Tierisch einzigartig

Psy-Dogs: Therapiehunde für Therapeuten

In Österreich einzigartig, stellt diese Art der Ausbildung eine besondere Fortbildung für Psychotherapeuten, Psychologen und Psychiater dar.

Christine Kaltenecker
Psy-Dogs: Therapiehunde für Therapeuten
Lehrgangsleiter Robert Koch, MSc. und Leiterin Anne van der Hulst von Psy-Dogs. 
©Nicole Seiser

Auch Therapeuten, Psychologen oder Psychiater haben fallweise Haustiere. Hunde um genau zu sein, die manchmal sogar einfach den Teppich der Praxis schmücken und durch ihre bloße Anwesenheit Ruhe und Wohlbefinden bei den Patienten fördern.

Ein einzigartiges Ausbildungsprogramm namens "Psy-Dogs" setzt genau bei diesen Personen an und bildet die privaten Hunde - sofern geeignet und gewünscht - zu Therapiehunden aus. Zwei Fliegen mit einer Klappe also. Tierisch-Redakteurin Christine Kaltenecker befragte hierzu Psychotherapeutin, Hundetrainerin und Lehrgangsleiterin Anne van der Hulst (34): 

Wie kommt man auf die Idee zu einer solchen Ausbildung?

Die Idee ist mit dem versierten Kollegen Robert Koch, MSc. entstanden, nachdem wir schon lange mit Pferden zusammengearbeitet hatten. Wir saßen am Abend zusammen und ich erzählte vom Traum der eigenen Hündin und wie toll es wäre, sie dann auch zur Therapie einsetzen zu können. Robert meinte nur: "Dann machen wir das doch ...".

Da es bisher noch keine Ausbildungsmöglichkeit für Hunde diesbezüglich gab, machten wir uns ans Werk. Hunde begleiten uns bereits hunderte Jahre, erkennen unsere Stimmungen und nehmen uns Aufgaben ab. Ein entspannter Hund in einer psychotherapeutischen Praxis kann schon nur durch seine Anwesenheit positiv auf den Patienten wirken - warum also nicht eine gezielte Interaktion mit ihm fördern?

In der Praxis-Simulation lernt der Hund, worauf es ankommt. 
In der Praxis-Simulation lernt der Hund, worauf es ankommt. 
©Nicole Seiser

Es gibt auch bereits viele in unserem Berufsstand, die den Hund zur Arbeit mitnehmen. Diese bewegen sich aber auch ohne es zu Wissen in einer Grauzone, da der unausgebildete Hund bei einem Zwischenfall Haftungsfragen aufwirft und vielleicht sogar einem Patienten mehr schadet als nützt, sollte er einmal stolpern oder sich gar fürchten.

Geht es hier um Hundehalter wie du und ich, mit dem Unterschied, dass es Therapeuten sind?

Ganz genau. Manche Ausbildungskandidaten haben natürlich einen Hundeführerschein oder die Begleithundeprüfung in der Hundeschule um die Ecke absolviert, machen in der Freizeit vielleicht Agility oder Obedience, aber die meisten Hunde sind unausgebildet für Therapie und Praxiseinsatz. 

Ist eine besondere Trainingserfahrung mit dem Hund nötig?

Nein - ist es nicht. Es gibt aber eine erste Eignungseinschätzung, wo wir anhand eines Privatvideos beurteilen, ob der Hund und Halter sich überhaupt dazu eignen. Auch der Halter kann natürlich abgelehnt werden. Negative Trainingsmethoden mit Strafe beispielsweise werden bei uns nicht geduldet und vehement abgelehnt. 

Die Steiermark bietet den Teilnehmern die perfekten Ressourcen für die Ausbildung. 
Die Steiermark bietet den Teilnehmern die perfekten Ressourcen für die Ausbildung. 
©Nicole Seiser

Trotzdem muss man ganz klar jedem potenziellen Teilnehme sagen, dass auch unsere erste Eignungseinschätzung eine Momentaufnahme des Hundes ist. Wir können natürlich nichts versprechen, kommen aber meistens gemeinsam ans Ziel. Die Ausbildung dauert schließlich ein Jahr und beinhaltet sechs Module, wo man dem Hund und Halter genügend Zeit gibt, sich auf kommende Prüfungen vorzubereiten. Auch trainieren wir in Kleinstgruppen mit maximal sechs bis zehn Teilnehmern und sind innerhalb der Fortbildung natürlich jederzeit erreichbar. 

Sind alle Hunde willkommen und wie hoch ist Eignungsquote?

Alle Hunderassen sind ab dem zweiten Lebensjahr willkommen. Jedoch verlassen wir uns hier auf Vorgaben des Messerli Institutes (Veterinärmedizinische Universität Wien), das Qualzuchten oder Hunde mit schmerzhaften Behinderungen ausschließt. 

Auch Listenhunde dürfen die Ausbildung absolvieren. Hier setzt man einfach auf ein Entgegenwirken des "Böser Kampfhund"-Klischees mit bunten Halstüchern und lustigen Brustgeschirren, die einen positiven, psychologischen Effekt bei "gefährlicher aussehenden" Hunde haben.

Die Grundvoraussetzung für alle Hunde ist aber folgende: Sie müssen Menschen lieben!

Der Hund ist nach abgeschlossener Ausbildung tatsächlich steuerlich absetzbar - was bedeutet das im Einzelnen?

Ja, ganz genau. Eigentlich beinhaltet dies alle Kosten des Hundes, vom Futter bis zum Tierarzt kann man die Rechnungen in die Steuererklärung für den Therapiehund mit hineinnehmen. Ebenso natürlich auch die Kosten der Ausbildung an sich. Gut, vielleicht nicht den vergoldeten Napf oder ähnlich dekadente Luxusartikel, aber im Grunde ist dein Hund nach der Ausbildung - ebenso wie auch ein Blindenhund eine große Stütze und Hilfe für den Menschen. 

Gibt es jährliche Überprüfungen für den Hund? 

Die jährliche Nachkontrolle ist bei uns Pflicht inklusive eines tierärztlichen Befundes und einem Einsatznachweis von mindestens 12 Einsätzen und 20 Fortbildungsstunden in den darauffolgenden 24 Monaten. Der Hund muss bei jedem Einsatz schmerzfrei sein, denn nur dann kann er verlässlich und fröhlich arbeiten. 

Momentan findet die Ausbildung "nur" in der Steiermark statt - ist euer Ziel euch auf ganz Österreich auszuweiten und die Fortbildung in jedem Bundesland anzubieten?

Vielleicht ist der Westen noch ein Ziel, aber die goldene Mitte zwischen Wien und Graz, mit Badeteich und Wald vor der Haustür, macht für die Ausbildung schon Sinn. Die Ressourcen sind einfach denkbar günstig und schenken dem Mensch-Hunde-Team auch genug Zeit um durchzuatmen, sich mit Kollegen auszutauschen und die Natur zu genießen, während der Fortbildung. Das ist wichtig.

Bei welcher Therapie eignet sich der Hund besonders gut?

Solange der Patient beispielsweise Aggressionen gegen Tiere zeigt, Allergien hat oder gesundheitliche Probleme, auf die sich ein Tier negativ auswirken kann, eignet sich ein ausgebildeter Hund beinahe für jede Art von Therapie. Ob in der Familie, Verhaltenstherapie, Überwindung eines Traumas, Depressionen oder Missbrauch - der Hund scheint zu spüren, wie er helfen kann und tut es auch. 

Manchmal ist der Hund auch einfach nur der Grund überhaupt einmal ein Gespräch zu beginnen, oder Kinder und Jugendliche blühen im Spiel mit dem Hund auf und erfahren so eine Erleichterung ihrer Probleme. Es ist ja bereits wissenschaftlich erwiesen, dass Hunde Stress reduzieren und Oxytocin - das Kuschelhormon - bei uns ausschütten. 

Zeigt der Hund, wenn er nicht mehr möchte?

Der Schutz und das Wohlbefinden des Hundes hat größte Priorität. Therapeuten bekommen natürlich von uns das Wissen, wie sie den Hund einsetzen - aber auch worauf sie achten müssen, um den Hund nicht zu überfordern. Der kann freilich keine acht Stunden am Tag durcharbeiten, sondern muss immer die Möglichkeit aus der Situation zu gehen und sich eine Pause zu gönnen haben.  

tine
Akt.