Welt
Russland macht aus Muttermilchpumpen Waffen
Aufgrund der Sanktionen baut Russland für seine Waffen Chips aus Haushaltsgeräten aus der EU aus. Armenien und Kasachstan dienen als Umschlagplatz.
Seit dem Einmarsch in die Ukraine bekommt Russland keine Mikrochips mehr aus dem Ausland, die man aber dringend für seine Waffensysteme braucht. Im Land werden keine bzw. nicht ausreichend hergestellt, also werden sie aus Haushaltsgeräten wie Kühlrschränken, Fernsehern oder Waschmaschinen ausgebaut und etwa in Panzer und Raketen eingesetzt.
Doch auch Haushaltsgeräte gibt es in Russland nicht genug und deren Import ist aufgrund der internationalen Handelsbeschränkungen schwierig. Also werden sie umgangen – offenbar mit Hilfe von (Firmen in) Armenien und Kasachstan, wie das Finanzmedium "Bloomberg" nun heraus fand.
Armenien, Kasachstan und Russland sind Teil der Eurasischen Wirtschaftsunion, in der es wie in der EU keine internen Zollgrenzen gibt. Damit ist es leicht – und kaum nachvollziehbar – solche Geräte nach Russland weiter zu schicken.
"Bloomberg" analysierte die Exportdaten des EU-Statistikamts Eurostat und brachte erstaunliche Zahlen zum Vorschein: In beiden Ländern ist der Import von Haushaltsgeräten aus der EU in den vergangenen acht Monaten massiv angestiegen.
Weniger Kinder, mehr Muttermilchpumpen
Armenien importierte von Jänner bis August so viele Waschmaschinen aus der EU wie in den gesamten zwei Jahren zuvor. Kasachstan kaufte bis August EU-Kühlschränke im Wert von 21,4 Millionen Euro – drei mal soviel wie im Vorjahr. Laut offiziellen Daten der kasachischen Regierung exportierte man heuer Waschmaschinen im Wert von 7,5 Millionen Euro nach Russland – in den vergangenen zwei Jahren lag dieser Wert quasi bei Null. Der Export von Kühlschränken stieg heuer um das Zehnfache verglichen mit 2021.
Besonders bemerkenswert ist der Handel mit elektrischen Muttermilchpumpen: Armenien importierte im ersten Halbjahr 2022 drei mal so viele wie im Vorjahr, obwohl die Geburtenrate im Land um 4,3 Prozent gefallen ist. Kasachstans Einfuhr von elektrischen Muttermilchpumpen stieg in diesem Zeitraum um 633 Prozent – die Geburtenrate fiel aber sogar um 8,4 Prozent.
Was seit Kriegsbeginn ebenfalls aufgefallen ist: Russische Soldaten plündern in der Ukraine reihenweise Haushaltsgeräte. Allerdings ist unklar, ob sie für den persönlichen Gebrauch gestohlen werden oder von der Armee ausgeschlachtet werden, um Chips darin weiter zu verwenden. Aber nicht nur das: Ein Video aus Kherson zeigt, wie abziehende russische Besatzer einen Kinderzug mitnehmen.