Ukraine

Putins neuer Ukraine-General gibt düstere Prognose ab

Russische Generäle gehen eigentlich nicht vor Fernsehkameras. Der neue Kommandant im Krieg hat es gemacht und zeichnet ein düsteres Bild.

Nikolaus Pichler
Der 56 Jahre alte Armeegeneral Sergej Surowikin wurde am 8. Oktober 2022 vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu eingesetzt, um die "militärische Spezialoperation" in der Ukraine zu führen.
Der 56 Jahre alte Armeegeneral Sergej Surowikin wurde am 8. Oktober 2022 vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu eingesetzt, um die "militärische Spezialoperation" in der Ukraine zu führen.
imago images/sna

Die russische Armee rechnet mit einem massiven ukrainischen Angriff zur Befreiung der besetzten Stadt Cherson. "An diesem Frontabschnitt ist die Lage schwierig", sagte der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, am Dienstagabend im Fernsehen. Es war ein ungewöhnlicher Auftritt des Armeegenerals, der sogar nahezulegen schien, dass Russland einen Rückzug aus der Stadt erwägen könnte. Surowikin sagte, dass "schwierige Entscheidungen" notwendig sein könnten.

Surowikin sagte, die ukrainischen Truppen hätten mit Himars-Raketen die Infrastruktur und die Wohnhäuser der Stadt beschossen. "Die russische Armee wird vor allem für die sichere Evakuierung der Bevölkerung von Cherson sorgen", sagte Putins Topgeneral.

Regionalbeamter warnt vor ukrainischen Angriffen

Sein seltenes Eingeständnis großer Probleme wurde von einem hohen lokalen Beamten bestätigt, wie BBC berichtet. Der von Russland eingesetzte Regionalbeamte Kirill Stremousov warnte die Einwohnerinnen und Einwohner von Cherson, dass die ukrainischen Truppen "in sehr naher Zukunft" einen Angriff auf die Stadt starten würden.

"Bitte nehmen Sie meine Worte ernst – ich spreche davon, die Stadt so schnell wie möglich zu evakuieren", sagte er über den Messaging-Dienst Telegram. Er fügte hinzu, dass die Menschen am Westufer des Flusses Dnjepr (in der Ukraine Dnipro genannt) am meisten gefährdet seien.

"General Armageddon"
Der neue Kommandant der russischen Streitkräfte in der Ukraine, Sergej Surowikin, gilt als fähiger, aber auch als einer der härtesten und skrupellosesten Generäle Russlands. Zuvor wurde schon in Syrien unter der Führung des 56-Jährigen der Großteil des Landes für den moskautreuen Präsidenten Baschar al-Assad zurückerobert. Der auch als "General Armageddon" bekannte Militär zeigte sich dann direkt in seinem Element. Zwei Tage nach seiner Ernennung beschoss die russische Armee die Ukraine großflächig mit Raketen.
WEITERLESEN: "General Armageddon" – das ist Putins neuer Kommandant
Insgesamt 20 Menschen starben, mehr als 100 wurden verletzt. Die Geringschätzung von Menschenleben zieht sich wie ein roter Faden durch Surowikins militärische Karriere. Als kommunistische Putschisten 1991 Panzer auffuhren, um die Perestroika zu stoppen, schossen von den drei nach Moskau beorderten Divisionen einzig Soldaten von Surowikins Bataillon auf die Demonstranten – drei Menschen starben. Der damals junge Kapitän kam zunächst in Haft, wurde aber später freigelassen und sogar zum Major befördert. 2017 wurde er durch seinen Syrien-Einsatz im Kreml zum gefeierten Kriegshelden. Menschenrechtler werfen Surowikin brutale Luftangriffe – auch auf zivile Objekte wie Schulen und Spitäler – vor. Ungeachtet dessen verlieh Putin ihm für seine Kriegsführung den Orden "Held Russlands". 

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    Waleri Gerassimow ist der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine. Damit folgt er nach nur drei Monaten auf <a data-li-document-ref="100279119" href="https://www.heute.at/g/-100279119">Sergei Surowikin</a>.
    Waleri Gerassimow ist der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine. Damit folgt er nach nur drei Monaten auf Sergei Surowikin.
    via REUTERS

    Selenski bezeichnet Drohnenangriffe als "Bankrotterklärung"

    Weil die russische Armee die Ukraine auch am Dienstag mit Drohnen iranischer Bauart beschoss, griff der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in seiner abendlichen Ansprache Moskau an: Er nannte den Einsatz der Waffen aus Teheran eine Bankrotterklärung des Kremls. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in Berlin, mit Luftabwehrwaffen aus dem Ausland werde die Ukraine sich bald gegen die Drohnenangriffe wehren können. Für das überfallene Land ist Mittwoch der 238. Kriegstag seit dem russischen Überfall vom Februar.

    "Der russische Hilferuf an den Iran ist die Anerkennung des militärischen und politischen Bankrotts durch den Kreml", sagte Selenski in Kiew. Russland habe jahrzehntelang Milliarden Dollar in seinen militärisch-industriellen Komplex gesteckt, doch nun müsse es auf "ziemlich einfache Drohnen und Raketen" aus Teheran setzen. Der Beschuss der Ukraine mit ganzen Schwärmen dieser Drohnen mache den Russen vielleicht taktisch Hoffnung. "Strategisch wird es ihnen ohnehin nicht helfen", sagte Selenski.

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      SPAR/ Peakmedia Dominik Zwerger
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