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Schon der Anblick von Essensbildern kann satt machen

Wird dasselbe Bild eines Lebensmittels über 30 Mal betrachtet, kann das Hungergefühl verringert werden. Das haben Experimente gezeigt.

Sabine Primes
Wie wir über Essen denken, hat großen Einfluss auf unseren Appetit.
Wie wir über Essen denken, hat großen Einfluss auf unseren Appetit.
Getty Images/iStockphoto

Das Internet ist überfüllt mit Bildern von Lebensmitteln: Auf Nachrichtenseiten, in sozialen Medien und in den Bannerwerbungen, die überall auftauchen. Viele der Lebensmittelbilder sollen bestimmte Lebensmittel verkaufen und unseren Hunger wecken. Neue Untersuchungen der Universität Aarhus (Dänemark) zeigen nun, dass die Bilder tatsächlich den gegenteiligen Effekt haben können – zumindest wenn wir immer wieder Bilder des gleichen Produkts sehen. Experimente haben gezeigt, dass das Betrachten desselben Bildes von Lebensmitteln über 30 Mal das Hungergefühl verringern kann.

Es mag seltsam klingen, dass sich die Teilnehmer satt fühlten, ohne tatsächlich etwas zu essen. Aber das ist eigentlich ganz natürlich, erklärt Studienautor Tjark Andersen von der Universität Aarhus in einer Medienmitteilung. Wie wir über Essen denken, hat großen Einfluss auf unseren Appetit. "Ihr Appetit ist enger mit Ihrer kognitiven Wahrnehmung verknüpft, als die meisten von uns denken. Es ist sehr wichtig, wie wir über unser Essen denken", so Andersen.

"In unseren Experimenten zeigten wir den Teilnehmern 30 Mal dasselbe Essensbild, woraufhin sie ein stärkeres Sättigungsgefühl empfanden als davor. Diejenigen, die das Bild mehrmals sahen, wählten auch eine kleinere Portionsgröße als diejenigen, die es nur dreimal sahen." Anschließend wiederholten sie das Experiment mit Bildern von M&Ms in verschiedenen Farben und erneut mit Skittles, die je nach Farbe unterschiedliche Geschmacksrichtungen haben. In beiden Fällen war das Ergebnis unabhängig von der Farbe oder dem Geschmack gleich. Dies deutet darauf hin, dass sich Parameter jenseits von Farbe und Geschmack ändern müssen, um das Sättigungsgefühl zu beeinflussen. 

"Aus früheren Studien wissen wir, dass Bilder verschiedener Lebensmittel nicht den gleichen Effekt auf das Sättigungsgefühl haben. Deshalb kann man sich nach dem Hauptgang richtig satt fühlen, hat aber noch Platz für den Nachtisch. Süßes ist eine ganz andere Art von Essen."

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    Gereifter Käse: Je länger der Käse gereift ist, desto mehr Histamin enthält er. Daher sind Brie oder Hartkäsesorten wie alter Gouda, Parmesan oder Emmentaler besonders histaminreich.
    Gereifter Käse: Je länger der Käse gereift ist, desto mehr Histamin enthält er. Daher sind Brie oder Hartkäsesorten wie alter Gouda, Parmesan oder Emmentaler besonders histaminreich.
    Getty Images/iStockphoto

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    "Stellen Sie sich vor, Sie entwickeln eine App, die auf einer Google-Suche basiert. Angenommen, Sie haben Lust auf Pizza. Sie öffnen die App, wählen Pizza aus, und sie zeigt zahlreiche Fotos von Pizza an, während Sie sich vorstellen, wie Sie sie essen. Das könnte ein Sättigungsgefühl erzeugen und vielleicht das Verlangen nach Pizza beseitigen", spekuliert Andersen. Die Auswirkungen der Studie auf den Kalorienverbrauch sind jedoch relativ bescheiden: Die Teilnehmer wählten etwas weniger Skittles oder M&Ms, was die Kalorienaufnahme nur um weniger als 50 Kalorien reduzierte. "Wenn man eine Mahlzeit nicht ganz auslässt, ist die Kalorieneinsparung minimal", fügt Andersen hinzu.

    Die Rolle der sozialen Medien

    Eine amerikanische Forschungsgruppe hat vor einigen Jahren versucht herauszufinden, wie viele Werbeanzeigen mit Lebensmitteln uns durchschnittlich begegnen, wenn wir in sozialen Medien unterwegs sind. Die Teilnehmer sahen in einem Zeitraum von 12 Stunden durchschnittlich etwas mehr als 6 lebensmittelbezogene Beiträge, von denen die meisten Bilder von Lebensmitteln waren, wobei mehr als ein Drittel Desserts oder andere süße Lebensmittel betraf.