Österreich
Schummel-Verdacht bei hunderten Online-Prüfungen an Uni
Zum Schutz vor Corona machten Studenten viele Prüfungen heuer von daheim. "Heute" deckt nun auf, dass der Schummel-Schutz der Unis oft nicht reichte.
Es ist heiß, die Ferien nahen, tausende Studenten fiebern ihren Prüfungen entgegen. Doch gar nicht wenige blieben heuer besonders cool. Denn coronabedingt fanden viele Prüfungen gemütlich von zu Hause aus statt – und das oft völlig ohne geeignete Prüfungsaufsicht. Wie "Heute" recherchieren konnten, schummeln viele Prüflinge heuer offenbar schamlos offen – indem sie in diversen WhatsApp-Gruppen Fragen in reger Gruppenarbeit lösen, wie ein zugespielter WhatsApp-Chatverlauf belegt. Andere wiederum greifen zu noch dreisteren Maßnahmen: "Bei uns war es so, dass Fragen im Jus-Studium von ausgebildeten Juristen via Chat oder sogar von Verwandten aus dem Nebenraum gelöst wurden . Prüfungsaufsicht durch Video-Übertragung — Fehlanzeige", berichtet ein Insider der Uni Graz. Während in Wien alle juristischen Prüfungen aus genannten Gründen in Präsenz abgehalten werden, verzichtete man in Graz tatsächlich auf Massenveranstaltungen am Campus.
300 Schummelvermerke allein in Wien
In Wien wurden heuer fächerübergreifend trotz vieler Sicherheitsvorkehrungen wie einer Videopflicht bei Home-Prüfungen rund dreihundert Schummelvermerke notiert – die Dunkelziffer dürfte weitaus größer sein. Aufgefallen ist aber überall ein vermehrtes Interesse an Prüfungen. Offenbar dürften Studenten die aktuelle Situation gut zu nutzen wissen – oder ihr Wissen wuchs durchs Lernen im Lockdown dramatisch an. "Die Prüfungsaktivität hat sich insbesondere seit dem Sommer 2020 erkennbar erhöht", bestätigte die Uni Wien. "Ja eh, aber weil die meisten wissen, dass sie nie so leicht wie jetzt ihre ETCS holen können", meint der Insider.
Studentin versteckte Notizen hinter Bettlaken
Andere berichten ganz offen, wie sie heuer tricksten. Eine Wienerin beschreibt anonym wie sie für ihre Diplom-Prüfung von zu Hause einen besonders gefinkelten Weg gefunden habe, nachzuhelfen. "Bei der mündlichen Prüfung via Zoom werden Prüflinge gebeten, ihren Schreibtisch und das Zimmer abzufilmen, damit sie keine Materialien zum Schummeln bei sich haben. Ich behängte meine Wand hinter dem Schreibtisch mit Notizzetteln und deckte diese mit einem weißen Laken ab. Nachdem der virtueller Rundgang durchs Zimmer erledigt war, zog mein Freund, der sich unter dem Tisch versteckte, das Laken ab und schlich sich auf allen Vieren unter dem Bildausschnitt nach draußen." Damit das Kunststück am Tag der Entscheidung auch gelang, probte das Paar die Aktion einige Male vor – "die Schwierigkeit bestand darin, das Laken geräuschlos abzuziehen", erklärt sie. Bei der Prüfung fand sie dann nach eigenen Angaben allerdings kaum die Zeit, die Schummelzettel an der Wand durchzulesen. Die Mühe war nicht umsonst, zumindest ein paar Infos konnte sie den Blättern doch entnehmen – und bestand.