Österreich
Paukenschlag in Graz – Kommunisten vor ÖVP auf Platz 1
Polit-Erdrutsch bei der Wahl in Graz: Die ÖVP verliert fast 12 Prozent und ist nur noch Zweiter. KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr erreicht 28,6 Prozent
Seit 16 Uhr sind die Wahllokale in Graz geschlossen. Jetzt ist die erste Hochrechnung da, sie bringt eine sensationelle Prognose für die Metropole an der Mur:
➤ ÖVP: 25,6 Prozent
➤ SPÖ: 9,8 Prozent
➤ FPÖ: 10,9 Prozent
➤ Grüne: 17,2 Prozent
➤ KPÖ: 29,2 Prozent
➤ Neos: 5,1 Prozent
➤ Rest: 2,1 Prozent
Nagl: "Es tut sehr, sehr weh"
"Damit habe ich nicht gerechnet", kann Spitzenkandidatin Elke Kahr den Erfolg der KPÖ in einer ersten Reaktion kaum fassen. Die Grazer hatten zuvor bei regelrechtem Kaiserwetter die Wahllokale im Rahmen der Gemeinderatswahl aufgesucht. Der amtierende ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl galt im Vorfeld als Favorit – für ihn sollte der weitere Tagesverlauf zu einer herben Enttäuschung werden.
Als er bereits um 9 Uhr in Begleitung seiner Ehefrau Andrea die Stimme im Restaurant Brandhof unweit des Kaiser-Josef-Markts abgegeben hatte, zeigte er sich noch siegessicher. Er müsse das Ergebnis jetzt einmal verdauen, sagte Stadtchef Nagl. "Graz hat sich verändert, ist immer heiß umkämpft", war ihm die Enttäuschung deutlich anzumerken. "Es tut sehr, sehr weh", gestand der Langzeit-Bürgermeister (er saß 19 Jahre am Chefsessel) ein. Wahlberechtigt waren 223.512 Personen, davon über 30.000 EU-Bürger – etwas mehr als 2017.
Langzeit-Stadtchef trat gegen fünf Spitzenkandidaten an
Langzeitbürgermeister Nagl ritterte mit fünf weiteren Spitzenkandidaten um den Stadtchef-Sessel. Darunter Vertreter von SPÖ (Michael Ehmann), FPÖ (Mario Eustacchio), Neos (Philipp Pointner), Grüne (Judith Schwentner) und KPÖ (Elke Kahr). Die KPÖ gilt in Graz seit Jahren tatsächlich als fixe Größe in der Stadtpolitik. Bei der Wahl 2017 erreichten die Kommunisten in der steirischen Landeshauptstadt rund 20 Prozent der Stimmen. Die FPÖ als drittstärkste Partei erzielte 2017 bei einem Plus von 2,11 Prozentpunkten 15,86 Prozent (8 Mandate).
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) suchte am Sonntagvormittag übrigens auch ein Grazer Wahllokal auf, allerdings nicht um seine Stimme abzugeben. Denn er ist nicht mit Hauptwohnsitz in Graz gemeldet - sehr wohl aber seine Lebensgefährtin Sabine Jungwirth, und die begleitete er zur Stimmabgabe. "Als Halb-Grazer liegt mir Graz am Herzen", sagte er gegenüber Medienvertretern. Er gab sich zuversichtlich, dass die Grünen-Spitzenkandidatin Schwentner von den Wählern eine Chance bekomme. Wichtig sei aber, dass möglichst viele Bürger vom Wahlrecht Gebrauch machen.
Grüne mit Rückendeckung durch überparteiliches Komitee
Grünen-Kandidatin Schwentner warb im Vorfeld der Wahl mit einem überparteilichen Unterstützungskomitee um Stimmen. Sie stellte zuletzt keck den Anspruch auf den Bürgermeisterinnen-Sessel. „Es ist Zeit für eine Bürgermeisterin“, zitierte sie der "Kurier" vor kurzem. Die Ansage der Parteiobfrau der Grazer Grünen ist mutig. 2017 landeten die Grünen mit etwas mehr als zehn Prozent der Stimmen nur auf dem vierten Platz.
Die Spitzenkandidaten hier im Überblick: