Coronavirus
Top-Arzt fordert "massivste Restriktionen" nun für alle
Das erste Bundesland ist am Limit angekommen: In Salzburgs Spitälern gibt es kein einziges freies Intensivbett mehr für Corona-Patienten.
Die Lage in Salzburgs Spitälern ist besonders dramatisch. Schon am Montag zeichnete sich hier ein Desaster ab – nur zwei Intensivbetten standen noch für Covid-19-Patienten zur Verfügung –, jetzt ist es eingetreten. Im gesamten Bundesland gibt es laut einem internen Dossier kein einziges ICU-Bett für Corona-Akutfälle mehr. Mehr dazu hier >
"Massivste Einschränkung"
Infektiologen Richard Greil – er ist Primar am Landeskrankenhaus Salzburg – zeichnet im Interview mit dem ORF-Radio Ö1 ein dramatisches Bild der Lage: "Wir haben eine massivste Einschränkung der normalen Versorgung."
"Um Ihnen das vor Augen zu führen: Wir haben im Bundesland insgesamt über 240 Betten gesperrt – aus Personalmangel. Dann kommen noch etwa 100 Betten hinzu, in denen sich Menschen befinden, die so schwer krank sind, dass sie nicht nach Hause transportiert werden können. Und wir haben jetzt noch zusätzlich dazu die Corona-Situation!"
Alleine in seinem LKH, dem größten Spital des Bundeslandes, sind 50 Prozent der Covid-Patienten in Behandlung. Gleichzeitig sind aber 140 Betten gesperrt, ein Drittel der Kapazität stehe einfach nicht zur Verfügung.
Triage
"Es ist vollkommen klar, dass alles das, was wir im Moment tun und leisten müssen – jeden zweiten oder dritten Tag eine neue Bettenstation für Covid eröffnen – letzten Endes schwer zu lasten all jener geht, die mit Schwer- und Schwersterkrankungen auf den Normalstationen dieses Krankenhauses liegen."
"Wir sind in einer sehr, sehr prekären Situation", schildert der Mediziner. Man sei bereits über jene Stufe hinaus, bis zu welcher man eine Versorgung ohne medizinische Kollateralschäden zu jeder Zeit gewährleisten könne. Und es wird schlimmer werden.
2G-Regel reicht nicht mehr
Die aktuelle Verschärfung auf die 2G-Regel in ganz Österreich sei für Salzburg nicht mehr ausreichend. "Die Bremskurve dafür ist viel zu langsam. Das hätte man machen müssen spätestens Anfang September", um genug Zeit für eine Evaluierung der Wirksamkeit zu haben. Bei der aktuellen Impfgeschwindigkeit sei ein wirksamer Effekt "frühestens Ende des Jahres / Anfang des nächsten Jahres" zu erwarten.
Der LKH-Primar erinnert an den Herbst-Lockdown im vorigen Jahr, wo die Spitäler bereits in ähnlicher Situation waren, durch die Ausgangssperren die Infektionskurve aber bereits gebrochen war. Aktuell gibt es aber noch keine Anzeichen, dass die vierte Welle abebben wird: "Das heißt, mit einer massiven weiteren Zunahme ist zu rechnen – und das bei signifikant höherer Inzidenz."
Lockdown für alle, auch Geimpfte
Greils düstere Prognose: die derzeitigen Hotspots Oberösterreich und Salzburg seien dem Rest Österreichs in Sachen Infektionsentwicklung eine bis zwei Wochen voraus. Die Lage könnte sich also auch in den anderen Bundesländern bald dramatisch verschlimmern!
"Wir sehen durch die jetzigen Maßnahmen noch keine Verminderungen des Zuflusses an Patienten", beklagt Greil und warnt vor "extremen Verwerfungen bis in die Zeit nach Covid hinaus".
Er fordert Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), zum sofortigen Handeln auf: "Aus meiner Perspektive ist es unvermeidbar, sofort wirksame, massivste Restriktionsmaßnahmen zu setzen". Und Greil legt noch nach: "Eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften [...] ist in dieser Situation vollkommen fehl am Platz!"