Spiele-Test
"News Tower" ist eine Sim voll Medien, Mafia und Macht
Egal ob du dich zum Pulitzer-Preis schreiben oder das Sprachorgan der Mafia werden willst: Die komische Simulation "News Tower" macht es möglich.
In "News Tower" aus den Häusern Sparrow Night und Twin Sails Interactive schlüpfen Spieler in die Rolle eines Verlegers in den 1930ern, in der Hochzeit der Printmedien. In dieser Zeit darf man entscheiden, ob man mit seinem eigenen Medienhaus mit beinharten Enthüllungs-Storys den Pulitzerpreis holen will – oder doch lieber mit Geschichten über entlaufene Hunde die wichtigen Geschehnisse unter den Teppich kehrt und damit den Mächtigen oder der Mafia in die Hände spielt. Mitten in New York darf man spielerisch die Titelseite des Tages bestimmen.
"News Tower" ging für den PC auf Steam nun in den Early Access, wird also noch Veränderungen durchmachen und neue Inhalte bekommen. Neu mit Start in den Early Access ist etwa eine deutsche Sprachversion des Spiels. Die erklärt und in einem nett animierten Intro auch gleich, dass wir einer Familie, die als Einwanderer in New York landete, entstammen, deren großer Traum es war, einen eigenen Zeitungsverlag zu gründen. Den dürfen wir auch gleich selbst benennen, bevor das Spiel plötzlich ein Jahrzehnt nach vorne springt.
Alles startet mit einem verwüsteten Bürogebäude
Und diese Zeit hat es gut gemeint mit dem Medium, das für zahlreiche Scoops bekannt wurde. Doch wie das Leben so spielt, wird unser Vater als Verleger in sein Heimatland zurückgerufen und seinem Bruder scheint das Feuer zu fehlen, das in einer Zeit der Wirtschaftskrise gebraucht werde. So landet das Verlagszepter samt einem Ticket nach New York bei uns und wir sollen die Zeitung übernehmen. Eingeschult werden sollen wir von der Sekretärin, die ist aber gleich damit beschäftigt, die Polizei durch ein von einem Mob verwüstetes Bürogebäude zu führen.
Schnell wird klar: Unser Onkel scheint ein paar dubiose Geschäfte geführt und Schulden ohne Ende angehäuft zu haben. Statt einer erfolgreichen Zeitung übernehmen wir danach ein marodes Medienhaus und sollen alles versuchen, das Unternehmen zu retten. Dazu bleiben uns nur noch zwei Mitarbeiter, der Telegraf Blazanov und der Redakteur Dennis, übrig. Gesprochen wird in "News Tower" übrigens nicht, die Handlung wird in Textform über kleine Sprechblasen erzählt. Dazu gibt es stimmungsvolle Hintergrundmusik und unaufdringliche Soundeffekte.
Intuitive Steuerung und nettes Game-Tutorial
Das Tutorial ist gleichzeitig der Start des Games, Maus- und Tastaturbefehle werden eingeblendet und erste Aufgaben werden vorgegeben, bis man die Grundlagen gelernt hat. Danach dürfen sich Spieler frei austoben und werden nicht mehr vom Spiel an die Hand genommen. So kann man den Redakteur auf einer Weltkarte zu Recherchetrip schicken und Blazanov internationale Storys recherchieren lassen. Währenddessen werden im Medienhaus die maroden Drucker- und Setzer-Maschinen ersetzt. Wichtig dabei ist immer der Zeitfaktor.
Einerseits muss man eine Deadline für die Printausgabe der Zeitung einhalten, während Recherche-, Tipp- und Setzarbeiten immer eine bestimmte Zeit verbrauchen. Andererseits müssen neue Mitarbeiter eingestellt werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, während das Budget gerade zu Beginn stark begrenzt ist. Soweit, so realistisch. "News Tower" hat als Wirtschaftssimulation aber auch eine vollkommen absurde und saukomische Seite, die sich schnell zeigt. Dann nämlich, wenn Mafia und Machthaber bei den Nachrichten mitmischen.
Selbst kleine Dinge haben sehr große Auswirkungen
Generell aber ist "News Tower" eine zweigeteilte, überraschend komplexe Wirtschafts-Sim. Im einen Teil geht es um den Aufbau eines Nachrichtennetzwerks mit entsprechenden Elementen. Räume wie Büros müssen nicht nur eingerichtet, sondern auch nach Produktivitäts- und Qualitätskriterien angeordnet werden. So schreiben Redakteure besser, wenn sie nicht von Telegrafen-Geklapper oder Druckerei-Krachen gestört werden. Zudem beeinflussen kleinste Details wie der Komfort der Bürostühle oder die Art der Schreibmaschinen die Produktivität.
Gleichzeitig darf man auch das Büro immer weiter ausbauen, indem man die eingenommenen Gelder in neue Stockwerke investiert, bis tatsächlich ein "News Tower" entsteht. Zudem muss man sich darum kümmern, dass die neuen Mitarbeiter in den Bereichen arbeiten, in denen sie die meiste Erfahrung und Motivation mitbringen. So wird ein angehender Sport-Reporter im Wirtschafts-Ressort versauern, während ein politisch engagierter Journalist im passenden Bereich zur Höchstform auflaufen kann. Dahinter verbirgt sich aber auch ein Kritikpunkt.
Wunderbar komplex und herrlich witzig erzählt
Manchmal ist es einfach unmöglich, herauszufinden, warum einer der Mitarbeiter gerade unzufrieden mit seinem Tätigkeitsfeld ist – entsprechend wird es nicht selten zum Zufalls-Spiel, an welchen Schrauben man dreht und was man damit bewirkt. Hier müssen die Entwickler noch nachbessern. Der zweite Teil der Simulation dreht sich wiederum um die Produktion der Printausgabe, die jeden Sonntag fertig sein muss. Das reicht vom Ansetzen eines Reporters auf eine der vielen potenziellen Sensationsmeldungen bis hin zum Platzieren der Geschichten.
Auch dieser Gameplay-Loop zeigt sich wunderbar komplex und herrlich erzählt, "News Tower" bricht aus den typischen Simulations-Mechaniken aus und wagt zum Glück Neues. Nach und nach breitet man sich mit einem Upgrade- und Missions-Abarbeitungs-System in immer mehr Stadtbezirke aus, und heimst sich dadurch auch Probleme mit Politikern und der Mafia ein. Die nämlich würden es gerne sehen, wenn Recherchen verbrannt werden – und sind bereit, dafür gutes Geld zu bezahlen oder aber im gegenteiligen Fall unsere Zeitung zu Fall zu bringen.
Je nachdem, ob man der Wahrheit verpflichtet bleibt oder sich mit zwielichtigen Gesellen einlässt, machen auch die Mitarbeiter eine Persönlichkeits-Entwicklung durch. Das kann sogar so weit führen, dass unsere Sekretärin in unserem Medien-Imperium die Fäden zieht, während nach außen hin eine Truppe von Pulitzer-Preisträgern unser Image sauber hält. Das macht trotz einiger Gameplay-Schnitzer einfach riesig Spaß und es ist erfrischend zu sehen, dass "News Tower" bereits im Early Access kreative Simulations-Wege beschreitet.