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Eine Insel für Kranke, Kriminelle und Verrückte

Heute Redaktion
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Auf Roosevelt Island befanden sich Krankenhäuser, Strafanstalten und eine berüchtigte psychiatrische Anstalt. Die Geister lassen die Insel nicht los.

Roosevelt Island ist eine Insel mitten im East River, zwischen Queens und Manhattan. Heute befinden sich dort ein Wohngebiet und die Ruine des Smallpox Krankenhauses. Aber einst war Roosevelt der Ort, an dem die New Yorker die Kranken, Kriminellen und Verrückten unterbrachten. Die Vergangenheit lässt die Insel nicht los.

New York Lunatic Asylum

Damals, im 19. Jahrhundert, hieß die Insel Blackwell Island. Neben Krankenhäusern für damals aktuelle Krankheiten (zum Beispiel Pocken) und einem Gefängnis, war die Insel vor allem für die psychiatrische Anstalt bekannt: Das 1839 eröffnete New York Lunatic Asylum am nördlichen Ende der Insel war berüchtigt.

Das Lunatic Asylum ist heute ein Synonym für unhaltbare Zustände: Die Anstalt war dreckig, die Behandlung der Patienten unmenschlich und qualvoll. 1887 ließ sich die Journalistin Nellie Bly für einen Undercover-Artikel einweisen. Ihre 96 Seiten lange Dokumentation unter dem Titel "10 Tage im Irrenhaus" gilt heute als eines der ersten Beispiele für Enthüllungsjournalismus. "Das Insane Asylum ist eine menschliche Rattenfalle. Es ist einfach, rein- , aber unmöglich, wieder rauszukommen", ist eines der Zitate aus dem Bericht.

Patienten waren gar nicht verrückt

Während ihres Aufenthalts sah Nellie, wie Ärzte Experimente an Patienten durchführten und wie Krankenschwestern die Patienten misshandelten. Zusätzlich lernte Nellie diverse Frauen kennen, die gar nicht verrückt waren – sie sprachen lediglich kein Englisch und wurden eingewiesen, weil sie niemand verstehen konnte. Ihr Artikel beschrieb außerdem, wie Patienten stunden- oder tagelang angekettet und in Isolation gefangen gehalten wurden.

Teilweise lebten im Lunatic Asylum doppelt so viele Menschen wie ursprünglich geplant. Rund die Hälfte der 1.700 Patienten musste in dieser Zeit ohne Decke oder warme Kleidung am Boden schlafen. Das New York Lunatic Asylum schloss 1901 und wurde später teilweise abgerissen. Heute steht dort nur noch das Oktagon, eine achteckige Struktur.

Smallpox Krankenhaus

1856 wurde auf der Südspitze der Insel das Renwick Smallpox Hospital erbaut, ein Krankenhaus zur Behandlung von Pocken. Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits eine Impfung, ein Großteil der Migranten, die Amerika erreichten, war aber bereits infiziert.

In den 1930er-Jahren, in denen das Krankenhaus Kranke behandelte, wurden über 30.000 Todesfälle registriert, die Umstände einiger dieser Fälle waren mysteriös. Aus Mangel an Friedhöfen und Angst vor einer weiteren Ausbreitung wurden die Toten verbrannt und die Überreste in den East River geworfen. 1886 wurde das Krankenhaus in eine Schule für Krankenschwestern umgewandelt, 1950 wurde es schließlich geschlossen.

Blackwell Penitentiary

Neben Kranken und Verrückten gab es auf Roosevelt Island noch eine weitere Gruppe: Kriminelle. Die meisten Insassen des Gefängnisses halfen beim Aufbau. 1950 wurde auch das Gefängnis geschlossen, 30 Jahre später waren die Ruinen ein beliebter Umschlagplatz für Drogen.

Die Bewohner von Roosevelt Island glauben nicht alle an Geister. Und doch melden viele von ihnen unerklärliche Geräusche oder ein "unangenehmes Gefühl", je näher sie den alten Gebäuden kommen.



(mst)