Wintersport
Reichelt: "Bisschen Strecken-Kosmetik ist in Ordnung"
Im Vorjahr stellte Hannes Reichelt seine Renn-Ski ins Eck. Eine kluge Entscheidung, wie der 41-Jährige im "Heute"-Talk versichert.
Premiere für Hannes Reichelt! Der Salzburger verfolgt heuer erstmals als Ski-Pensionist das Hahnenkamm-Spektakel. "Ich würde es eher Alters-Teilzeit nennen", grinst der 41-Jährige im "Heute"-Gespräch. "Weil ich arbeite ja noch, zum Beispiel als ServusTV-Experte."
"Heute": Herr Reichelt, sind Sie froh, die Streif nicht mehr im Renntempo runterfahren zu müssen?
Hannes Reichelt: "Ja. Es ist schon gut, nicht mehr mein letztes Hemd riskieren zu müssen. Ich möchte nicht tauschen. Nur den ganzen Zirkus vermisse ich ein bisschen, das Reisen. Es gibt doch ein paar Orte, wie Beaver Creek oder Wengen, die mir sehr taugen."
Mit welchem Blick verfolgen Sie die Rennen? Achten Sie auf die Linienwahl der Ex-Kollegen?
"Ich habe sicher einen analytischen Blick auf das Ganze. Das muss ich als TV-Experte sowieso. Und ich muss schon sagen: Von außen ist es immer leichter, als es dann als Athlet umzusetzen."
2014 haben Sie auf der Streif triumphiert. War das Ihr größter Sieg, oder stellen Sie WM-Gold im Super-G drüber?
"Man kann es eigentlich nicht vergleichen. Vom Kitzbühel-Sieg zehrst du sicher länger, weil Hahnenkamm-Sieger bleibt man ein Leben lang. Der WM-Titel wird alle zwei Jahre neu vergeben. In Österreich hat der Streif-Sieg schon einen brutal hohen Stellenwert. Seit ich dort gewonnen habe, erkennen mich deutlich mehr Leute auf der Straße. Ich würde das gegen nichts eintauschen. Aber auch den WM-Titel nicht. Ich ging als Top-Favorit ins Rennen und habe bewiesen, dass ich es zurecht war. Es war mental ein großer Erfolg."
Warum steigt man ausgerechnet als Streif-Sieger zur Ski-Legende auf?
"Es gibt andere schwierige Strecken, aber das ganze Tohuwabohu, das Drumherum, macht es so groß. Die Streif kennt man auf der ganzen Welt, sogar in Amerika, wo sie wenig mit Skirennen am Hut haben. Kitzbühel kennen die meisten. Es ist mit Olympia vergleichbar. In Österreich ist es sowieso das Nonplusultra. Es ist einfach speziell."
Welche Streif-Passage kostet am meisten Überwindung?
"Für mich sind es zwei Passagen: die Anfahrt auf die Mausefalle und die Einfahrt in die Traverse."
Apropos: Die Traverse wurde "entschäft". Ihre Meinung?
"Ein bisschen Strecken-Kosmetik zu machen, ist schon in Ordnung. Man schafft mehr Sicherheit. Ob es gut gelungen ist, wird man im ersten Training sehen."
Sie wissen, wie man in Kitzbühel gewinnt. Wenn Sie ein Fahrer nach dem Erfolgsgeheimnis fragt, was antworten Sie?
"Es wäre ein langes Gespräch. Ich würde ihm erklären, wo man Zeit rausholen kann und wo es gar nicht so wichtig ist, die perfekte Linie auszupacken. Man gewinnt das Rennen zum Beispiel nicht bei der Anfahrt zur Mausefalle. Alte Schneise und Seidlalm - das sind die wichtigen Passagen."
Der Lauf dauert rund zwei Minuten. Was geht einem Athleten in dieser Zeit durch den Kopf? Angst? Freude?
"Angst nicht, eher Anspannung. Freude aber auch nicht. Man ist einfach konzentriert. Unter der Fahrt denkt man an die Linie und das, was man zu tun hat. Man versucht zu spüren, ob man schnell ist, achtet auf die Piste."
Wie schaut am Renntag der Tagesablauf aus?
"Ich habe gleich nach dem Aufstehen aus dem Fenster geschaut, wie das Wetter ist. Die Zeitungen habe ich eher gemieden. Oft war ich im Training nämlich gut, es entstand also ein gewisser Druck. Ich hab eher die Hotel-Post gelesen, die Zettel mit den Ausflugszielen, die beim Frühstück am Tisch liegen. Bis zur Besichtigung war ich entspannt, dann ist man fokussiert, meidet Selfies und Autogramme. Man nimmt Kontakt mit dem Servicemann auf, bespricht die Pistenverhältnisse. Wichtig ist, dass man immer was zu tun hat, sonst wird man schnell abgelenkt."
Wer ist heuer Ihr Favorit auf der Streif?
"Dominik Paris."