Österreich

Wienerin (81): "Kann mir Supermarkt nicht mehr leisten"

Hohe Lebensmittel-Preise, Teuerungen bei Strom und Gas: Immer mehr Menschen wie Waltraud S. (81) sind auf das Einkaufen im Sozialmarkt angewiesen.  

Christine Ziechert
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Waltraud S. (81) ist froh, im Sozialmarkt einkaufen zu können.
Waltraud S. (81) ist froh, im Sozialmarkt einkaufen zu können.
Sabine Hertel

Eine Freundin gab ihr den Tipp, der Waltraud S.' (Name geändert) Leben um so vieles leichter gemacht hat: "Vor etwa zwei Jahren habe ich vom Samariterbund-Sozialmarkt (Soma) erfahren. Seitdem komme ich regelmäßig her", erzählt die 81-Jährige aus Wien-Meidling. Nur wenige Lebensmittel wie ein Fertigmenü oder Joghurts finden sich im Einkaufswagerl der Pensionistin.

"Ich habe lange als kaufmännische Angestellte in Teilzeit gearbeitet, bekomme daher nur ein bissl über der Mindestpension. Ich zahle 409 Euro Miete pro Monat, da bleibt dann nicht mehr viel. Ich find' den Sozialmarkt super, da erspare ich mir allerhand. Man muss sich natürlich umstellen, darf nicht zu heikel sein. Denn man bekommt nicht immer unbedingt das, was man gerne hätte. Ich esse dann eben das, was gerade da ist", erzählt Waltraud S. 

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com
    "Ich bin froh, dass es den Sozialmarkt gibt. Normale Lebensmittel aus dem Supermarkt könnte ich mir nicht leisten" - Waltraud S. (81)

    Die 81-Jährige schränkt sich sehr bei Freizeit-Aktivitäten ein: "Ich bin froh, dass es den Sozialmarkt gibt. Normale Lebensmittel aus dem Supermarkt könnte ich mir nicht leisten. Wenn es den Sozialmarkt nicht geben würde, müsste ich abgelaufene Sachen kaufen", meint die geschiedene Pensionistin.

    Rund 50 % der Kunden sind laut Andrea Costea, Leiterin der Soma-Filiale in der Böckhgasse in Wien-Meidling, bereits Pensionisten: "Der Rest sind Alleinerzieherinnen, Studenten, Familien und Flüchtlinge", berichtet die 28-Jährige. Angeboten wird alles, was Supermärkte und Großhändler nicht mehr verkaufen wollen: "Wir versuchen, alles zu retten, was vernichtet werden sollte."

    Andrea Costea (28), Filialleiterin des Samariterbund-Sozialmarktes in Wien-Meidling
    Andrea Costea (28), Filialleiterin des Samariterbund-Sozialmarktes in Wien-Meidling
    Sabine Hertel
    "Wir hören oft, wie schlecht es den Kunden geht, das tut einem im Herzen weh" - Andrea Costea, Sozialmarkt-Filialleiterin

    Etwa um ein Drittel günstiger als im Supermarkt werden Lebensmittel, Hygiene-Artikel & Co. hier veräußert: "Die Leute kommen nicht zum Spaß her. Viele sagen mir: 'Ich kann's mir draußen einfach nicht mehr leisten'", meint Costea. Rund 80 bis 100 Personen kaufen täglich im Meidlinger Sozialmarkt ein – Tendenz steigend: "Seit der Pandemie erleben wir einen Anstieg. Viele wurden arbeitslos oder mussten in Kurzarbeit. Seit Jänner gibt es noch einmal eine Steigerung aufgrund der immer teurer werdenden Lebensmittel. Wir hören oft, wie schlecht es den Kunden geht, das tut einem im Herzen weh."  

    Wer in einem Samariterbund-Sozialmarkt einkaufen möchte, darf als Einzelperson maximal 1.238 Euro pro Monat (zwölf Mal pro Jahr) zur Verfügung haben, bei Paaren sind es 1.856 Euro. Pro Kind kommen noch 371 Euro dazu. Zudem müssen Ausweis und Meldezettel vorgewiesen werden: "Wir prüfen aber jeden Einzelfall. Es kommt ja immer auch auf die individuelle Situation an", erklärt Costea.

    1.000 Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr gerettet 

    Neben dem finanziellen Aspekt spielt auch die Nachhaltigkeit eine Rolle: Jedes Jahr werden in den fünf Samariterbund-Sozialmärkten rund 1.000 Tonnen Lebensmittel gerettet, die sonst im Müll landen würden: "Wir nehmen alles, was wir kriegen", lacht Costea und ergänzt: "Wir wollen einfach, dass so wenig wie möglich weggeschmissen wird, vor allem, wenn die Qualität eh noch passt."

    Mit den Einnahmen werden die Fixkosten der Filiale gedeckt, was übrig bleibt, wird an Projekte wie "LernLEO", eine kostenlose Lernhilfe für Kinder, gespendet. "Zusätzlich gibt es auch noch Spezial-Aktionen für Kinder, wie etwa zu Ostern oder zu Weihnachten, die von Sponsoren finanziert werden. Da bekommen die Kinder Geschenke. Es ist jedes Mal schön zu sehen, wie die Kinder sich darüber freuen", so Costea.