Wirtschaft

Nestlé gegen Warnhinweise auf ungesunden Lebensmitteln

Weil der Konzern viel Geld mit ungesundem Essen verdient, kämpft Nestlé gegen Nährstoff-Hinweise auf Lebensmittelverpackungen. Mexiko wehrt sich.

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Nestle kämpft gegen die Lebensmittelangaben, egal ob es sich um Fett oder Zucker handelt.
Nestle kämpft gegen die Lebensmittelangaben, egal ob es sich um Fett oder Zucker handelt.
LAURENT GILLIERON / Keystone / picturedesk.com

Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 sind 38 Prozent der mexikanischen Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren übergewichtig oder fettleibig. Insgesamt sind sogar mehr als 75 Prozent der mexikanischen Bevölkerung zu dick, und mehr als die Hälfte der Todesfälle stehen im Zusammenhang mit schlechter Ernährung, wie SRF schreibt.

Kalorien-, Fett- und Zuckergehalt

Diese schockierenden Zahlen brachten die Regierung zum Handeln: Man beschloss, dass Lebensmittel mit Hinweisen zu deren Kalorien-, Fett- und Zuckergehalt versehen werden müssen, um die Bevölkerung angemessen zu informieren – etwas, was in Österreich schon lange Standard ist.

Doch schon bald schalteten sich Lebensmittelgiganten wie Nestlé ein, um die Maßnahmen anzugreifen. Im mexikanischen Parlament und bei der Welthandelsorganisation (WTO) argumentierten Lobbyisten, die Kennzeichnungen stellten ein Handelshemmnis dar.

Profit gegen Gesundheit

Die Nichtregierungsorganisation Public Eye weiß, dass Nestlé mit Nahrungsmitteln, denen in Mexiko warnende Nährstoff-Hinweise drohten, 2019 mehr als eine Milliarde Euro Umsatz machte. Deshalb sollten auch Zulieferer die Regierung zum Überdenken der Maßnahmen auffordern. Das Argument: Konsumentinnen und Konsumenten seien nicht imstande, die Hinweise korrekt zu lesen, und es seien letztlich Arbeitsplätze bedroht.

Nestlé sind die Warnhinweise solch ein Dorn im Auge, dass man sich auch ans Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) wandte. Dies geht aus dem Mailverkehr zwischen Nestlé und dem Seco hervor, welcher dem SRF vorliegt. Und tatsächlich interveniert das Seco auf Ebene der WTO und im Gesetzgebungsprozess Mexikos und folgt der Argumentation des Nahrungsmittelkonzerns – und dies ohne vorherige Absprache mit der Branche.

"Seco handelt so, wie es Nestlé will"

Das Schweizer Außen-Departement EDA ist überrascht, dass sich das Seco eigenmächtig zu dieser Aktion entschieden hat. Ein Eingreifen des Seco müsste nämlich in Zusammenarbeit mit den betroffenen Schweizer Unternehmen erfolgen, wie aus dem E-Mail-Verkehr zwischen EDA und Seco hervorgeht.

Für Timo Kollbrunner, der für Public Eye arbeitet, sind die Verhältnisse klar: "Letztlich diktiert Nestlé, wo die Probleme sind. Seco fragt bei Nestlé nochmals nach, wo man intervenieren soll. Dann wird es genau so gemacht, wie der Konzern vorschlägt." Dies sei zwar nicht illegal, aber doch problematisch, weil ein Großkonzern direkt politische Positionen der Schweiz bestimme. Das Seco weist solche Vorwürfe von sich: "Das Seco handelt nicht im Auftrag von Nestlé oder eines bestimmten Unternehmens. Das Seco berücksichtigt begründete Anliegen von Nestlé, wie auch von allen anderen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Fettsucht-Epidemie

Der stellvertretende Gesundheitsminister Mexikos, Hugo Lopez-Gatell, ist konsterniert über diese Abläufe: "Nationale und globale Wirtschaftsakteure sollten nicht die öffentliche Politik bestimmen." Und das Verhalten der Lebensmittelkonzerne kritisiert er als egoistisch und unverantwortlich: "Die Ursache der Fettsucht-Epidemie ist das Überangebot und der Überkonsum genau derjenigen Produkte, welche diese Unternehmen herstellen."

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