Bisher waren die Fahrer von Lieferando – anders als bei der Konkurrenz – noch fix angestellt. Damit soll nun aber Schluss sein. Wie "Der Standard" berichtet, soll das Logistikmodell beendet werden. Bis Ende Juni soll der damit verbundene operative Betrieb schrittweise aufgelassen werden. Ende Juli soll dann die ganze Firma schließen.
Dem Betriebsrat zufolge sollen davon 966 Arbeitnehmer betroffen sein, Lieferando hingegen spricht von rund 600 Betroffenen. Weitere 250 Dienstnehmer würden über befristete Dienstverträge verfügen.
Lieferando wolle sich aber keinesfalls aus dem österreichischen Geschäft zurückziehen. Künftig werde man jedoch keine Fahrer mehr beschäftigen, die dem Kollektivvertrag unterliegen. Damit gehören bezahlter Urlaub, Weihnachtsgeld, Zuschläge für Sonntagsarbeit und Entlohnung auch im Krankheitsfall der Vergangenheit an.
Auf Nachfrage des "Standard" hieß es, dass der Konzern gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen möchte. Man habe über Jahre versucht, Benchmarks für die Branche zu setzen. Diesen sei allerdings kein Mitbewerber gefolgt. Somit sei es zu Wettbewerbsnachteilen gekommen.
Künftig könne man nur mehr als freier Dienstnehmer für Lieferando arbeiten. Von der Firma werden hierfür lediglich Jacke, Helm und die orangefarbene Tasche gestellt. Für sein Gefährt (Fahrrad oder Moped) müsse jeder selbst sorgen. Nach Ablauf ihres Beschäftigungsverhältnisses könnten sich Kuriere über alternative Arbeitsmodelle bei Lieferando informieren, hieß es seitens der Geschäftsführung.
Der Betriebsrat Fabian Warzilek sagte dem "Standard", dass er der Geschäftsführung zugutehalte, dass sie sich für einen Sozialplan einsetze. Im Zuge dessen seien allerdings nur Abfertigungen in Höhe von eineinhalb Monatslöhnen vorgesehen. In den kommenden Wochen wolle man darüber verhandeln. Knapp 70 administrative Mitarbeiter seien von dem Sozialplan ausgenommen.
Warzilek ortet ein Versagen der Politik. Wenn die Regierung ihre Hausaufgaben rund um die freien Dienstverträge gemacht hätte, würden jetzt nicht tausend Leute ihre Jobs verlieren, meint der Gewerkschafter. Ihre Chancen einen neuen Job zu finden schätzt Warzilek schlecht ein. Viele stammen aus Syrien oder Afghanistan und würden weder gut genug Deutsch noch Englisch sprechen, um in einer anderen Branche Arbeit zu finden.
Das Riders Collective in der Person von Robert Walasinski sieht auch die Wirtschaftskammer in die Verantwortung. Die Politik müsse Lohn- und Sozialdumping zu unterbinden, meinte er gegenüber dem "Standard". Walasinski und Warzilek hatten erst am Dienstag einen diesbezüglichen Termin beim Arbeitsministerium.
In Österreich bedient Lieferando mehr als 50 Prozent des Geschäfts rund um Essenslieferungen. In den vergangenen Jahren verlor man allerdings stetig Marktanteile an die Rivalen Wolt und Foodora. Diese sparen vor allem bei den Lohnnebenkosten. So verfüge Foodora unter den 3000 Dienstnehmern nur über 88 Angestellte. Im Frühjahr sei die Zahl derer um 40 gesunken.
Seit 2023 verdiente ein Lieferandofahrer bei 40 Wochenstunden 1.730 Euro brutto. Erst im vergangenen Sommer erhöhte der Konzern die Löhne der Mitarbeiter freiwillig um 7,8 Prozent. Künftig soll es für die Dienstnehmer nicht mehr so rosig aussehen. Sie werden – wie jene Mitarbeiter von Wolt und Foodora – auch bei widrigster Witterung ohne gesetzlichen Arbeitsschutz fahren.
Laut dem Bericht des "Standard" sollen sie erst ab dem vierten Tag Krankengeld bekommen und dann nur die Hälfte. Zudem gibt es ohne Auftrag keine Bezahlung. Ihre Arbeitswege werden über GPS kontrolliert, Aufträge werden per Apps erteilt und Fristen sowie Ziele werden vorgegeben. Rechtlich gesehen sollen sie trotzdem nicht mehr zum Unternehmen gehören.