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Nokia 8110 als Retrogerät für gelassene Telefonierer

Als "Bananenhandy" ging 1996 das Nokia 8110 in die Technik-Geschichte ein. Nach dem 3310 hat HMD Global nun das 8110 neu aufgelegt.

Heute Redaktion
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Bis auf das Aussehen hat das Nokia 8110 4G nicht mehr viel mit dem Original gemeinsam. Für 89 Euro gibt es das Gerät in typischem Bananengelb oder Schwarz nun mit App-Store-Unterstützung, 2 MP Kamera, Qualcomm 205 Mobile Plattform Chip, Wifi-Anbindung, VoLTE, und Farbdisplay. Technisch unterdurchschnittlich, doch der Reiz des Retro-Geräts besteht.

Die Verarbeitung der Neuauflage ist gut, das matte Kunststoffgehäuse ist grifffest und nimmt weniger Abdrücke und Kratzer an als man erwarten würde. Auch die Schiebeklappe rastet fest ein und wackelt nur etwas – sie dürfte auch die für Schäden anfälligste Stelle des Smartphones sein. Dennoch scheint das Handy mehr aushalten, als aktuelle Glas-Smartphones und gerade durch die Krümmung des ganzen Handys ist das Display zu einem gewissen Grad geschützt.

Am rechten oberen Geräterand findet sich ein Power-Knopf, an der Oberseite ein herkömmlicher Kopfhöreranschluss und daneben ein Micro-USB-Port zum Laden. Gespräche werden angenommen, indem man den Deckel nach unten schiebt und die Tastatur darunter freilegt. Etwas gewöhnungsbedürftig: Lautstärketasten finden sich am Handy keine, so funktioniert die Einstellung umständlich übers Menü. Nicht der einzige Punkt, der für einige Nutzer frustrierend sein könnte. Das Nokia 8110 ist eben ein Gerät für Gelassene.

Schmale Navigationstaste, langsame Eingabe

Schwierigkeiten dürften Nutzer mit dickeren Fingern haben, wenn es um die Navigation geht. Die normalen Tasten sind zwar groß genug und leicht zu erreichen, die Navigationstaste rund um den Mittelknopf ist aber so schmal und steht nur minimal hervor, dass es zum Glücksfall wird, nicht eine andere Taste gleichzeitig zu drücken. Oder man benutzt den Fingernagel – fraglich ist, ob das auf Dauer der Taste schadet.

Endgültig die Nerven wegschmeißen werden Smartphone-Verwöhnte, wenn es ums Tippen geht. Hier gibts keinen Touchscreen, Buchstaben müssen einzeln über die Nummerntasten eingegeben werden. Samt Zeitverzögerung! Bedeutet: Für ein "c" drückt man drei Mal die Ziffer 2, für ein "s" vier Mal die Ziffer 7 und so weiter. Zwischendurch wartet man ab, bis der gewünschte Buchstabe endlich am Display erscheint. Nicht nur Retro-Look also, sondern auch Retro-Nutzung. Immerhin: 4G ist vorhanden und das Betriebssystem KaiOS übersichtlich.

Technisch nicht mehr viel gemein

Angetrieben wird das Nokia 8110 4G durch die Qualcomm 205 Mobile Platform, der Bildschirm liefert Farbe, Snake gibt es in einer neuen bunten Version und es ist eine Kamera vorhanden. Diese verfügt zwar nur über 2 MP und einen LED-Blitz, dafür werden deren Aufnahmen aber überraschend gut und Videos sind ebenfalls bedingt brauchbar. Mit Bildern und Clips von Einsteiger-Smartphones kann man sie allerdings nicht vergleichen, da ist der Qualitätsunterschied deutlich sichtbar.

Auch bei den Apps muss man gelassen bleiben. Neben Snake gibt es eine abgespeckte Google-Maps-Version, Outlook Exchange, Wetter-Anwendung und YouTube. Facebook? Instagram? Netflix? Spotify? WhatsApp? Fehlanzeige! Zumindest die Hoffnung besteht, dass diese noch dem App Store hinzugefügt werden. Dafür, dass man nicht viel mit dem Gerät machen kann, hält der wechselbare 1.500-mAh-Akku auch ewig. Im Test gab er bei durchschnittlicher Nutzung erst nach vier Tagen auf.

Kein Handy für jeden

Das Nokia 8110 4G lässt eine etwas ältere Handy-Generation in Retro-Gefühlen schwelgen, dürfte aber der Albtraum jener Generation sein, die mit Touchscreen-Tippen, WhatsApp und Instagram groß geworden ist. Massentauglich wird das neue 8110 auf keinen Fall sein, dennoch ist das Gerät für einige Nutzergruppen durchaus sinnvoll.

Klasse ist das 8110 als Zweitgerät neben dem Smartphone. Die Dual-SIM-Ausstattung (MicroSIM und NanoSIM) lässt schnell eine SIM-Karte aus dem Hauptgerät ins 8110 wechseln und man kann es ins Schwimmbad, zum Festival oder zum Zelten einstecken, um erreichbar zu sein und sein möglicherweise teureres Hauptgerät nicht zu gefährden.

Im Test zeigte sich aber noch ein zweiter Nutzen: Digital Detox. Wer das 8110 nutzt, hängt nicht ständig über Dutzenden Apps und scrollt sich durch Hunderte Feeds, sondern legt das Gerät zur Seite und genießt das echte Leben. Und wenn es auch nur für einen Tag pro Woche oder das Wochenende ist.