Wirtschaft
Österreich bezieht wieder 70 % Putin-Gas – jetzt kommt
Österreich bezog zuletzt wieder 70 Prozent des Erdgases aus Russland. Für Ex-OMV-Boss Gerhard Roiss ein unhaltbarer Zustand.
Die nach wie vor hohe Abhängigkeit von russischem Gas in Österreich stößt zusehends auf Kritik. Im Dezember sind 70 Prozent des importierten Erdgases aus Russland gekommen – nur marginal weniger als vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Ex-OMV-Vorstandsvorsitzender Gerhard Roiss bezeichnet diesen Umstand als "fahrlässig". Deutschland etwa bezieht mittlerweile gar kein Gas mehr aus Russland.
Spätestens ab 2027 soll auch hierzulande komplett aus russisches Gas verzichtet werden – das ist das von der Bundesregierung selbst ausgegebene Ziel. Allerdings hat die OMV gültige Gaslieferverträge mit Russland bis ins Jahr 2040. Die Bemühungen seitens der Bundesregierung aus diesen Verträgen herauszukommen sind allerdings äußerst enden wollend.
Republik kennt Verträge nicht
Wie das Ö1-Morgenjournal am Dienstag berichtet, scheint sich der Druck auf die OMV, aus dem Vertrag auszusteigen, in Grenzen zu halten. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärte auf Puls24, dass er den Vertrag gar nicht kenne. Man müsse sich überlegen, wie man da hineinschauen könne, so der Regierungschef. Für Roiss ist diese Aussage schwer nachvollziehbar. Schließlich halte die Republik mehr als 30 Prozent an der OMV und sitze über die staatliche Beteiligungsgesellschaft ÖBAG im Aufsichtsrat.
Roiss ist davon überzeugt, dass ein Vertrag über mehrere Milliarden Euro und mehr als zehn Jahren Laufzeit der Republik bekannt sein müsste. In einer schriftlichen Stellungnahme seitens der ÖBAG gegenüber dem ORF-Radio heißt es jedoch, dass der Vertrag nicht vorliege. Für Roiss nicht nachvollziehbar. Er fordert, dass sich der Aufsichtsrat diesen Vertrag vorlegen lasse.
Fakt ist: Ohne Transparenz ist völlig unklar, ob ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Vertrag rechtlich schlicht nicht möglich ist, oder einfach am politischen Willen der handelnden Akteure scheitert. Die OMV jedenfalls denkt nicht daran, auf das russische Gas zu verzichten. Die Verträge würden Abnahmepflichten vorsehen, heißt es. Daher sei es sinnvoll, dieses Gas auch zu verwenden.
Im Video: Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, über die Abhängigkeit von russischem Gas >>
Sechs Milliarden Euro pro Jahr
Dass es allerdings auch anders geht, zeigt Österreichs nördlicher Nachbar. In Deutschland kommt man mittlerweile sogar völlig ohne Gas aus Russland aus. Einzelne deutsche Unternehmen fordern vom russischen Anbieter Gazprom sogar Schadensersatz, weil weniger Gas, als vertraglich zugesichert war, geliefert wurde. Roiss würde sich wünschen, dass man sich hier an Deutschland anlehne. Die OMV könne Gas aus Norwegen, über Rotterdam oder Italien beziehen. Zudem verfüge man auch über Eigengas, so der Ex-Chef.
Pro Jahr würde man aktuell die russische Kriegsmaschinerie mit rund sechs Milliarden Euro subventionieren. Neben dem moralischen Dilemma sei die Abhängigkeit von russischem Gas auch ein enorm hohes Risiko für die heimische Wirtschaft, so Roiss.
Deal in Abu Dhabi
Im Oktober des vergangenen Jahres besuchte eine österreichische Delegation rund um Kanzler Nehammer und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) Abu Dhabi. Mit den Vertretern der Vereinigten Arabischen Emirate wurde über Gaslieferungen nach Österreich verhandelt.
Um die Energieversorgung im nächsten Winter 2023/24 zu sichern, soll die Diversifizierung der Gasversorgung durch neue Zuliefererländer vorangetrieben werden. "Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein strategischer Partner Österreichs und werden im nächsten Winter mit LNG-Lieferungen einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten, wie zwischen OMV und der emiratischen ADNOC vereinbart wurde. Weiters werden die österreichische und emiratische Regierung in Energiefragen und beim Klimaschutz die Zusammenarbeit vertiefen", hieß es damals in einer Aussendung des Bundeskanzleramts.