Coronavirus

"Ich verlor in drei Monaten 70.000 Euro"

Die Wienerin Julijana R. (39) wurde durch die Coronakrise heftig gebeutelt. Sie ist eine von vielen Österreichern, deren Leben sich durch das Virus nachhaltig verändert hat und ihre Geschichte nun in „Heute“ erzählen. Seit dem Shutdown hat die Reiseführerin keinen Cent verdient.

Sandra Kartik
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Fremdenführerin Julijana R. verdient seit März keinen Cent mehr. Nun will sie klagen.
Fremdenführerin Julijana R. verdient seit März keinen Cent mehr. Nun will sie klagen.
privat

Seit 1. Mai darf Julijana R. wieder arbeiten. Doch es ist niemand da, dem die Fremdenführerin und Chefin von „Good Vienna Tours“ die Schönheiten ihrer Hauptstadt zeigen kann. Denn 99 Prozent ihrer Gäste kommen aus dem Ausland. „Wir sind wie Schauspieler, wir brauchen unser Publikum“, erzählt die 39-Jährige niedergeschlagen.

„Nur, wenn Touristen wieder nach Österreich dürfen, werden wir vielleicht über die Runden kommen. Aber die Deutschen alleine werden uns leider nicht retten“, so die Wienerin verzweifelt. Ihre Branche hat der Corona-Shutdown besonders hart getroffen, „ich spreche für hunderte von Kollegen, die nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen“. Seit Mitte März hat die Unternehmerin keinen mehr Cent verdient. 70.000 Euro hat Julijana R. durch Stornierungen von Führungen verloren. „Da sind aber noch nicht die vielen Spontanbucher mitgerechnet, die einen Großteil des Geschäftes ausmachen“.

Tourismuskrise erst 2024 vorbei

Laut Schätzungen von Wien Tourismus wird die Krise für den Städtetourismus erst 2024 ausgestanden sein, erzählt die gebeutelte Reiseführerin. Viele werden das nicht überleben. Julijana R. musste ihre vier Angestellten wegen Corona einvernehmlich kündigen. „Wir arbeiten außerdem mit 60 Guides zusammen, die jetzt auch alle um das Geld umfallen, von dem sie sonst ein ganzes Jahr lang leben können.“

Mit der Hilfe des auf Corona-Fälle spezialisierten Anwalts Philipp Miller will Julijana R. nun ihren Verdienstentgang vom Staat einklagen. „Bei vielen Anspruchstellern ist jedoch eine Lösung im Einvernehmen denkbar“, so der Jurist. „Wir müssen es versuchen. Denn selbst für die Zeit nach Corona sind unsere Hoffnungen auf vernünftige, regelmäßige Einkünfte sehr gedämpft“, will Julijana R. mit allen Mitteln um ihr Geschäft kämpfen.

Führungen für Österreicher

Weil die Touristen noch ausbleiben, bietet "Good Vienna Tours" am 14. Juni um 14 Uhr sogenannte „Free Tours“ für die lokale Bevölkerung in verschieden Sprachen an. "Alle Wien-Bewohner sollen so die Gelegenheit bekommen, ihre Stadt ein bisschen besser kennenzulernen", so Julijana R. Beim „Free Tour“-Konzept bezahlt der Gast am Ende der Führung einen ihm angemessen erscheinenden Betrag, bzw. bei Nichtgefallen, oder mangels finanzieller Möglichkeiten auch gar nichts. "Unseren Guides geht es in diesem Fall auch gar nicht um das Geld, sondern alle freuen sich, endlich wieder Geschichten über 'ihre' Stadt erzählen zu dürfen."