Wirtschaft

"Schreibe unter Tränen" – Österreicher flehen um Hilfe

Die Gemeinwohlstiftung COMÚN wird von Anträgen regelrecht überflutet und richtet jetzt einen Appell an die Regierung, nicht auf den Herbst zu warten.

Viele Österreicher können sich aufgrund der hohen Kosten das Leben nicht mehr leisten.
Viele Österreicher können sich aufgrund der hohen Kosten das Leben nicht mehr leisten.
Getty Images/iStockphoto/ Symbolbild

Die aktuelle Teuerungswelle bringt immer mehr Menschen in Österreich an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten. In ihrer Verzweiflung haben sich in den letzten Tagen fast 200 Familien an die erst Anfang des Jahres gegründete Gemeinwohlstiftung COMÚN gewandt und um eine kleine Unterstützung aus ihrem "Solidaritätsfonds" angesucht. Über ihren Fonds unterstützt die Stiftung bislang Menschen in Not mit bis zu 250 Euro pro Kopf, doch die Flut an Anfragen sprengt die Kapazitäten. Gleichzeitig dokumentieren die teils sehr langen Schreiben der Menschen die aktuelle Entwicklung im Land:

"Wissen nicht, wie wir Kinder durchbringen"

"Armut breitet sich gerade rasant in der Mitte unserer Gesellschaft aus, sie trifft prekär Beschäftigte und alleinerziehende Mütter, aber nun auch genauso Vollzeit erwerbstätige Menschen und Selbstständige. Aus dem ganzen Land schreiben uns Menschen und ihre Worte sind erfüllt mit Scham, Wut und Verzweiflung. Wir helfen ihnen, so gut wir können, aber wir sind nur eine kleine Bürger-Stiftung. Wir appellieren daher an die Bundesregierung jetzt sofort zu helfen und nicht auf den Herbst zu warten oder auf die zwar wertvolle, aber zu späte Valorisierung der Sozialleistungen ab nächstem Jahr zu verweisen. Wenn diesen Menschen nicht umgehend geholfen wird, werden wir schreckliche Zustände in unserem Land erleben" so Arbeitsmarktexpertin & Autorin Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende der Gemeinwohlstiftung COMÚN.

In den vielen Nachrichten an die Stiftung wird ersichtlich, dass es sich vielfach um Menschen handelt, die noch nie in dieser Situation waren. So schreibt eine Frau: "Es ist mir extrem peinlich, dass ich betteln muss. Ich schreibe diese Mail unter Tränen vor Zorn, Wut und Verzweiflung. Daher bitte ich um die einmalige Hilfe von 250 Euro, damit ich die Quartals-Stromrechnung zahlen kann." Ein Familienvater aus Westösterreich schreibt: "Wir waren noch nie in so einer Situation, deshalb wissen wir auch nicht wie wir handeln sollen." Und eine Frau aus Wien schreibt: "Ich bin Mutter von 6 Kindern, war nebenbei immer brav arbeiten. Auch mein Mann war keinen Tag arbeitslos und schuftete seit 40 Jahren am Bau. Durch die Teuerung wissen wir nicht mehr, wie wir unsere Kinder durchbringen sollen."

Stiftungsbeirat: Schnelle Hilfe zählt

Den Mitgliedern des Beirats des Solidaritätsfonds, die auch darüber entscheiden, wer eine Zuwendung erhält, bereitet die Lage große Sorgen. Der Beirat des Solidaritätsfonds besteht aus dem langjährigen Volkshilfe-Präsidenten Josef Weidenholzer, Armutsaktivistin Daniela Brodesser und Andrea Czak, Obfrau des Vereins für feministische Alleinerzieherinnen.

"Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass nur schnelle Unterstützung wirklich hilft. Niemand hat was davon in zwei Monaten Hilfe zu bekommen, wenn du heute, nach dem Zahlen der Fixkosten, nur noch 15 Euro für den Rest des Monats hast. Deshalb ist für mich unser Solidaritätsfonds so wichtig. Menschen schnell und unbürokratisch helfen ist vor allem jetzt, angesichts der Teuerungen, wichtiger denn je", ergänzt Armutsaktivistin Daniela Brodesser, Vorsitzende des Beirat des Solidaritätsfonds.

Unterstützt wird sie von der Vorsitzenden des Stiftungsbeirats, Magdalena Baran-Szołtys: "Geldwert ist relativ. Für manche Menschen sind 150 Euro ein schöner Abend mit einem Abendessen in einem feinem Lokal. Für andere sind 150 Euro das Budget für Nahrungsmittel für den gesamten Monat. Das Fehlen dieser Summe bedeutet für sie hungrig zu Bett zu gehen, sich Sorgen zu machen, nicht zu wissen, wie sie überleben sollen. Es ist unsere Pflicht diesen Menschen zu helfen."

Unter den Anfragen an die Stiftung sind auch viele von Alleinerzieherinnen und Familien, sie sind besonders vulnerabel, so Fondsbeirätin Andrea Czark: "Alleinerzieherinnen und ihre Kinder sind aufgrund von niedrigen oder fehlenden Unterhaltszahlungen, Teilzeiteinkommen und wegen Betreuungspflichten und durch die Preissteigerungen besonders vom Abrutschen in die Armut betroffen."

Mehr Informationen zum Solidaritätsfonds der Gemeinwohlstiftung COMÚN finden sich unter www.gemeinwohlstiftung.at. Die Stiftung freut sich über jede Zuwendung, Geldspenden bitte direkt an:

Gemeinwohlstiftung COMÚN
Verwendungszweck: Solidarität
IBAN: AT73 2011 1842 9167 4800

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