Sanktionen als "Sprachturbo"
Ohne Deutsch kein Kindergeld? – Diskussion entbrannt
Ohne Eltern geht es nicht: Experten fordern bessere Sprachförderung für Kinder. Vorschläge wie "Deutschpflicht für Kindergeld" polarisieren.
Sollten Eltern dazu verpflichtet werden, stärker an der Sprachförderung ihrer Kinder mitzuwirken, damit diese vor dem Schuleintritt ausreichend Deutsch sprechen? Eine Idee, die bereits im Fokus einer Kolumne von Niki Glattauer stand, sorgt nun erneut für Diskussionen. Der Vorschlag polarisiert.
Elternbildungs-Pflicht gefordert
Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementarer Bildung Österreichs (NEBÖ) fordert, Elternbildung verpflichtend in den Eltern-Kind-Pass aufzunehmen – ein Dokument, das Voraussetzung für den Bezug der Familienbeihilfe ist. Ob der Bezug von Karenzgeld oder Familienbeihilfe an die verpflichtenden Untersuchungen des Eltern-Kind-Passes gekoppelt werden soll, wird nun evaluiert.
"Deutsch ist unverzichtbar"
"Elternbildung muss ein Element sein. Viele glauben, Kinder lernen Deutsch von allein im Kindergarten oder in der Schule. Doch unter den aktuellen Bedingungen ist das nicht leistbar," warnt Taslimi. Eltern sollen verstehen, dass Zweisprachigkeit zwar wichtig ist, aber Deutsch als Grundlage für die Bildungslaufbahn ihrer Kinder unverzichtbar bleibt. Der Kindergarten, so Taslimi, könne dabei einen "wunderbaren Beitrag leisten", doch das funktioniere nur mit ausreichend qualifiziertem Personal und besseren Rahmenbedingungen.
FPÖ: "Sanktionen könnten als Sprachturbo"
Während die FPÖ Niederösterreich mit drastischen Maßnahmen aufhorchen lässt – "Kein Deutsch, kein Geld", fordert Landtagsabgeordnete Edith Mühlberghuber –, sieht Taslimi die Verantwortung breiter verteilt. "Kinder können sich nicht aussuchen, wo und wie sie aufwachsen. Deshalb sollten auch Kinder aus nicht berufstätigen Familien ganztägig in den Kindergarten gehen können."
Sie betont, dass die meisten Eltern gute Absichten haben. "Die meisten Familien wollen das Beste für ihre Kinder. Es ist wichtig, sie zu unterstützen, anstatt ihnen finanzielle Kürzungen aufzuzwingen."
Warum Sprachprobleme zunehmen
Laut Taslimi liegt das Problem aber nicht nur bei den Eltern. Viele Kinder besuchen die städtischen Kindergärten in Wien nur stundenweise, weil Eltern, die nicht beide berufstätig sind, ihre Kinder oft früh abholen müssen. Mittlerweile dürfen diese Kinder zumindest bis 14 Uhr bleiben, doch die verkürzte Zeit reicht nicht aus, um eine solide Sprachbasis zu schaffen.
Hinzu kommt der akute Personalmangel: Immer mehr nicht geprüfte Pädagogen arbeiten in den Kindergärten, die auf Übergangslösungen setzen müssen. Dabei seien qualifizierte Fachkräfte unerlässlich, um mehrsprachige Kinder effektiv zu fördern. Taslimi sieht darin den Hauptgrund, warum 45 Prozent der Erstklässler in Wien wegen schlechter Deutschkenntnisse dem Unterricht nicht folgen können und als "außerordentliche Schüler" geführt werden.
Kulturelle Unterschiede erschweren Integration
Ein Hindernis sind auch kulturelle Unterschiede, erklärt Taslimi. "In einigen Kulturen, wie bei arabischen Familien, wird Bildung eher als Aufgabe der Schule und nicht der Eltern gesehen." Dies liege daran, dass Bildung in arabischen Ländern oft anders organisiert sei, etwa mit längeren Schulzeiten.
Um solche Unterschiede zu überbrücken, seien gezielte Maßnahmen entscheidend. Frühzeitige Unterstützung durch Initiativen wie 'Frühe Hilfen' könne Familien helfen, eine aktivere Rolle in der Bildungsförderung ihrer Kinder zu übernehmen. Doch hier liegt das Problem: Viele Familien nutzen diese Angebote nicht, da sie von den Betroffenen selbst kontaktiert werden müssen.
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Auf den Punkt gebracht
- Die Diskussion um die Kopplung von Kindergeld an Deutschkenntnisse polarisiert: Während einige Experten wie Natascha Taslimi verpflichtende Deutschförderung im Eltern-Kind-Pass fordern, um die Sprachkenntnisse der Kinder vor Schuleintritt zu verbessern, plädiert die FPÖ für drastische Maßnahmen wie "Kein Deutsch, kein Geld".
- Kritiker warnen jedoch vor sozialen Ungleichheiten und betonen die Notwendigkeit qualifizierter Fachkräfte und besserer Rahmenbedingungen in Kindergärten.