Prozess wegen Entlassung
ORF will Betriebsrat feuern – Showdown vor Gericht
Weil er dem ORF eine Nebentätigkeit angeblich nicht meldete, soll ein Betriebsrat entlassen werden. Der 37-Jährige kämpft dagegen vor Gericht an.
Und wieder einmal landet eine ORF-Causa vor dem Arbeits- und Sozialgericht: Diesmal ist der ORF allerdings nicht Beklagter, sondern Kläger. Weil er eine Nebenbeschäftigung aus dem Jahr 2021 angeblich nicht gemeldet hatte, wurde ein 37-jähriger Redakteur und Betriebsrat von ORF III auf Entlassung geklagt. Dieser wehrt sich nun dagegen vor Gericht.
Der Redakteur – er ist seit 2013 beim ORF und seit 2022 Betriebsrat – arbeitete 2021 für eine TV-Serie als Redakteur sowie als Cutter (Schnitt). Die Honorarnote dafür betrug mehrere tausend Euro. Der ORF führt nun ins Treffen, dass der 37-Jährige die Nebenbeschäftigung nicht gemeldet hatte, was dieser bestreitet: "Ich habe meinem Vorgesetzten (ORF-III-Geschäftsführer Peter Schöber, Anm.) mündlich davon berichtet, das war damals so usus. Die Nebenbeschäftigung war genehmigt", erklärt der Betriebsrat, der seit Ende Juli vom Dienst freigestellt ist, beim Prozess-Auftakt.
Schwere Vorwürfe gegen ORF-III-Chef
Hintergrund der Causa dürfte ein seit Jahren schwelender Konflikt zwischen dem 37-Jährigen und ORF-III-Chef Peter Schöber sein. 2022 erhob der Betriebsrat Vorwürfe, dass Arbeitszeitaufzeichnungen manipuliert würden. Laut ORF bestätigten sich diese Vorwürfe allerdings nicht.
Die Bilder des Tages
Zuletzt eskalierte die Situation erneut, als Ende September schwere Vorwürfe gegen Schöber laut wurden: Ehemalige und derzeitige Mitarbeiter/Innen trugen fast 400 Seiten zusammen, die diskriminierende, homophobe, rassistische und auch antisemitische Aussagen (u.a. auch in E-Mails und Aktenvermerken) beweisen sollen. Demnach soll Schöber die Bemerkung fallen haben lassen, er wolle ORF-III-Beiratsmitglied Danielle Spera den "Judenstern vom Kleidl" reißen. Auch Mobbing steht im Raum.
Richterin entscheidet über Entlassung
Schöber wies die Vorwürfe "aufs Schärfste" zurück, er werde rechtlich dagegen vorgehen. Der ORF richtete unterdessen eine Untersuchungskommission ein, die seit Oktober Interviews durchführt. Dem Vernehmen nach sollen rund 50 Mitarbeiter, überwiegend Frauen, ausgesagt haben. Das Ergebnis soll noch diese Woche präsentiert werden.
Beim aktuellen Prozess geht es allerdings nicht um die Vorwürfe gegen Schöber. Der ORF-III-Chef muss als Zeuge zur Nebenbeschäftigung des 37-Jährigen aussagen, mit der die Entlassung begründet wird. Da ein Betriebsrat über einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz verfügt, muss nun die Richterin entscheiden, ob die Gründe dafür ausreichend sind.
Vergleich steht im Raum
"Im Wesentlichen geht es um die Nebenbeschäftigung. Wenn diese vorsätzlich und bewusst nicht gemeldet wurde, ist die eigentliche Tätigkeit (als Cutter) irrelevant", so die Richterin, die weiter ausführte: "Es gibt zwei Möglichkeiten eines Vergleichs: Entweder eine Abfindung oder eine andere Tätigkeit im ORF."
ORF-Anwalt Rupert Schrammel offerierte dem Betriebsrat – ihm wird Untreue im Dienst und Vorteilsannahme vorgeworfen – sechs Monatsgehälter als Abfindung. Dieser will sich – nach Absprache mit GPA-Anwältin Bettina Wucherer – das Ganze noch überlegen. Fortsetzung folgt – am 14. Februar 2025. Neben dem Betriebsrat sollen auch Peter Schöber sowie zwei weitere Zeugen aussagen.
Auf den Punkt gebracht
- Ein 37-jähriger Redakteur und Betriebsrat des ORF wurde entlassen, weil er angeblich eine Nebentätigkeit aus dem Jahr 2019 nicht gemeldet hatte, was er bestreitet und nun vor Gericht anfechtet
- Der Fall wird durch einen langjährigen Konflikt mit ORF-III-Chef Peter Schöber kompliziert, gegen den schwere Vorwürfe wie Diskriminierung und Mobbing erhoben wurden, die jedoch nicht Gegenstand des aktuellen Prozesses sind