Spiele-Test

"Shadow of the Erdtree" ist "Elden Ring" in Perfektion

Die Erweiterung "Shadow of the Erdtree" ist düster, genial wie das Hauptspiel und riesig. Sie wird selbst "Elden Ring"-Experten ins Schwitzen bringen.

Rene Findenig
"Shadow of the Erdtree" ist "Elden Ring" in Perfektion
Noch düsterer gefällig? "Elden Ring: Shadow of the Erdtree" bietet fast schon "Bloodborne"-Horror-Vibes.
FromSoftware

Leicht haben es sich die Entwickler von FromSoftware nicht gemacht, das wird Spielern beim Start der "Elden Ring"-Erweiterung "Shadow of the Erdtree" schnell klar. Und je länger man spielt, umso mehr steht fest: Es ist eine Erweiterung, die des Meisterwerks würdig ist. Die Schauplätze sehen einmal mehr fantastisch aus, die Größe der neuen Karte legt sich fast schon mit dem Hauptspiel an. Auch die Menge an neuen Waffen und Ausrüstungsgegenständen ist enorm sowie perfekt zum Experimentieren. Nicht nur Bosse, sondern auch ganz simple Standard-Feinde verzeihen kaum Fehler und bringen selbst jenen, die Hunderte Stunden in den Hauptteil steckten, öfters den Tod. Mehr kann man sich von einem DLC nicht wünschen.

"Shadow of the Erdtree" ist aber nicht einfach mehr vom Genialen, sondern legt einen anderen Fokus. Etwa bei der Optik, die zwar wieder bildschöne Schauplätze zu bieten hat, aber auch äußerst düstere Gebiete, die fast schon Horror-Atmosphäre à la "Bloodborne" verbreitet. Auch stellen uns die Entwickler ein neues Upgrade-System vor, das es gar nicht so wichtig macht, ob man mit Charakter-Level 150 oder doch besser 300 in den DLC springt. Und dann wäre das der neue Fokus im Kampf. Galt vorher, dass man den eigenen "Befleckten" einfach hoch genug aufleveln musste, um auch härtere Bosse und Regionen des Hauptteils zu bewältigen, kann man das im DLC knicken. Ohne Können und blitzschnelle Reflexe geht hier kaum mehr etwas.

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    Neue Map, neue Bosse, neue Geschichte und neues Auflevel-System: Die Erweiterung "Shadow of the Erdtree" bringt frischen Wind in das Game-Epos "Elden Ring".
    Neue Map, neue Bosse, neue Geschichte und neues Auflevel-System: Die Erweiterung "Shadow of the Erdtree" bringt frischen Wind in das Game-Epos "Elden Ring".
    FromSoftware

    Weit vertikalere Spielwelt und eine erneut epische Handlung

    Außerdem wird die Spielwelt von "Shadow of the Erdtree" noch besser ausgenutzt – es gibt in den meisten Gebieten viele verschiedene Ebenen, durch die man selbst in tiefste Abgründe hinabsteigen kann und noch immer weitere, vertikale Landstriche findet, die erkundet werden wollen. Im Hauptteil war da nach zwei, drei Auf- oder Abstiegen bereits Schluss. Zudem wird noch mehr mit Rätseln und Hinweisen in der Welt des Elden Ring gespielt, die neue Ebenen und ganz neue Regionen öffnen – hier dürften sich Geheimnisse verstecken, die vielleicht erst in Monaten gefunden werden. Vier große Areale (mit teils Dutzenden Gebieten) hält die neue Erweiterung bereit, dazu elf Haupt-Bosse, rund 100 neue Waffen und zehn ganz frische NPCs.

    In Sachen Handlung gibt sich "Shadow of the Erdtree" erneut mysteriös und verrät nicht viel – schließlich sollen Spieler die Geschehnisse wieder aus den Dialogen mit den Figuren und den Fundstücken in der Spielwelt erfahren. Apropos Spielwelt: Von den Zwischenlanden wechseln wir nun ins neue Schattenreich, wo wir den Spuren des Halbgotts Miquella folgen. Dieser, das haben wir bereits im Hauptteil gelernt, ist der Bruder von Malenia, dem ohne Zweifel härtesten (aber optionalen) Boss des Hauptteils. Ihr Bruder Miquella hat offenbar seine finsteren Helfer ins Schattenreich gebracht, um dort nach einer mysteriösen Macht zu suchen. Der drohenden Gefahr müssen wir uns natürlich in einer neuen, ebenso epischen Geschichte entgegenstellen.

    Fantastische Erkundung einer irre verschachtelten Welt

    Wie schon im Hauptteil dürfen wir vom Start weg in der Erweiterung tun und lassen, was wir wollen. Um ins Schattenreich zu gelangen, müssen aber Bedingungen im Hauptspiel erfüllt sein – konkret müssen Spieler den Boss Sternengeißel Radahn sowie den (optionalen) Boss Mohg, den Fürsten des Blutes, in der Mohgwyn-Dynastie besiegt haben. Ist das geschehen, taucht am Ort der Gnade namens Kokon des Himmlischen der neue NPC Nadelritterin Leda auf, die für die Spieler die erste Quest im neuen Gebiet bereithält.

    Im Schattenreich angekommen, weiß man aber erst einmal nicht, was man angehen soll, denn die Welt sieht fantastisch aus, hält an jeder Ecke Tunnel, Brücken, Bauten und Türen parat und verleitet uns, nur der Erkundung zu fröhnen.

    Wobei man teils wirklich Spaß am Herumrennen und Suchen haben muss, denn viele Wege sind nicht einfach und direkt, sondern mit Fallen, unsichtbaren Wänden, Balanceakten per Einsatz unseres treuen Spektralrosses Sturmwind, Klettereinlagen und vielem mehr verbunden – oft auch gerne alles auf einmal. Open-World-Fans und Rätsel-Freunde werden das lieben, andere Spieler werden sich da jedoch eher ein "Demon's Souls" zurückwünschen, in dem man gar nicht auch nur in die Nähe davon kommt, sich zu verlaufen. Während das Startgebiet Grabfeld-Ebene übrigens dem Hauptteil sehr ähnlich sieht, zieht es ins uns später ins Scadu-Altus-Gebiet mit atemberaubenden Ruinen- und Schlösser-Kulissen oder in die Horror-Szenerie, den Abgrund.

    FromSoftware übertrifft sich selbst, Schauplätze lassen staunen

    Will man etwas kritisieren, dann muss man bei der Erweiterung schon sehr ins Detail gehen. So taten wir uns etwas schwer damit, dass die Welt einerseits so viele vertikale Ebenen bietet, die Orte der Gnade als Teleportations-Punkte aber ohne "Höhenunterschiede" auf der Weltkarte anzeigt werden. Das war es aber auch schon mit dem Jammern. FromSoftware hat sich einmal mehr übertroffen und Schauplätze geschaffen, die uns den Mund offen stehen lassen und zu den schönsten zählen, die Videospiele überhaupt zu bieten haben. Erleben darf man das erneut wahlweise im Qualitäts-Modus mit Fokus auf Optik oder dem von uns wegen des flotten Gameplays weiter bevorzugten Performance-Modus, der großteils stabile Bildraten ausspuckt.

    Und wie brutal ist "Shadow of the Erdtree" nun wirklich? Ziemlich! Nicht nur Bosse, sondern ganz normale Feinde ziehen uns schnell die halbe Gesundheitsleiste ab (umgekehrt aber auch), verfügen über viel mehr Kombo-Attacken und lassen kaum Raum für Gegenangriffe. Das Parieren und Kontern wird im Kampf Pflicht, denn schon beim allerersten Feind in dem neuen Gebiet müssen wir ordentlich einstecken – und das ist nicht einmal ein Boss. Dass gewisse Builds bevorzugt werden, können wir nicht bestätigen. Nah- und Fernkämpfer tun sich etwa gleich schwer wie Magie-Nutzer, Erstere haben aber mehr zu tun, um Angriffen auszuweichen und eine Konter-Gelegenheit zu finden. Highlight ist dann ein brachialer Final-Bosskampf.

    Neue Level- und Stärkungs-Mechaniken in der Erweiterung

    Doch nicht nur im Kampf, auch in der Charakterentwicklung ist vieles neu. So können nun öfters NPCs in Bosskämpfen herbeigerufen werden und die Helfer-beschwörenden Geisteraschen bekommen Dutzende neue Formen und DLC-exklusive Verstärkungen. Richtig gelesen, einige Boosts, die wir uns in der Erweiterung erarbeiten können, sind bei der Rückkehr in den Hauptteil wieder verschwunden. Verstärkungen gibt es jetzt zudem auch für unser Spektralross, das damit weit brauchbarer im Kampf wird. Zusätzlich sind in der Welt auch noch Angriffs- und Verteidigungs-Verstärkungen zu finden. Es war eine fantastische Entscheidung, auf das neue Verstärkungs-System zu setzen, denn das klassische Aufleveln brächte ab Level 150 wenig.

    Die Gegner-Vielfalt zeigt einen Mix aus einem Drittel bekannter Feinde, die aber teils in neuen Mutationen auftreten, und zwei Dritteln frischen Gesellen, die und das Leben schwer machen, darunter Geister, Kreaturen aus ineinander verschlugenen Körpern und bizarre Tierwesen. Manche Bosse wirken dabei (selten auch durch ausgezeichnete Videosequenzen vorgestellt) so furchteinflößend, dass man bei der ersten Begegnung mit ihnen zu sehr zusammenzuckt, um sich überhaupt gegen sie wehren zu können. Aber keine Sorge: Viele der neuen Bosse wird man sowieso drei-, vier- oder fünfmal begegnen müssen, um sie dann endlich besiegen zu können. Zum Glück bleibt da Zeit, mit massig neuen Builds und Kombos zu experimentieren.

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    "Shadow of the Erdtree" ist "Elden Ring" in Perfektion

    Viele der neuen Waffen fokussieren auf Schnelligkeit, etwa eine neue Form von Klauen oder leichte Großschwerter. Das wird von spektakulären neuen Kombos begleitet, die ebenfalls auf Geschwindigkeit abzielen und bei Meisterung richtig Laune machen. Ausprobieren ist dabei allerdings ein Muss, denn welche Waffe mit welcher Rüstung und welchen Runen am besten interagiert, lässt sich nur durch hochleveln und nutzen herausfinden. Das Glück der Spieler ist dabei, dass die Erweiterung anders als das Hauptspiel nicht mit den Materialien geizt, die es zum Aufleveln der Ausrüstung braucht. Was sich ebenfalls feststellen lässt, sind aktivere NPCs als im Hauptspiel: In der Erweiterung folgen uns die Charaktere oft einfach über weite Strecken.

    "Shadow of the Erdtree" ist "Elden Ring" in Perfektion. Es handelt sich um eine düstere und geniale Erweiterung, die mit fantastischen Schauplätzen, neuen Waffen und anspruchsvollen Gegnern punktet. Wer allerdings mit den Bossen im Hauptspiel schon seine oder ihre liebe Mühe hatte, den oder die wird der DLC höchstwahrscheinlich mit seinem Schwierigkeitsgrad komplett überfordern. Wer Erkundungen mag, wird "Shadow of the Erdtree" dagegen lieben. Die Erweiterung bietet eine vertikalere Spielwelt, neue Upgrade-Systeme und eine absolut epische Handlung, die das Hauptspiel perfekt ergänzt. FromSoftware hat sich mit "Shadow of the Erdtree" selbst übertroffen und eine Erweiterung geschaffen, die Fans einfach lieben werden.

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