wir auf dem Mond" – Architekt stellt Haus vor
Bald am Mond? Thomas Herzigs "Erdhaus" in einer Computergrafik.
Thomas Herzig

"Ich habe immer wahnsinnig viel gezeichnet und hätte mir vorgestellt, Comiczeichner zu werden", erzählt Thomas Herzig, 59, der heute als Architekt im niederösterreichischen Perchtoldsdorf an Prototypen für aufblasbare Häuser forscht. Der gebürtige Wiener stammt aus einer Künstlerfamilie, wie er sagt, und hat an der Akademie der bildenden Künste bei Gustav Peichl Architektur studiert. Seit 18 Jahren beschäftigt er sich vermehrt mit aufblasbaren Konstruktionen.

Vom Dachboden- zum Schlauchboot-Bauer

Gezeichnet, wie in der Kindheit, hat er seither kaum, arbeitete aber in unterschiedlichen Architekturbüros, bis er mit dem Ausbau eines Rohdachbodens einen schönen Gewinn einfuhr. "Mit dem Geld habe ich nicht den nächsten Dachboden gekauft, sondern in Produktentwicklung investiert", sagt Herzig. Und er fand Produktionspartner in China und Polen, "Firmen, die Schlauchbote und andere solche Dinge fertigen."

Utopische Entwürfe

Unweigerlich denkt man bei aufblasbaren Konstruktionen an die 60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts, an die futuristischen Entwürfe von Richard Buckminster Fuller, an die Weltausstellung in Osaka 1970, an Perry-Rhodan-Hefte, Polar- und Weltraumexpeditionen.

"Dass dabei alle an die 1960er-Jahre denken, liegt an geometrisch-physikalischen Gesetzen, die nur gewisse Formen zulassen", sagt Herzig. Als die Kunststoffe aufkamen und Technik im Umgang damit immer besser wurde, hätten sie auch ihren Weg in die Architektur gefunden.

Herzig selbst begann sich vor sechs Jahren intensiv mit Weltraumarchitektur zu beschäftigen, nachdem ihn der ungarische Astrophysiker Gabor Bihari gefragt hatte, ob er mit ihm zusammen an Entwürfen tüfteln wolle. Es folgte eine Bewerbung für ein Förderprogramm der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Später kam der Geophysiker und Weltraumforscher Norbert Kömle dazu.

Bubblemania – So soll das Leben in der Blase aussehen

1/3
Gehe zur Galerie
    Die Entwürfe von Thomas Herzig wirken futuristisch.
    Die Entwürfe von Thomas Herzig wirken futuristisch.
    Thomas Herzig

    "Erdhaus" als Wohnblase

    Nachdem man für die ESA das Konzept eines Mondhabitats entwickelt hatte, brachte Herzigs nächste Idee ihn wieder auf soliden Erdboden: "Warum nicht auch hier auf der Erde aufblasbare Häuser vertreiben", dachte Herzig. Immer wieder ist das dem Architekten auch schon gelungen.

    Zu seinen bisherigen Kunden zählten Künstler, andere "Erfinderforscher" und auch 2018 auf der Biennale in Venedig gestaltete Herzig ein temporäres Gebäude. Den ersten Prototypen für sein sogenanntes "Erdhaus", das deswegen so heißt, weil es teilweise eingegraben ist, errichtete Herzig auf seinem eigenen Grundstück in Niederösterreich.

    Das modulare Blasen-Haus bei Nacht (Grafik).
    Das modulare Blasen-Haus bei Nacht (Grafik).
    Thomas Herzig

    Symbiose in der Folie

    Sinngemäß erdachte er dafür die Marke "Pneumocell", angelehnt an biologische Zellen, und patentierte sein modulares System. Dabei gehe es darum, sagt Herzig, Lebensräume zu entwerfen, die langfristig autark funktionieren – Sauerstoff, Nahrung und Wasser könnten in modularen Gewächshäusern produziert und recycelt werden, während als Energiequelle ausschließlich Solarstrom genutzt wird.

    "Dabei wird mit einem Minimum an Material ein maximal großer Lebensraum geschaffen", ist sich Herzig sicher. Mit dem aufblasbaren Habitat entstünde eine natürliche Umgebung, in der Pflanzen, Mikroorganismen, Tiere und Menschen in Symbiose leben könnten.

    Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Österreich" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

    Auf den Punkt gebracht

    • Der Architekt Thomas Herzig hat in Perchtoldsdorf ein aufblasbares Haus gebaut, das eines Tages auf dem Mond genutzt werden könnte.
    • Herzig, der sich seit 18 Jahren mit aufblasbaren Konstruktionen beschäftigt, entwickelte das Konzept eines "Erdhauses", das autark funktioniert und auf seinem eigenen Grundstück errichtet wurde.
    agh
    Akt.