FP-Chef sei nicht zu vertrauen

"Nicht akzeptabel": Sobotka rechnet jetzt mit Kickl ab

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka lehne Herbert Kickl als Kanzler klar ab. Eine Koalition mit der FPÖ ohne ihn sei aber möglich.

Lukas Leitner
"Nicht akzeptabel": Sobotka rechnet jetzt mit Kickl ab
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka scheidet in der nächsten Legislaturperiode aus dem Nationalrat. In einem Interview rechnete er nun mit der FPÖ ab.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Die Stimmen der Nationalratswahl sind ausgezählt, das Volk hat entschieden und die FPÖ zum Wahlsieger gekürt. Chef Herbert Kickl konnte die von Jörg Haider gesetzten Parteirekorde brechen und fuhr den Freiheitlichen fast 30 Prozent ein – für die Blauen ein historischer Erfolg. Zeitgleich wurde die türkis-grüne Regierung abgewählt, verlor enorm an Zuspruch. Die ÖVP schafft es nur auf Platz zwei und verlor 11 Prozent, die SPÖ fällt auf den dritten Platz zurück.

Jetzt geht es um die Regierung. Einen Auftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen gab es aber noch nicht, er wolle zuerst mit allen Partei-Chefs ein persönliches Gespräch führen. Herbert Kickl war am Freitag bei ihm zu Gast, in den kommenden Tagen folgen die anderen Spitzenpolitiker.

Usancen weiterhin befolgen

Ein weiterer entscheidender Aspekt wird auch die Besetzung des Amtes des Nationalratspräsidenten sein. Bislang ist es gelebte Praxis, dass die stimmenstärkste Partei den Vorschlag für diesen Posten bringen darf. Wolfgang Sobotka (ÖVP), der aktuell dieses Amt bekleidet, in wenigen Wochen sich aber aus dem Nationalrat zurückzieht, sehe es als notwendig, dass diese Usance des Parlaments auch weiterhin befolgt wird.

"Es obliegt der stimmenstärksten Partei, einen Vorschlag für den 1. Nationalratspräsidenten zu unterbreiten. Dann folgt eine geheime Abstimmung und man wird sehen, ob die Abgeordneten den FPÖ-Vorschlag akzeptieren können", betonte er im Interview mit der "Krone".

Derzeit bekleidet Norbert Hofer das Amt für die FPÖ, ist dritter Nationalratspräsident. Ein Comeback zu diesen Posten wird es aber nicht geben, denn er verkündete, dass er Spitzenkandidat für die Landtagswahlen im Burgenland sein werde. Gemunkelt wird nun, dass sich Volksanwalt Walter Rosenkranz für die Rolle als Nationalratspräsident anbiete.

Hat sich viel verändert

Außerdem gab es im Interview erneut eine klare Ablehnung gegen die FPÖ und Chef Herbert Kickl. In den letzten Jahren habe sich in der FPÖ einiges verändert, die Partei sei ein Feindbild geworden, die Wähler aber nicht. "Es gibt einen Unterschied zu dem, was die Wähler mit ihrer Stimme zum Ausdruck bringen wollen und was die Funktionäre als ihr Selbstverständnis sehen", führte Sobotka aus.

Verändert habe sich seit Strache in der Partei einiges. "Die Nicht-Abgrenzung zum extremsten rechten Rand. Wer die Identitären als NGO bezeichnet, ist nicht akzeptabel. Wer Europa als Gefahr sieht, ist nicht akzeptabel. In diesem Punkt hat sich die FPÖ seit Strache sehr verändert. Wer Pandemien verharmlost und mit Entwurmungsmittel versucht zu bekämpfen, der hat eine Basis verlassen. Das Ibiza-Video war eine Zäsur. Da gab es einen Wandel in der Funktionärsschicht", erklärte der Nationalratspräsident.

Ablehnung der Person Kickl

Rund um die Regierungsbildung brodelt aktuell die Gerüchteküche. Kickl betonte noch am Samstag, dass er Van der Bellen im persönlichen Gespräch klargemacht habe, dass die Freiheitlichen in einer Regierung sitzen möchten, mit Herbert Kickl an der Spitze als Bundeskanzler. Die SPÖ und ÖVP scheinen aber die FPÖ vorerst zu ignorieren und planen schon ein geheimes Treffen am Dienstag.

Ob es zu einer möglichen Dreierkoalition komme, wollte Sobotka nicht beantworten. "Jetzt ist der Bundespräsident am Wort. Usance ist es, dem Ersten den Auftrag zur Sondierung zu überantworten. Welche Formen sich ergeben, wird man sehen", betonte er.

Dennoch lehne auch er eine Regierung mit Kickl ab. "Die Haltung des Bundesparteiobmannes zu Herrn Kickl ist klar. Es ist eine Ablehnung der Person und die teile ich zu 100 Prozent. Es geht um seine Haltung. Und als Innenminister hat er das BVT zerstört. Ein Mensch, der inhaltliche Dinge so beschreibt, wie es ihm passt, dem ist nicht zu vertrauen. Wie soll man mit so jemandem eine Regierung bilden?", so Sobotka.

Der SPÖ ausgeliefert?

Durch diese Haltung gegenüber dem Wahlsieger würde man sich aber der SPÖ ausliefern – einen anderen Weg zur Regierungsbank gibt es nicht. Das sehe Sobotka anders, immerhin würde man nicht die ganze FPÖ ausschließen.

"Der Kanzler hat es immer klar gesagt, dass er nur Kickl ausgeschlossen hat. Nicht die Partei per se. Gleiches gilt für Frau Gewessler bei den Grünen. Die ÖVP hat als Partei der Mitte schon mit vielen koaliert. Wir haben in Führungsrollen als auch in der zweiten Reihe mitgestaltet. Wir bedienen nicht von vornherein nur eine Schlagseite", erklärte Sobotka.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Die Nationalratswahl hat die FPÖ unter Herbert Kickl zum Wahlsieger gemacht, während die ÖVP und SPÖ deutliche Verluste hinnehmen mussten
    • Bundespräsident Alexander Van der Bellen führt nun Gespräche mit den Parteichefs, um die Regierungsbildung zu klären, wobei es erhebliche Vorbehalte gegen Kickl gibt, insbesondere von Seiten der ÖVP
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