Welt
Präsidentenwahl in letzter Minute verschoben
Nur wenige Stunden vor Beginn der Abstimmung hat Nigerias Wahlkommission die Präsidentenwahl wegen logistischer Probleme überraschend um eine Woche verschoben.
Nach einer sorgfältigen Prüfung der Logistik und dem Stand der Vorbereitungen für die Abstimmung sei im Sinne "freier, fairer und transparenter Wahlen" eine Verschiebung beschlossen worden, erklärte die Wahlkommission am Samstagmorgen über Twitter. Bis kommenden Samstag sollten noch "eine Reihe von Herausforderungen" gestemmt werden, erklärte Wahlleiter Mahmood Yakubu.
"Dies war eine schwierige Entscheidung für die Wahlkommission, aber notwendig für die erfolgreiche Durchführung der Wahlen und die Stärkung unserer Demokratie", sagte Yakubu nach dem Beschluss vor Journalisten. Die Ankündigung kam für die meisten Beobachter völlig überraschend. Die Begründung der Wahlkommission für die erneute Verschiebung blieb insgesamt vage. Im Vorfeld der Abstimmung waren einige Wahllokale angezündet worden.
Massive Kritik
In einer ersten Reaktion kam massive Kritik aus den Wahlkampflagern der stärksten Kandidaten. Das Team von Präsident Muhammadu Buhari nannte die Verschiebung des Wahltermins eine "riesige Enttäuschung", wie aus einer in der Nacht verbreiteten Erklärung hervorging, in der zudem dem Lager des schärfsten Herausforderers Atiku Abubakar die Schuld an der Verzögerung unterstellt wurde. Abubakars Team wiederum sah hinter der Verschiebung einen Plan zur "Entrechtung der Nigerianer", wie die "Premium Times" berichtete.
Die letzten Wahlen 2015 in Afrikas bevölkerungsreichstem Land waren verschoben worden, aber mit etwas größerem Vorlauf. Zudem war der Schritt damals erwartet worden. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in dem westafrikanischen Staat sollen nun am Samstag nächster Woche stattfinden, Abstimmungen zu Gouverneuren und Parlamenten der Bundesstaaten sind jetzt für 9. März geplant.
Kopf-an-Kopf-Rennen
Nigerias Staatschef Muhammadu Buhari bewirbt sich um eine weitere Amtszeit. Beobachter erwarten ein Kopf-an-Kopf Rennen mit seinem Herausforderer Atiku Abubakar. Rund 84 Millionen Nigerianer sind wahlberechtigt. Der konservative und asketisch wirkende Buhari (76) verspricht den Wählern bessere Infrastruktur sowie einen entschlossenen Kampf gegen Korruption und radikale Islamisten. Der eher liberale Unternehmer Abubakar (72) will die Wirtschaft liberalisieren und damit Wachstum und Millionen Arbeitsplätze schaffen.
Erstmals sind die Kandidaten der beiden großen Parteien Muslime aus dem Norden des Landes. Die Hälfte der Nigerianer ist Schätzungen zufolge muslimischen Glaubens, fast ebenso viele sind Christen. Die Religion der Kandidaten ist in Nigeria immer von Bedeutung. Der konservative Buhari ist im muslimischen Norden beliebter, Abubakar muss für einen Sieg den eher christlichen Süden gewinnen.
Beobachter rechnen mit einem sehr knappen Wahlausgang. Sollte der Amtsinhaber Buhari verlieren und sich weigern, Abubakars Sieg anzuerkennen, könnte Gewalt drohen. Nach der umstrittenen Wahl 2011 waren rund 1000 Menschen bei Ausschreitungen ums Leben gekommen. 2015 hingegen war ein weitgehend friedlicher Machtwechsel gelungen, nachdem Präsident Goodluck Jonathan seine Niederlage eingeräumt hatte.
72 Kandidaten für Amt des Staatschefs
Um das Amt des Staatschefs bewerben sich 72 Kandidaten, Chancen werden jedoch nur den beiden Favoriten eingeräumt. Wahlberechtigt sind 84 Millionen Nigerianer. Um die Wahl zu gewinnen, braucht ein Kandidat eine absolute Stimmenmehrheit und auch mindestens 25 Prozent der Stimmen in zwei Dritteln der 36 Bundesstaaten.
Eine der größten Herausforderungen für den neuen Präsidenten wird die Befriedung des Nordostens sein, wo islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram ihr Unwesen treiben. Dort sind rund zwei Millionen Menschen auf der Flucht vor den Fundamentalisten.
Nigeria ist mit fast 200 Millionen Menschen der bevölkerungsreichste Staat und die größte Volkswirtschaft Afrikas. Trotz Ölreichtums lebt die Mehrheit der Bevölkerung jedoch in extremer Armut. Rund 80 Millionen Menschen haben der Weltbank zufolge keinen regulären Zugang zu elektrischem Strom. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nur 53 Jahre (Österreich: 81,8).
(ek)