Umstrittene Maßnahme
Rechts-Streit um Wiens Gastpatienten-"Obergrenze"
Eine in Wien eingeführte Obergrenze für Patienten aus den Bundesländern widerspricht Einschätzungen zufolge mehreren Gesetzesgrundlagen.
Laut Berichten häufen sich Fälle von Patienten aus Bundesländern, die für Behandlungen in der Bundeshauptstadt abgelehnt werden. Grund dafür soll ein in Wien eingeführtes Kontingent für "OP-Touristen" sein, "Heute" berichtete. Diese Vorgehensweise wurde nun als potenziell rechtswidrig eingeschätzt.
Da die Anzahl der Patienten aus Bundesländern (va. Niederösterreich und Burgenland) in Wiener Spitälern angestiegen war, wurde eine "Obergrenze, beziehungsweise ein Kontingent für Nicht-Wiener eingeführt. Auf diese Weise soll in den vergangenen Monaten der Anteil von Gastpatienten auf 13 Prozent gesenkt worden sein. In den Ordensspitälern kommt Wien seit Anfang des Jahres nur noch für 17 Prozent Gastpatienten auf, berichtet die "Kronen Zeitung".
Umstrittene Vorgehensweise
Dafür sollen Ordensspitäler laut "Krone" heuer 136 Millionen Euro von der Stadt bekommen, wenn sie sich dazu verpflichten, ihre Leistungen in erster Linie Wienern zur Verfügung zu stellen. Davon ausgeschlossen sind Notfälle. Für die besagte Regelung hagelte es Kritik aus Niederösterreich, von FPÖ-Gesundheitssprecher Richard Punz, sowie aus dem Burgenland von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).
Der Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) bezieht sich auf das Wiener Krankenanstaltengesetz (KAG), welches besagt, dass "die Aufnahme von Patienten in öffentlichen Krankenanstalten auf Personen beschränkt ist, die Wiener Landesbürger sind oder als Fremde ihren Hauptwohnsitz in Wien haben, sofern sie anstaltsbedürftig sind oder sich einem operativen Eingriff unterziehen."
Widersprüchliche Auffassungen
Einige Experten legen die Gesetzeslage allerdings anders aus: "Patienten aus den Bundesländern abzulehnen widerspricht dem Grundsatzgesetz und ist somit verfassungswidrig", findet Karl Stöger, Professor für Medizinrecht an der Universität Wien. Das Vorgehen verstoße gegen die 15a-Vereinbarung, nach der Wien ohnehin einen finanziellen Ausgleich für Patienten aus anderen Bundesländern erhält.
Auch der frühere Patientenanwalt Niederösterreichs, Gerald Bachinger, schätzte die Vorgehensweise als "nicht rechtskonform" ein, berichtet die "Presse". Zudem deute auch das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) darauf hin, dass Wien eventuell nicht ganz rechtskonform handelt. Denn das Gesetz besagt, dass alle Versicherten in dem Bundesland, in dem sie wohnen oder arbeiten, sämtliche stationäre Spitalsleistungen in Anspruch nehmen dürfen.
Doch keine Obergrenze?
Die Rechtslage erscheint also Experten nicht gerade wasserdicht und der Wigev meint, es wäre ohnehin "kein Thema". "Obergrenzen bei Operationen sowie Umreihungen von Patientinnen und Patienten auf Wartelisten sind im Wigev derzeit kein Thema. Aufgrund unserer guten Zusammenarbeit mit den Landeskliniken der Nachbarbundesländer finden wir in aller Regel gute Lösungen für die Betroffenen", betonte ein Sprecher gegenüber der "Presse".
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- In Wien wurde eine Obergrenze für Patienten aus anderen Bundesländern eingeführt, was laut Experten gegen mehrere Gesetzesgrundlagen verstoßen könnte
- Diese Maßnahme, die den Anteil von Gastpatienten in Wiener Spitälern reduzieren soll, stößt auf erhebliche Kritik und wird als potenziell verfassungswidrig eingestuft