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Sekiro: Shadows Die Twice – ein brutales Meisterwerk

Wenn FromSoftware nach Dark Souls und Bloodborne nachlegt, wird es wieder brutal hart. Sekiro: Shadows Die Twice ist aber auch eine Spiel-Perle.

Heute Redaktion
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Gute Nerven sind wieder gefragt. Von Publisher Activision und Entwickler FromSoftware kommt Sekiro: Shadows Die Twice, das den Vorgänger-Games der Dark-Souls-Reihe und Bloodborne im Härtegrad in nichts nachsteht. Auf PlayStation 4, Xbox One und PC sind deswegen wieder blitzartige Reflexe, enorme Lernbereitschaft und ein gehöriger Brocken Experimentierfreude gefragt.

Aber egal, ob ihr Dark Souls bereits blind spielen könnt oder noch nie etwas von Bloodborne gehört habt: Mit Sekiro beginnt eine neue Ära. Könner sowie Neueinsteiger sterben anfangs wieder tausend Tode. Doch schon vor dem Gameplay macht Sekiro: Shadows Die Twice einiges anders, einiges neu. Einerseits ist das Spiel jetzt auch auf Deutsch vertont, und das ganz gut. Andererseits wirft es dem Spieler nicht nur Story-Brocken hin, sondern erzählt tatsächlich eine ausführliche Geschichte.

So erfährt der Spieler, dass er in die Haut eines Samurai im 16. Jahrhundert der Sengoku-Periode schlüpft, der in seiner Kindheit von einem mächtigen Krieger ausgebildet wurde. Daraufhin schwor der Samurai den Eid, ein göttliches Kind unter allen nur erdenklichen Umständen vor allem Übel zu beschützen. Was Jahre später scheitert: Unsere Figur kann seine Pflicht nicht erfüllen, verliert im Kampf einen Arm und wird vermeintlich sterbend zurückgelassen. Doch man erwacht erneut, wird "Sekiro", "einarmiger Wolf", getauft und bekommt eine Prothese verpasst, die Waffe und Greifhaken in einem ist.

Nicht mehr stumm

Zwar serviert Sekiro hier einiges an Story in Videosequenzen, wer die gesamte Geschichte verfolgen will, muss aber weiter die Beschreibungen von Items und Waffen lesen sowie den Kommentaren der Spielfigur Sekiro lauschen. Ja, der ist nun nicht mehr stumm, meldet sich regelmäßig zu Wort. Aber immerhin: Der Hauptgeschichte folgen kann auch jeder, der das einfach auslässt, man verpasst allerdings einige wertvolle Informationen. Ein sich von alleine ausbreitendes Szenario wie in anderen Action-Titeln findet man hier nicht.

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Die Welt des Spiels selbst erinnert mit ihren neun Gebieten stark an den Action-Titel Nioh, sieht aber weit besser aus. Hier finden sich Schlösser, Schluchten und schaurige Wälder, in denen hinter jeder Ecke der Tod lauern kann. Trotz des eher linearen Ablaufs bleibt dabei Freiraum, um Geheimnisse zu entdecken und Gebiete zu erkunden. Abseits der Hauptaufgaben finden sich nämlich nette Story-Schnipsel oder sogar einige Boss-Kämpfe dort, wo man eigentlich gar nicht automatisch vorbeikommen würde.

Geschwungen statt gelaufen

Einen großen Unterschied zu Dark Souls und Bloodborne zeigt Sekiro: Shadows Die Twice bei der Steuerung. So ist Schleichen nun möglich und wichtig. Durch Ausnutzung des Geländes können einige Feinde über Klippen gestoßen, auf Schlossmauern erdolcht oder im dichten Gestrüpp gemeuchelt werden. Während das manche Standard-Gegner erledigt und auch einige Mini-Bosse oder stärkere Feinde schwächt, muss man gegen letztere dann aber trotzdem kämpfen. Und bei den großen Bossen hilft letztlich nur die direkte Konfrontation.

Ein besonderes Element der Fortbewegung ist der neue Greifhaken. In der Third-Person-Perspektive schwingt man sich damit übersichtlich auf Mauern und Vorsprünge, auf Kanten und Bäume. Damit verschafft man sich nicht nur einen guten Überblick über das Kampfgeschehen, sondern findet auch in den Welten verstreute Beute. Die einfache und präzise Greifhaken-Steuerung sorgt auch dafür, dass die Welten ansprechender als jene der vorigen FromSoftware-Titel sind, denn nun kann man sich in die Höhe und Tiefe bewegen.

Gänzlich neue Kämpfe

Komplett neu muss man sich auf die Kämpfe einstellen, um Sekiro zu meistern. Dabei geht es zum einen schneller und präziser zu als man es kennt, zum anderen dreht sich der Kampf nicht mehr primär ums Ausweichen. Nutzte man in Dark Souls noch geschicktes Ausweichen, um einen vernichtenden Angriff zu setzen, hat das Ganze in Sekiro nicht wirklich einen Effekt. Man weicht blitzschnell und flüssig auf den Buttondruck folgend aus, schlägt zu – und der Gegner verliert unbeeindruckt einen kaum sichtbaren Teil seiner Lebensenergie.

Nein, in Sekiro: Shadows Die Twice muss man die Kunst des Parierens lernen. Denn auch wenn man einem Angriff ausweicht, bedeutet das nicht, dass der Gegner offen für einen Konter ist. Vielmehr blockt der Feind mit seinen Waffen unsere Angriffe. Der Geheimnis zum Erfolg ist es nun also, selbst die Angriffe des Gegners zu blocken und darauf zu warten, ihn dabei entweder aus der Balance zu bringen oder seine Verteidigung mit einem Konter gegen ihn einzusetzen. Dazu muss allerdings erstens das Angriffsmuster des Feindes erkennt und zweitens in einem Sekundenbruchteil pariert werden. Selbst Bosskämpfe sind dann nach wenigen Sekunden vorbei. Bis es soweit ist, stirbt man aber Dutzende Tode.

Schwerer, aber auch spaßiger

Sei es dem neuen Gameplay oder den wenigen Spieltagen geschuldet, doch anfangs spielt sich Sekiro: Shadows Die Twice schwerer als Dark Souls und Bloodborne. Vor allem deswegen, weil noch weniger verziehen wird. Selbst wenn man richtig blockt und angreift, dabei aber nur einen Hauch zu langsam ist, führt ein Schwung des Gegners schnell zum Tod. Zum anderen fordert die doppelte Infoleiste, die die Haltung, also die Angriffs- und Verteidigungsfähigkeit der eigenen Figur und des Gegners anzeigt, perfektes Timing. Wer nur blockt, hat bald keine Haltung mehr und ist somit schutzlos. Ebenso wer nur angreift. Es gilt in jedem Kampf, einen Mix aus Attacke und Verteidigung zu finden.

Schwieriger macht es noch, dass einige Attacken gar nicht geblockt werden können und etwa ausgewichen oder gesprungen werden muss. Und mit Fortdauer des Spiels schaltet man weitere Spezialattacken und Konter frei, die teils zu unfassbar actiongeladenen und schnellen Gefechten führen, von denen kaum eines dem anderen gleicht. Jeder Gegner wird zu einer Station, bei der man mehrmals stirbt, bis man ihn endlich schlagen kann. Schon alleine deswegen, weil sich einige Angriffsmuster im Verlauf von Kämpfen ändern oder sogar mehrere Waffen in einem Gefecht gegen einen benutzt werden. Viele werden an diesen Punkten das Spiel aus Frust aufgeben, jene die es schaffen aber umso stolzer sein.

Nur das Können zählt

Was Sekiro: Shadows Die Twice ebenfalls anders macht als Dark Souls und Bloodborne, ist das Drumherum um die Kämpfe. Konnte man bisher Hilfsmittel wie Bomben und andere Items nutzen, ist das in Sekiro auch möglich, doch von der Wirkung deutlich eingeschränkt. Auch ein Charakter-Hochleveln für zu starke Gegner ist nur eingeschränkt möglich. Erstens finden sich Gebetsketten, die die Gesundheit verbessern, nur bei Bossen. Zweitens werden Angriffe nur stärker, wenn man die Bosse tötet. Ein harter Kreislauf, der auf eines hinausläuft: Der Spieler muss aus eigenem Können die Mechaniken meistern. Gerade Rollenspielfans würden sich beim Skill-Tree aber mehr und stärker auswirkende Fähigkeiten als "mehr Gold sammeln" oder "stärkere Heilung" wünschen.

Hilfe durch Koop- oder Multiplayer-Partner gibt es ebenfalls nicht, denn Sekiro ist ein reines Singleplayer-Spiel. Während das Charakterlevel-System etwas lahmt und weniger Auswirkungen zeigt, als man es von Rollenspielen eigentlich kennt, ist eine kleine Spezialisierung dann doch möglich. Wie bei Bloodborne kann man neben dem Katana, der Hauptwaffe in Sekiro, eine Prothesen-Nebenwaffe nutzen, die aufgewertet werden kann. Jeder Aufsatz hat dabei eine besondere Wirkung, von der schildbrechenden Axt bis zum kurzzeitig lähmenden Feuer-Böller. Schade ist aber, dass es an der Hauptwaffe nichts zu rütteln gibt, das Katana bleibt die einzige Wahl. Auch Tode regelt Sekiro anders. Anfangs kann man sich einmal direkt am Todesort wiederbeleben und es noch einmal versuchen, später öfters. Dabei verliert man meist große Mengen Gold und Erfahrung. Außerdem befällt eine Fäule die Spielwelt, die manche Nebenaufgaben sperrt. Allzu drastisch wie man es von FromSoftware-Titeln kennt, ist der Tod hier aber nicht.

Action und brutal bis in den Kern

Mit Sekiro: Shadows Die Twice ist FromSoftware erneut ein Meisterwerk geglückt, das ganz anders als Dark Souls und Bloodborne ist. Hier geht es einzig und alleine darum, das Katana zu meistern und Gegner auszuparieren. Skills, Items und Boni sind vorhanden, aber nette Nebensache. Gut 30 Stunden muss man veranschlagen, bis man sich durch beinharte Gegner in einer faszinierenden Welt gekämpft hat. Die Lernkurve ist dabei steil, unfaire oder überstarke Bosse finden sich aber nie. Und jeder Kampf ist ein einzigartiges Erlebnis.

Ausbaufähig ist vor allem der Fähigkeitenbaum, der zwar einige Möglichkeiten bietet, im Endeffekt aber keine wirklichen Vorteile im Kampf liefert. Die Grafik ist dafür atemberaubend, die Soundkulisse auf den Punkt getroffen. Gut gefällt auch die präzise Steuerung, Bewegungen werden blitzschnell umgesetzt. Eine Wonne sind auch die Bosse, die selbst nach dem zwanzigsten Tod faszinierend statt frustrierend sind. Wer mit anspruchsvollen und reaktionsschnellen Spielen Probleme hat, wird mit dem Action-Feuerwerk wahrscheinlich wenig Freude haben. Wer Dark Souls, Bloodborne, Nioh und Co. mag, der wird allerdings mit Sekiro: Shadows Die Twice seine Erfüllung finden. Und dabei dieses Mal auch bis zum Ende eine extrem spannende Geschichte vorfinden. (rfi)