Schuld an allem

ÖVP stürzt ab – Kanzler Nehammer geht auf Medien los

Ob an der schlechten Stimmung im Land, den Umfragewerten der ÖVP oder seinen eigenen Fehlern – an allem sind laut Nehammer die Medien schuld.

Leo Stempfl
ÖVP stürzt ab – Kanzler Nehammer geht auf Medien los
Für Bundeskanzler Karl Nehammer sind die Medien schuld an (fast) allem.
Helmut Graf

Wer ist schuld an der schlechten Stimmung im Land? Die Medien. Wer ist schuld am schlechten Abschneiden der ÖVP? Die Medien. Was war Nehammers größte Fehler? Dieses Urteil überlasse er den Medien. In einer Tonalität, die man sonst nur von FPÖ-Frontmann Herbert Kickl kennt, geht Bundeskanzler Karl Nehammer in einem Interview auf die "vierte Gewalt" los.

Stattgefunden hat dieses Interview im "Kleine-Zeitung-Salon", wo Nehammer gleich einleitend gefragt wurde, ob er sich ungerecht behandelt fühle. "Man darf sich nicht treiben lassen", antwortet er noch nüchtern. Aber sieht er doch nicht bei sich selbst auch Fehler? Was war sein größter? Dieses Urteil überlässt er gerne den Medien.

Medien

Auf die nächste Frage reagiert der Kanzler mit einer Gegenfrage. Wer ist schuld an der schlechten Stimmung im Land und gegenüber der Regierung? "Wer kommuniziert denn die schlechte Stimmung?", antwortet Nehammer und beantwortet sich gleich selbst, indem er von den "einordnenden Medien" die "gemeinsame Verantwortung" als vierte Gewalt einfordert.

Nun denn, genug von Kommunikation, weiter geht es im Interview mit Politischem. Warum liegt die ÖVP seit nunmehr eineinhalb Jahren auf Rang 3, droht mittlerweile sogar, unter 20 Prozent zu fallen; weit abgeschlagen hinter der FPÖ und mittlerweile auch wieder einige Prozentpunkte hinter der SPÖ? Die schuld daran gibt Nehammer – richtig – wieder den Medien. "Die Mitte-Position ist für die Medien nicht so aufregend wie die Radikalen, weil die Mitte nicht so sehr polarisiert", erklärt der Kanzler.

Mäntel

Im "Kleine Zeitung"-Interview geht es schlussendlich dann wirklich um den Bundeskanzler selbst, der sich als Christlich-Sozialer und nicht als Konservativer bezeichnet. Deswegen greift er auch zum Sinnbild des Heiligen Martin. "Der hat seinen eigenen Mantel mit einem Bedürftigen geteilt und nicht, wie es die SPÖ machen will, die Mäntel von 15 anderen zwecks Umverteilung eingesammelt, die dann frieren" (Angemerkt werden muss hier, dass der SPÖ-Forderung zufolge nur 0,5 Prozent des Mantels eingesammelt werden würde).

Kritik am sozialen Standpunkt der ÖVP und dass diese in sozialen Belangen Hinterherhinke übte kürzlich Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl (auch in der "Kleinen"). Der Kanzler sagt darauf, dass das nicht stimme. Die politischen Gegner würden durch Manipulation versuchen, ein falsches Bild zu zeichnen. Immerhin habe auch er selbst früher mit seiner Frau das knappe Haushaltsgeld in Kuverts aufgeteilt.

Nichts Neues gab es in der Causa Sobotka zu sagen. Nehammer findet die Tonaufnahme "demokratiepolitisch wirklich bedenklich" – aber nicht aufgrund des Inhalts, sondern wegen deren heimlichen Zustandekommens. Konsequenzen schloss er aus.

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    Bundekanzler Karl Nehammer lud am Freitag zum "Kanzlergespräch".
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