Wien

Schweizerhaus-Chef: "Strom kostet uns 380.000 € mehr"

Trotz horrender Stromrechnung ist der Bierpreis von 5,40 Euro für Gastro-Ikone Karl Kolarik moderat. Auch das Schnitzerl mit 16,90 Euro wäre günstig.

Christian Tomsits

In Zeiten der extremen Teuerung ist das Schweizerhaus im Wiener Prater gut gefüllt. Für einige Stunden verdrängt bierselige Geselligkeit wohl alle Alltagssorgen der zahlreichen Gäste. Für drei Krügerl Spezial-Bier müssen die jedoch schon 16,20 Euro berappen, was für viele zu viel ist – doch für den Schweizerhaus-Chef Karl Kolarik käme die Kundschaft damit fast noch zu günstig davon.

"Das ist relativ", erklärt der Wiener Kult-Gastronom, der sich selten an die Öffentlichkeit wendet, seine Kalkulationen. Diese bestimmen immer im Winter für die folgende Saison den Preis. "Wir sind heuer nur um 8,5 Prozent mit unseren Preisen hinaufgegangen. Das ist sehr knapp, wenn man weiß, was alles seither noch teurer geworden ist. Aber das sind wir unseren Gästen schuldig", meint er.

Kult-Gastronom nahm sich für "Heute" Zeit

"Heute" traf die medienscheue Gastrogröße mit Gattin im geschichtsträchtigen Gastgarten, von dem man im Jahr 1814 dem wahrhaftigen Beethoven beim Klavierspielen zuhören konnte. Das "Erste Kaffeehaus" nebenan, wo er einst auftrat, wurde inklusive des legendären Freiluftklaviers im Krieg zerstört und ist nun ein Kinderspielplatz.

Hanni und Karl Kolarik bestellen also ein Mineralwasser und sorgen dafür, dass auch ihre Gäste rasch und zu voller Zufriedenheit bedient werden. Das Paar wohnt übrigens an selbiger Prater-Adresse und ist von früh bis spät im legendären Lokal beschäftigt. Auch jetzt ist nur kurz Zeit für ein Interview, bevor wichtige Mitarbeitergespräche anstehen.

Warum das Schnitzel im Gegensatz zu anderen Lokalen im Schweizerhaus immer noch so günstig ist, wollten wir wissen. "Schnitzel ist ein Hauptnahrungsmittel in Wien und ein Faktor, der sagt: Kann ich mir das leisten oder nicht", lautet die Antwort des Gastronomen, der sich sicher ist. "Mit unserem Schnitzelpreis können wir unsere Gäste ansprechen." 

Chef weiß nicht, was Schnitzel kostet

Doch was der Teller mit Salat genau kostet, weiß der Chef gar nicht – ist davon kurz peinlich berührt (siehe Video). Wie ein schneller Blick in die Karte verrät, es kostet es "nur" 16,90 Euro. "Bei uns ist es ein Schweineschnitzel und nicht vom Kalb", nennt Kolarik den Grund – nicht aber ohne gleichzeitig gegen Kollegen der Branche auszuholen. "Mag sein, dass in Salzburg die Kalkulationen etwas schwieriger sind."

Einen anderen Unterschied zur Festspiel-Stadt nennt der Kultgastronom ebenso – es ist die Geselligkeit und soziale Vermengung: "Hier sitzt der Generaldirektor neben dem Hilfsarbeiter und unter Umständen plaudern sie sogar miteinander. Das ist eine ganz eigene soziale Durchmischung, die man in anderen Betrieben nicht findet."

Lange Tradition, viel Innovation

"Wir sind seit 1920 als Familie da– in unterschiedlich schwierigen Situationen. Diese Erfahrungen werden selbstverständlich weitergegeben." Investitionen der Vergangenheit, wie eine Klimaanlage in der Küche und energiesparsame LED-Lichter und Geräte hätten sich bereits bezahlt gemacht.

Doch die Energiepreise überrollten den Gastronomen heuer trotzdem mit einer Lawine an Mehrkosten, stiegen auf das Fünffache an. "Wir haben Mehrkosten von 380.000 Euro", so Kolarik.

Trotzdem gehen die Geschäfte gut, mittlerweile kann man als Kunde sogar bargeldlos offene Rechnungen begleichen. "Durch Corona war der Druck da, dass die Leute so bezahlen können. "Es gab bisher aber keine Lösung für unseren großen Garten, die die technische Verknüpfungen der Geräte zusammenzubringt. Jetzt haben wir ein Kartenerät, bei dem auch der Kartenleser bereits integriert ist. "Ansonsten würde der Zahlkellner ja wie ein Techniker ausgerüstet herumrennen." Weltweit sei man der größte Anwender der Spezialanfertigung.

Mehr vegane Speisen, aber Stelze bleibt

Trotz extremer Hitze ist eine "Siesta" im Schweizerhaus unrealistisch: "Das wird es bei uns nicht geben. Das werden wir unseren Gästen gegenüber nicht vertreten können." Was es aber sehr wohl geben könnte, sind mehr vegane Alternativen auf der Speisekarte. "Wenn die Nachfrage steigt, werden wir sicher noch mehr anbieten" – die Kartoffelpuffer wären aber bereits seit Jahren vegan. Die (nichtvegetarische) Stelze bleibt aber auf jeden Fall.

Während andere im Sommer gemütlich auf Urlaub gehen, bleibt den fleißigen Gastronomen nur wenige Wochen im Winter, um zu entspannen, da dann auch immer Renovierungsarbeiten anstünden. Im Winterurlaub geht es für die Kolariks dann aber doch "gerne an die Sonne."

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