Österreich
Saurier-Puzzle mit 3D-Scans im NHM Wien
Es ist wohl das größte Puzzle in Wien: Im Naturhistorischen Museum wird derzeit ein Skelett eines 210 Mio. Jahre alten Plateosauriers vervollständigt. Mit Hilfe eines 3D-Druckers.
Anfang 2019 erhielt das Naturhistorische Museum (City) ein unpräpariertes Skelett eines 210 Millionen Jahre alten Plateosaurier als Dauerleihgabe aus dem Schweizer Kanton Aargau. Es ist der erste Dino-Zugang in Wien seit dem späten 19. Jahrhundert.
Was sich genau in den gelieferten "Gipsbomben" verbarg, war vor einem Jahr nicht klar. In Kleinstarbeit wurden die Knochen des Pflanzenfressers von den Experten des NHM Wien aus ihrer Hülle und dem Sedimentgestein befreit, "Heute" hat berichtet.
Nun liegen alle Knochen des Plateosauiers auf dem Tisch – damit ist auch bekannt, was fehlt. "Das Skelett ist zu 80 Prozent im Original vorhanden. Die Knochen, die fehlen – darunter auch der Schädel – werden nun per 3D-Scans erfasst und anschließend ausgeplottet", erklärt der Direktor des NHM Wien Christian Köberl zu "Heute".
Der Plateosaurier zählt zu den sehr alten Saurierarten. Der "Wiener Dino" stammt aus der Gemeinde Frick im Kanton Aaargau (Schweiz), einer der ergiebigsten Fundstellen Europas. Da die Wissenschaft von Plateosauriern nur Skelettreste kennen, ist es schwierig sich ein Bild davon zu machen, wie die Tiere tatsächlich ausgesehen haben.
Fix ist aber, dass es sich beim dem Pflanzenfresser um eine sechs bis acht Meter lange Echse mit kleinem Schädel, aber langem Hals und Schwanz gehandelt hat. Die HInterbeine sind doppelt so lang wie die Vorderbeine, ob der Saurier auf zwei oder vier Beinen unterwegs war, kann die Wissenschaft nicht beantworten.
"Wiener" Saurier nur zu 80% vollständig, neue Knochen aus dem 3D-Drucker
Damit neue Knochen im 3D-Drucker entstehen können, müssen die Originale zunächst erfasst werden. Dafür verantwortlich sind die Profis von 2Print. Zusammen mit den Wissenschaftern des Naturhistorischen Museum entzerren sie die Knochen, die sich nach Millionen Jahren unter der Erde verformt haben. Die Knochen werden aus unterschiedlichen Perspektiven gescannt und am Computer zu einem Objekt zusammengefügt. Durch eine spezielle Software können die Objekte vor dem Druck verzerrt, in der Größe verändert oder gespiegelt werden. Das kommt etwa bei den Beinen oder einem fehlenden Arm zum Einsatz, da hier jeweils nur eine Seite im Original vorliegt. Bei fehlenden Wirbeln – bei der Vorführung für Medien am Montag wurden Schwanzwirbel gescannt – werden die Original-Nachbarwirbel verwendet und dann am Computer in der Größe angepasst.
Deutscher Gipsabdruck soll "kopfloses Schicksal" beenden
Auf diesem Weg werden vor allem Rippen nachgebaut. Zur Anwendung kommt die Methode aber auch, um dem Plateosaurier wieder einen Kopf zu geben. "Der Kopf ist leider verloren gegangen. Bei der Präparation haben wir aber einen Zahn eines Raubsauriers gefunden. Daraus können wir schließen, dass der Saurier von Aasfressern heimgesucht wurde", erklärt der Leiter der Geologisch-Paläontologischen Abteilung Mathias Harzhauser. Um den Kopf originalgetreu nachzubilden, greift das NHM auf einen Gipsabdruck eines Plateosauriers aus Stuttgart zurück.
Die neuen Knochen werden in verschiedenen Materialien, darunter Kunstharz (ermöglicht eine Genauigkeit auf 0,01 Millimeter), Gipsgranulat oder als Resindruck gedruckt. "Der 3D-Scan eines Wirbels dauert rund fünf Minuten. Je nach Material dauert der Druck zwischen einigen Minuten bis, bei größeren Stücken, hin zu 15 Stunden", erklärt Lukas Schulz von 2Print. Bis alle fehlenden Saurierknochen nachgedruckt sind, braucht es rund 2.000 Stunden.
Neuer Dino ab Ende 2020 im NHM zu sehen
Mittlerweile befindet sich das Scannen in der Abschlussphase. Erste Knochen aus dem 3D-Drucker vervollständigen bereits das Skelett. Somit kann die Montage des sechs Meter langen Sauriers bald beginnen, ab Ende des Jahres soll der Plateosaurier dann im Saal 8 des NHM Wien für Besucher zu sehen sein.