Ukraine

Putin sucht verzweifelt Soldaten im Gefängnis

Seit mehreren Monaten herrscht in der Ukraine bereits Krieg und Russland bietet Gefangenen nun Amnestie an, wenn sie im Krieg kämpfen.

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    Geheimdienst-Boss <strong>William Burns</strong> (r.) begrüßt US-Präsident <strong>Joe Biden</strong> bei dessen Besuch in der CIA-Zentrale in Langley, Virginia am 8. Juli 2022.
    Geheimdienst-Boss William Burns (r.) begrüßt US-Präsident Joe Biden bei dessen Besuch in der CIA-Zentrale in Langley, Virginia am 8. Juli 2022.
    REUTERS

    Die Gefangenen in der Strafkolonie in St. Petersburg hatten einen Besuch von Beamten zu einer Art Inspektion erwartet. Stattdessen trafen uniformierte Männer ein und boten ihnen eine Amnestie an – falls sie sich bereit erklären, an der Seite der russischen Streitkräfte in der Ukraine zu kämpfen.

    In den Tagen darauf verließ nach Angaben einer Angehörigen etwa ein Dutzend Freiwilliger das Gefängnis. Auch ihr inhaftierter Freund habe über das Angebot nachgedacht, sich aber dagegen entschieden, sagte die Frau, deren Partner dort gerade eine Haftstrafe verbüßt.

    Verdeckte Rekrutierungsmaßnahmen

    Trotz der anhaltenden Verluste Russlands in der Ukraine verzichtet der Kreml bislang auf eine umfassende Mobilmachung – denn ein solcher Schritt könnte sich sehr nachteilig auf die Popularität von Präsident Wladimir Putin auswirken. Stattdessen setzt die Regierung auf verdeckte Rekrutierungsmaßnahmen etwa in Gefängnissen, um den Mangel an Kämpfern auszugleichen.

    Berichten zufolge verweigern Hunderte russische Soldaten den Kampfeinsatz und wollen ihren Dienst quittieren. Sowohl Altgediente als auch Neuzugänge wollten in großer Zahl das Kriegsgebiet verlassen, sagt der Anwalt Alexej Tabalow, Leiter der Rechtsberatung an der Schule für Wehrkunde: "Ich habe den Eindruck, dass jeder, der kann, bereit ist wegzulaufen." Zugleich unternehme das Verteidigungsministerium große Anstrengungen, Männer vom Wehrdienst zu überzeugen.

    In verschiedenen Regionen werden junge Männer auf Plakaten und mit Aushängen in öffentlichen Verkehrsmitteln aufgerufen, sich der Berufsarmee anzuschließen. In mehreren Städten richteten die Behörden mobile Rekrutierungszentren ein, unter anderem am Veranstaltungsort eines Halbmarathons in Sibirien im Mai.

    Die Rekrutierung von Gefangenen läuft seit einigen Wochen in bis zu sieben Regionen, wie Wladimir Osetschkin sagt, Gründer der Organisation Gulagu.net, die sich für die Rechte von Häftlingen einsetzt. Er beruft sich auf Insassen und deren Angehörige, die seine Gruppe kontaktierte.

    Auch Selenski sucht im Gefängnis nach Soldaten

    Es ist nicht das erste Mal, dass die Behörden zu seiner solchen Taktik greifen: Schon im Zweiten Weltkrieg hatte die Sowjetunion "Häftlings-Bataillone" eingesetzt. Auch ist Russland damit nicht allein. Schon zu Beginn des Kriegs vor fast sechs Monaten hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski inhaftierten Veteranen eine Amnestie angeboten, falls sie sich freiwillig zum Kampfeinsatz verpflichten. Was daraus wurde, ist allerdings nicht bekannt.

    Aktuell sei es nicht das russische Verteidigungsministerium, das Gefangene rekrutiere, sondern die private paramilitärische Wagner-Gruppe, sagt Osetschkin. Zunächst sei lediglich Häftlingen mit Militär- oder Polizeierfahrung ein Einsatz in der Ukraine angeboten worden. Dies sei später jedoch auf Insassen mit anderem Hintergrund erweitert worden, erklärt der Experte. Seiner Schätzung nach könnten sich bis Ende Juli etwa 1.500 Männer beworben haben. Viele dieser Freiwilligen hätten ihn inzwischen kontaktiert, weil sie aus den Verträgen wieder aussteigen wollten.

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      Riesige Explosionen erschütterten am 9. August plötzlich den Badeort&nbsp;Nowofedoriwka auf der russisch-annektierten Halbinsel Krim.
      Riesige Explosionen erschütterten am 9. August plötzlich den Badeort Nowofedoriwka auf der russisch-annektierten Halbinsel Krim.
      REUTERS

      Die Frau, deren Freund in der Strafkolonie in St. Petersburg einsitzt, bezeichnet die Angebote an die Gefangenen als Hoffnungsschimmer auf Freiheit. Nach Angaben ihres Partners seien von elf Freiwilligen jedoch acht in der Ukraine getötet worden. Ein Freiwilliger habe Bedauern über seine Entscheidung geäußert und gesagt, dass er nicht damit rechne, lebend nach Hause zurückzukehren.

      Die Angaben der Frau konnten nicht unabhängig bestätigt werden, stehen aber in Einklang mit etlichen Berichten von unabhängigen russischen Medien und Menschenrechtsgruppen.

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        ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com
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