Digital

'World of Warcraft Classic' im Test: Nostalgie-Fieber

Blizzard öffnet die Tore zu längst vergangenen Tagen. Die Fanntasy-Welt Azeroth kann so erkundet werden, wie sie vor über zehn Jahren existierte.

Heute Redaktion
Teilen

Über viele Jahre entwickelte sich eine "Parallelgesellschaft" unter World of Warcraft-Fans. Während sich der MMO-Gigant mit jeder Erweiterung stärker veränderte, zog es eine Spielergruppe vor, auf von Fans betriebenen Servern alte Versionen der Fantasy-Welt Azeroth zu erkunden.

Diese basierten oft auf dem Original aus dem Jahr 2004, oft "Vanilla" genannt, der legendären Erweiterung Wrath of the Lich King oder anderen Fassungen irgendwo dazwischen. Natürlich war das nicht erlaubt und Entwickler Blizzard ließ schließlich viele Privatserver schließen. Nun erhalten WoW-Abonnenten mit World of Warcraft Classic eine legale Alternative. Ohne zusätzliche Abo-Kosten.

Der Erfolg ist übrigens gewaltig. World of Warcraft Classic stellte einen neuen Rekord für die höchste gleichzeitige Zuschauerzahl an einem Veröffentlichungstag auf der Streaming-Plattform Twitch auf. Mehr als 1,1 Millionen Zuschauer schauten gleichzeitig World-of-Warcraft-Livestreams.

Weil sozial mehr Spaß macht!

Heute Digital ist auch auf Facebook und Twitter vertreten. Folgen Sie uns und entdecken Sie die neusten Trends, Games und Gadgets aus der digitalen Welt.

>>> facebook.com/heutedigital
>>> twitter.com/heutedigital

Auf Zeitreise

Beim Start fällt sofort auf: Hier soll die Erinnerung an die alte Welt von Warcraft hochgehalten werden, aber Classic ist weit entfernt von einer bloßen Kopie vergangener Tage. Diese Version entspricht laut Blizzard dem Stand des Spiels in den Jahren 2005 und 2006. Eine gute Entscheidung, denn zum Start 2004 waren viele Inhalte nicht fertig, Bugs keine Seltenheit.

Classic basiert auf dem aktuellen Code und bietet zeitgemäße Features. So kann man Breitbildbildschirme nutzen, den Farbenblind-Modus aktivieren und störende Spieler melden.

Weitgehend beim Alten ist aber das Gameplay. Im Gegensatz zum heutigen WoW muss man in der Retro-Version die Questtexte genau lesen, um Hinweise auf die Position des Ziels zu erhaschen. Genaue Markierungen auf der Karte fehlen. Dadurch ist das Spielgeschehen langsamer, aber der Entdeckungsaspekt rückt stärker in den Mittelpunkt.

Frustfaktor

Viele Komfortfunktionen, die heutzutage für Spieler ganz normal sind, gab es in den frühen Tagen des Rollenspiels nicht. Dazu zählen auch Warteschlangen für Raids und Dungeons. Um diese zu meistern, muss man sich aktiv mit anderen Spielern zusammenfinden – und auch dann ist der Erfolg nicht garantiert. Viel Zeit investiert und keine Belohnung erhalten? Pech gehabt, das ist eben retro.

Der Schwierigkeitsgrad kann durchaus als knackig bezeichnet werden. Die falsche Position oder zu viele Gegner auf einmal können einen vorzeitigen Tod bedeuten. Allmachtsgefühle wie in aktuellen Erweiterungen, in denen man mitunter auch Gruppenaufgaben alleine bestreiten kann, kommen hier nicht auf.

Das ändert allerdings nichts daran, dass sich das Questdesign in den vergangenen 15 Jahren massiv weiterentwickelt hat. Heutzutage übertreffen sich die Entwickler immer wieder selbst mit kreativen Einfällen, doch in Retro-Azeroth muss man massenweise Wölfe, Wildschweine und sonstiges Getier töten, um anschließend deren Eingeweide beim Questgeber abzugeben.

Fazit

World of Warcraft Classic soll eine Zeitreise ermöglichen – ins Azeroth in seiner ursprünglichen Form. Das gelingt zu großen Teilen. Denn das Game vermittelt das alte Spielgefühl, peppt es aber mit zeitgemäßen Funktionen und merklich verbesserter Grafik auf. Die grobschlächtigen Charaktermodelle bleiben allerdings bestehen.

Puristen werden sich vielleicht an den wenigen Änderungen stoßen, doch für ein großes Publikum dürfte Blizzard die Balance zwischen Zugänglichkeit und Oldschool-Gameplay ganz gut gefunden haben. Obwohl man sagen muss, dass WoW Classic wohl nur mit Nostalgie-Brille uneingeschränkt empfohlen werden kann. (lu)