Wien

Ärztin (40) hilft, wenn die Kollegen nicht mehr können

Coronakrise, Stress, Überforderung: Viele Mediziner kämpfen mit den Auswirkungen ihres Jobs. Unterstützung erhalten sie vom Verein "Second Victim".

Yvonne Mresch
Intensivmedizinerin Eva Potura gründete den Verein "Second Victim" zur Unterstützung von medizinischem Personal nach traumatischen Erlebnissen. Prominente Unterstützung erhält sie von Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Intensivmedizinerin Eva Potura gründete den Verein "Second Victim" zur Unterstützung von medizinischem Personal nach traumatischen Erlebnissen. Prominente Unterstützung erhält sie von Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
zVg

"Ich musste einen Covid Patienten intubieren, er bekam kaum mehr Luft um zu sprechen. Wir alle ahnten, dass er es nicht schaffen wird", berichtet Intensivmedizinerin Eva Potura. "Er schrieb mit letzter Kraft auf einen Zettel, dass wir seiner Frau ausrichten sollen, dass er sie liebt. Wir riefen die Frau in seinem Beisein an, und sagten an seiner Stelle diese Worte, es waren die Abschiedsworte."

"Jeder hatte Tränen in den Augen, die schnell weggewischt wurden"

Mit Situationen wie dieser hatten Potura und ihre Kollegen in der vergangenen Zeit zu oft zu kämpfen. Der Umgang damit ist unterschiedlich, viele würden sich nicht trauen, darüber zu sprechen, so die Ärztin. Scham spiele hier immer noch eine große Rolle. "Jeder hatte Tränen in den Augen, die aber schnell weggewischt wurden. Besser man redet nicht darüber. Alle haben sich versteckt und so getan, als wäre nichts", so die Ärztin.

Intensivmedizinerin Eva Potura gründete den Verein, der Hilfsangebote kostenfrei und anonym zur Verfügung stellt. "In unserer Ausbildung lernen wir nur, anderen zu helfen. Wir lernen, reinzubeißen, und dass Ärzte übermenschlich sein müssen, Stichwort Götter in Weiß", sagt sie.
Intensivmedizinerin Eva Potura gründete den Verein, der Hilfsangebote kostenfrei und anonym zur Verfügung stellt. "In unserer Ausbildung lernen wir nur, anderen zu helfen. Wir lernen, reinzubeißen, und dass Ärzte übermenschlich sein müssen, Stichwort Götter in Weiß", sagt sie.
farbklexx.at/Doris Graf

Unter "Second Victim" (zweites Opfer) versteht man Mitarbeiter des Gesundheitssystems, die aufgrund eines Zwischenfalls, eines Fehlers oder eines Patientenschadens traumatisiert wurden. Und genau diese Menschen möchte Potura unterstützen. Sie gründete den gleichnamigen Verein, der konkrete Hilfsangebote kostenfrei und anonym zur Verfügung stellt, um PTSD (Post Traumatic Stress Disorder), Schlafstörungen, Depressionen, Burnout und letztlich den Berufsausstieg präventiv zu verhindern.

"Eine kranke Ärztin, das geht doch nicht"

Dabei muss Potura auch gegen die Erwartungshaltung in der Gesellschaft ankämpfen, sagt sie. "In unserer Ausbildung lernen wir nur, anderen zu helfen. Wir lernen, reinzubeißen, und dass Ärzte übermenschlich sein müssen, Stichwort Götter in Weiß. Eine kranke Ärztin, das geht doch nicht. Wir hören 'wenn du das nicht aushältst, dann hättest du dir einen anderen Job suchen müssen."

Die Medizinerin aus Leidenschaft wollte das nicht länger so hinnehmen – und suchte nach Möglichkeiten, Kollegen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Bereits ihr privater Twitteraccount, in dem sie in den Pandemiejahren über Intensivmedizin berichtete, zählt schon bald über 10.500 Follower. Potura nutzte ihre Reichweite und vernetzte sich im Zuge der Vereinsgründung.

Benefizaktion: Anschober liest aus "Pandemia"

"Second Victim" finanziert sich ausschließlich über Spenden. Als prominenter Unterstützer konnte Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober gewonnen werden, der am 11. Oktober um 18 Uhr im Tunnel Wien (Florianigasse 39, Josefstadt) aus seinem Buch "Pandemia" liest. Tickets gibts es um 20 Euro, wer den Verein zusätzlich unterstützen möchte, kann ein "Supporter Ticket" um 50 Euro erwerben. Mehr dazu auf www.secondvictim.at

1/51
Gehe zur Galerie
    <strong>22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen.</strong> Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – <a data-li-document-ref="120073911" href="https://www.heute.at/s/so-will-neos-chefin-die-mindestsicherung-neu-aufsetzen-120073911">und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.</a>
    22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen. Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.
    Helmut Graf
    Mehr zum Thema
    An der Unterhaltung teilnehmen