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Proteste auch in Wien nach Tod von Amini in Polizeihaft
Der Tod der Iranerin Mahsa Amini (22) schockt die ganze Welt. In Wien-Neubau kam es am Donnerstag zu einer Frauenrechts-Kundgebung.
Der tragische Tod der Iranerin Mahsa Amini, die wegen "unislamischer" Kleidung von Irans staatlicher Religionspolizei zunächst verhaftet worden war, dann kollabierte und verstarb, löste weltweit Entsetzen und Trauer aus – wir berichteten. Die aus dem Kurdengebiet stammende 22-Jährige war in Teheran nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei auf mysteriöse Weise gestorben. Nach Protest-Aktionen im Iran setzten Frauen und Männer nun auch in Wien ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen.
Leserin: "Gewalt an Frauen muss überall aufhören!"
Aminis Tod hatte im Iran eine Welle der Empörung über die Sittenpolizei ausgelöst, die schon seit längerem in der Kritik steht. Seitdem gehen in mehreren Städten des Landes Menschen auf die Straßen – die Polizei reagiert mit Tränengas, Schlagstöcken und Festnahmen.
Ein im öffentlichen Fernsehen ausgestrahltes Überwachungsvideo eines Polizeireviers in Teheran zeigte vor einigen Tagen, wie die 22-jährige Mahsa Amini nach einem Gespräch mit einer Polizistin zusammenbricht. Laut Polizeiangaben hatte die Frau einen Herzanfall erlitten. Das Staatsfernsehen berichtete, dass Amini im Spital gestorben war, die Polizei bestätigte den Tod der Frau.
Die genauen Umstände von Aminis Tod sind nach wie vor unklar. Die 22-Jährige war Polizeiangaben zufolge letzten Dienstag wegen "des Tragens unangemessener Kleidung" zusammen mit anderen Frauen festgenommen und auf eine Polizeidienststelle gebracht worden. Sie sollte dort über die islamischen Kleidervorschriften unterrichtet werden. Dort sei sie in einem Besprechungsraum "plötzlich ohnmächtig" geworden und ins Spital gebracht worden. Das zeigt auch das veröffentlichte Video – allerdings ist zu sehen, wie die Iranerin sich mit den Händen an den Kopf greift, bevor sie zusammenbricht.
Die iranische Polizei erklärte, es habe keinerlei "körperlichen Kontakt" zwischen ihr und den Polizisten und Polizistinnen gegeben. Laut dem Sender 1500tavsir, der über Menschenrechtsverstöße im Iran berichtet, soll Amini jedoch einen Schlag auf den Kopf erlitten haben.
Ihre Leiche wurde laut Staats-TV in die Gerichtsmedizin gebracht. Zuvor hatte der iranische Präsident Ebrahim Raisi mitgeteilt, dass er den Innenminister mit der Untersuchung des Falls beauftragt habe.
Proteste in Wien
"Heute"-Leserreporterin Ayla* (Name von der Redaktion geändert) war vor Ort in Wien und wünscht sich: "Wir brauchen Hilfe und müssen Frauengewalt auf der Welt gemeinsam bekämpfen. Gewalt an Frauen gibt es auch hier in Österreich, aber das Menschen ihr Leben verlieren, weil eine Sittenpolizei meint, man habe etwas falsch gemacht, geht viel zu weit".
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Internetverbindung im Iran stark einegschränkt
Nach tagelangen und landesweiten Protesten soll nun auch das Internet massiv beschränkt worden sein. Mobile Netzwerke seien "weitgehend abgeschaltet", so die Organisation Netblocks am Mittwoch. Messenger wie WhatsApp oder soziale Netzwerke wie Instagram funktionieren nur noch extrem eingeschränkt. Die Internet-Beschränkungen führten demnach zu einem extremen Niedergang der Verbindungsstärke.
Iranerinnen verbrennen Kopftücher
Unter dem Hashtag #MahsaAmini folgte eine Welle der Solidarität – allein unter diesem Hashtag gab es über 2 Millionen Beiträge. Doch nicht nur im Netz vereinen sich Menschen, um ein Zeichen gegen Frauengewalt zu setzen: Auch in Berlin folgt am Freitag eine Demonstration.
Und auch prominente Iranerinnen schlossen sich – allen Ängsten und Gefahren zum Trotz – aus Solidarität dem Protest im Internet an, indem sie etwa ihre Haare abschnitten oder Bilder ohne Kopftuch veröffentlichten. Unter ihnen waren etwa die bekannten Schauspielerinnen Anahita Hemmati und Schabnam Farschaddschu.
Iraner Polizeichef weist Vorwürfe zurück
Teherans Polizeichef Hossein Rahimi sagte indes am Montag, Amini habe die Kleidervorschriften verletzt und seine Kollegen hätten ihre Verwandten aufgefordert, ihr "anständige Kleidung" zu bringen. Er wies erneut "ungerechtfertigte Vorwürfe gegen die Polizei" zurück. Es habe kein unangemessenes Verhalten auf Seiten der Polizei gegeben. "Dies ist ein unglücklicher Zwischenfall", sagte er.
Am Sonntagabend telefonierte Präsident Ebrahim Raisi mit Aminis Familie. Nach Angaben des Präsidialamts sicherte Raisi zu, "dass er die Untersuchung bis zur Aufklärung der Angelegenheit verfolgen" werde. Der Vater des Opfers, Amjad Amini, machte mittlerweile deutlich, dass er die Erklärungen der Polizei nicht akzeptiere.
Er kritisierte auch, dass die Rettungskräfte seiner Tochter zu spät zu Hilfe gekommen seien, und wies auch Angaben der Regierung zurück, wonach Mahsa Amini Vorerkrankungen und im Alter von fünf Jahren eine Gehirnoperation gehabt habe. Seine Tochter sei «kerngesund» gewesen, sagte er.