Glattauer gibt Noten

Schuldirektorin: "Hatte 50 Mal die Polizei im Haus!"

Eine Schulleiterin hat fast jede Woche die Polizei im Haus. Lehrer sind überlastet, weil Sozialarbeiter fehlen, kritisiert Kolumnist Niki Glattauer.

Niki Glattauer
Schuldirektorin: "Hatte 50 Mal die Polizei im Haus!"
In letzter Zeit gab es mehrere größere Polizeieinsätze in Wiener Schulen. 
"Heute"  (Archivbild) 

Ich bin fassungslos. Inzwischen dürfte "oben" doch angekommen sein, dass unsere Lehrerinnen am Anschlag arbeiten, deswegen in Teilzeit gehen, umsteigen, aussteigen, sich in die Pension flüchten. Mit dem Ergebnis, dass unsere Kinder vor allem in den Städten nicht mehr lernen, was sie lernen sollen.

Gebärdensprache: Wer soll das unterrichten?

Und was tun sie "oben"? Ihnen immer neue Aufgaben aufhalsen. Heute drei Beispiele: 1. Die Einführung der Gebärdensprache als verbindliche(!) Übung, sprich Pflichtfach, in VS und MS. So löblich das ist, so muss man sich doch fragen, wer das bitte unterrichten soll, wenn nicht wieder Lehrerinnen, die nebenher erst ausgebildet werden müssen?

Statt neue Fächer zu erfinden, sollte man unsere Lehrer entlasten, indem man ihnen Profis zur Seite stellt: für die Kinder mit Traumata und Psychos, für sexuelle Aufklärung, für Wertevermittlung und konfessionsübergreifenden Religionen-Unterricht (Mehrzahl). Ja, auch den. Vor allem den.

Note: Nicht gut

Lehrerinnen als "Mädchen für alles andere"

Beispiel 2: In jeder Schule soll jetzt ein "Präventionskonzept für Kinder- und Jugendschutz" umgesetzt werden. Was das in der Praxis heißt, hat die ÖLI-UG-Gewerkschaft aufgedröselt, die einzige Fraktion, die den Finger hartnäckig auf die schulischen Wunden legt. Pro Schule sollen zwei g’standene Lehrerinnen "mit unbefristeten Verträgen" dafür abgestellt werden müssen. Lehrerinnen – und nicht etwa Psychologinnen – sollen also künftig: a) eine "Analyse des Ist-Zustands" der Kinder vornehmen, b) die "Ursachen für "mögliche Gefährdungen der Schülerinnen" suchen, c) "Maßnahmen zur Minimierung möglicher Risken" formulieren. Daraus müssen sie dann d) ein "Maßnahmenpaket" erstellen, e) dieses "dokumentieren" und f) ein Mal pro Jahr "evaluieren". Die Belohnung? Sie kriegen den Titel "Kinderschutzbeauftragter".

Da frage ich mich: Wann kriegen Lehrerinnen eigentlich wieder den Titel "Lehrerin" statt "Mädchen für alles andere"?

Note: Gar nicht gut

<em>"Heute"</em>-Kolumnist Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor in Wien.
"Heute"-Kolumnist Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor in Wien.
Sabine Hertel

Kind suspendiert – die Arbeit hat die Schule

Beispiel 3, Suspendierungen. In Wien gibt es ja ab nun verpflichtende Eltern-Gespräche, in denen Mama und/oder Papa erklären sollen, was ihr Beitrag zur Problemlösung sein wird. Theoretisch sollen dabei Sozialarbeiter und Psychologinnen die Federn führen. "In der Praxis", so eine MS-Direktorin frustriert, "verbringen wir Wochen damit, die nicht vorhandene Sozialarbeiterin mit der unwilligen Familie kurzzuschließen sowie den Papier- und Computer-Kram mit der Bildungsdirektion und der Kinder- und Jugendhilfe zu erledigen." Tja.

Indes hat sich bei mir eine Direktorin gemeldet, die in den letzten Jahren 50 Polizeieinsätze in ihrem Haus gehabt hat. Lesen Sie auf "NewsFlix.at" ihren Kommentar in meinem Text zur Jugendgewalt und dem Umstand, dass Kinder von Zuwanderern dabei ziemlich deutlich überrepräsentiert sind.

Note: Auch nicht gut

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    Leserreporter

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Lehrerinnen sind überlastet, müssen sich mit neuen Aufgaben wie der Einführung der Gebärdensprache und Präventionskonzepten für den Kinderschutz auseinandersetzen, anstatt entlastet zu werden
    • Dadurch bleibt immer weniger Zeit für den eigentlichen Unterricht
    • Die vorherrschende Frustration wird durch die mangelnde Unterstützung seitens der Schulleitung, der Mangel an Ressourcen und den Anstieg der Gewalt an Schulen noch verstärkt
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