Gesundheit

Obdachlose von Krebs doppelt so oft betroffen

Eine neue Untersuchung der MedUni Wien analysierte Erfahrungen von obdach- und wohnungslosen Menschen mit und ohne Krebs und zieht traurige Bilanz.

Sabine Primes
Krebs ist bei obdach- und wohnungslosen Menschen die zweithäufigste Todesursache.
Krebs ist bei obdach- und wohnungslosen Menschen die zweithäufigste Todesursache.
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Krebserkrankungen treffen obdach- und wohnungslose Frauen und Männer doppelt so häufig wie die Allgemeinbevölkerung. Die Krankheit ist die zweithäufigste Todesursache in dieser medizinisch unterversorgten Gruppe. Das zeigt eine neue Studie der Medizinische Universität Wien. Es fehle demnach an Bewusstsein und Strukturen für gezielte Krebsvorsorge für jene Menschen.

Die Studie beleuchtete die Problematik in vier europäischen Ländern: Österreich, Griechenland, Großbritannien, Spanien und formulierte Ansätze für die Entwicklung eines Präventionsprogramms. Die Studie ist im Fachjournal eClinicalMedicine erschienen. Das Forscherteam der MedUni Wien analysierte Erfahrungen von obdach- und wohnungslosen Menschen mit und ohne Krebs sowie Fachkräften in Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialdienste. 

Krebs oft viel zu spät entdeckt

Eine wohnungslose Person aus Österreich sprach etwa von einem "Luxus, sich um Vorsorgeuntersuchungen und Check-ups zu kümmern, wenn man noch akute Probleme mit sich herumträgt". Einzelne lokale Initiativen scheitern laut der Untersuchung meist daran, die betroffene Gruppe ausreichend zu erreichen. Oft werde Krebs bei obdachlosen Frauen und Männern erst entdeckt, wenn es notärztliche Versorgung wegen einer anderen akuten Erkrankung oder einer Verletzung braucht. Oder der Tumor ist bereits so weit fortgeschritten, dass er Beschwerden verursacht.

Regelmäßige Behandlungs- oder Nachsorgemaßnahmen würden sich aufgrund der Lebensumstände als schwierig erweisen. Finanzielle oder strukturelle Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem würden Betroffene in einigen Ländern zusätzlich belasten. Das führe dazu, dass diese Bevölkerungsgruppe sich nicht in dem Maße um ihre Gesundheit kümmern können, wie sie nach eigenen Aussagen gerne würden. Die Zugangsprobleme zum Gesundheitssystem sind der Grund, weshalb Erkrankungen erst spät oder überhaupt zu spät erkannt werden. Die durchschnittliche Lebenserwartung von obdach- und wohnungslosen Menschen liegt laut Angaben der Studienautoren bei nur 47 Jahren, wie Daten aus Großbritannien zeigen würden.

Doppelt so oft von Krebs betroffen

Obdach- und wohnungslose Menschen haben insgesamt eine höhere Krankheitslast als der Rest der Gesellschaft. Krebs trifft diese Bevölkerungsgruppe doppelt so oft wie die Allgemeinbevölkerung. Das hängt auch mit erhöhtem Alkohol- und Tabakkonsum zusammen. Andere Gründe sind auch häufiger auftretende Infektionskrankheiten und Mangelernährung in Kombination mit den beschriebenen Zugangsbarrieren zum Gesundheitssystem.

Mehr zum Thema