Irgendwas stimmt da oben nicht

Rätselhaft – Unser Universum dehnt sich zu schnell aus

Astrophysiker grübeln über irritierende Forschungsergebnisse, nach denen das All rascher expandiert als angenommen. Geht es um Dunkle Energie?

Bernd Watzka
Rätselhaft – Unser Universum dehnt sich zu schnell aus
Zwei Messmethoden liefern unterschiedliche Geschwindigkeiten der Wellall-Expansion.
Glomex/ Screenshot

Seit dem Urknall dehnt sich das Universum aus. Nun gibt es Hinweise, dass damit etwas nicht stimmt: Das Universum wächst schneller, als es "darf" – jedenfalls schneller, als es das beste Modell vorhersagt. Verantwortlich dafür ist möglicherweise die Dunkle Energie, berichtet der ORF.

Echo des Urknalls und Galaxie-Distanzen

Hintergrund sind zwei Messmethoden, mit denen man die Ausdehnung des Universums bestimmt. Die eine verwendet die kosmische Hintergrundstrahlung (Echo des Urknalls) als Basis für Berechnungen. Die bestimmt die Ausdehnung über Distanzen zwischen Galaxien.

Widersprüchliche Messungen

Beide Ansätze liefern laut früheren Untersuchungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop allerdings nicht die gleichen Werte: Ausgehend vom frühen Universum beträgt die aktuelle Ausdehnung sagenhafte 68 Kilometer pro Sekunde (pro Megaparsec).

Das bedeutet, dass sich Galaxien, die 1 Mpc (3,3 Millionen Lichtjahre) von uns entfernt sind, mit einer Geschwindigkeit von 68 Kilometern pro Sekunde von uns entfernen.

Was stimmt "da oben" nicht?

Geht man von den Galaxienbewegungen aus, entfernen sich Sternsysteme allerdings deutlich schneller von uns fort – nämlich mit 73 Kilometer pro Sekunde. Physik-Nobelpreisträger Adam Ries beweist nun mit neuen Daten des James-Webb-Teleskops: Die Diskrepanz sei höchstwahrscheinlich nicht auf Abweichungen oder Messfehler zurückzuführen. Irgendetwas stimmt da oben im All also nicht.

Kosmos-Standardmodell hat ein Problem

Was das sein könnte, ist derzeit Gegenstand von Diskussionen. Sicher ist: Das Standardmodell der Kosmologie hat nun ein Problem. Dieses Modell ist der "Goldstandard", wenn es um die Evolution des Universums geht. Wenn hier ein Widerspruch auftritt, dann wackelt sozusagen das Fundament.

Drei mögliche Lösungen

Im Prinzip gibt es drei Möglichkeiten. Denkbar wäre erstens, dass unser "lokales "Universum eine geringere Dichte aufweist als der Rest und sich daher schneller ausdehnt. Zweitens könnte sein, dass bei den neuen Daten noch nachgeschärft werden muss.

Dunkle Energie ist eine mysteriöse Energiekomponente in unserem Universum.
Laila Linke
Astrophysikerin der Uni Innsbruck

Steckt die Dunkle Energie dahinter?

Am spannendsten ist wohl Möglichkeit Nummer drei, nämlich die Dunkle Energie – eine "mysteriöse Energiekomponente in unserem Universum", so Astrophysikerin Laila Linke von der Uni Innsbruck zum ORF.

Die Dunkle Energie dominiere heute das Verhalten des Universums, sie treibt die Galaxien und den dazwischenliegenden Raum auseinander "wie die Hefe den Brotteig", heißt es weiter.

Satellit soll Aufklärung bringen

Erhellende Ergebnisse soll nun der Weltraum-Satellit Euclid bringen. "Die Aufgabe von Euclid ist unter anderem, die Struktur im Universum zu bestimmen. Mit dieser Struktur werden wir dann auch besser herauskriegen, wie sich die Dunkle Energie verhält", so Linke.

Es bleibt also spannend. Sofern sich nicht irgendwo ein Messfehler versteckt hat, braucht das Standardmodell der Kosmologie nämlich dringend eine Überarbeitung.

Sonne, Mond und Sterne – was sich im Weltraum alles tut

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Auf den Punkt gebracht

  • Astrophysiker sind derzeit über Forschungsergebnisse verwirrt, die zeigen, dass sich das Universum schneller ausdehnt als bisher angenommen.
  • Diese Diskrepanz könnte auf die mysteriöse Dunkle Energie zurückzuführen sein, und der Weltraum-Satellit Euclid soll nun weitere Aufklärung bringen.
bw
Akt.