Niederösterreich
Mutter klagt an: "So wurde mit tauben Kind umgegangen"
"Es ist ein Wahnsinn, wie hier mit kranken Kindern umgegangen wird", klagt eine Mutter aus NÖ. Von der Geburt an habe es nur Pannen gegeben.
Die Eltern des kleinen Simon (Name auf Wunsch geändert) prangern das heimische Gesundheitssystem sowie das Kinderbetreuungsangebot an: Personalmangel, zu wenig Mediziner, lange Wartezeiten, präpotentes und überfordertes Personal sowie gewinnorientierte Kleinkindergruppen.
"Sch***, der ist besetzt"
Schon bei der Geburt des kleinen Simons im Landeskrankenhaus Wiener Neustadt habe es mehrere Ärgernisse gegeben: Unfreundliche Krankenschwestern und überforderte Ärzte. "Meine Frau wurde nach der Geburt von einer älteren Schwester derart angeschrien. Als meine Frau sie bat das Zimmer zu verlassen, motzte sie herum", so der Vater.
Drei Tage nach der Geburt sollte das Kind einen Hörtest im Spital Wr. Neustadt machen. Als die Eltern der Spitalsbediensteten in einen speziellen Raum folgen sollten, hieß es nur: "Sch****, der Raum ist besetzt". Der Hörtest sei schließlich notdürftig am Gang erfolgt. "Der Getränkeautomat war derart laut, ich kann mir als Laie nicht vorstellen, dass dies nicht beeinträchtigend war", so die Mutter.
Im zarten Alter von zwölf Monaten griff sich Simon immer wieder verdächtig-beängstigend an die Ohren. Die Eltern fuhren mit dem Kleinen zum Kinderarzt. "Wir wurden aber nicht ernstgenommen, bekamen aber immerhin eine Überweisung zu einem HNO-Arzt", schildert das Elternpaar. Der Mediziner stellte Rötungen sowie einen Paukenerguss fest, wies das Kind zwecks BERA-Test (Anm.: brainstem evoked response audiometry, Hirnstammaudiometrie) einem Spital zu.
Test abgebrochen
Der damals 18 Monate alte Simon habe sich gegen den für ihn äußerst unangenehmen Test im Klinikum Wr. Neustadt gesträubt. "Wie unfreundlich das Personal zu uns war, ist unter aller Kritik", schüttelt die Mutter nur den Kopf. Daraufhin brach die Mutter den Test kurzerhand ab.
Schließlich begaben sich die Eltern samt Simon notgedrungen erneut ins Klinikum Wr. Neustadt. Dort wurde, wie schon von der HNO-Ärztin zuvor, zu einer Operation geraten. "Obwohl unser Kind faktisch taub war und in der wichtigen, verbalen Entwicklungsphase steckte, wurde uns erklärt, dass aber kein Termin frei sei." Wartezeit: Bis zu einem Jahr.
„NÖ, Wien, Burgenland, Steiermark - das Beste was rausschaute, war ein OP-Termin in cirka 8 Monaten. Aber Brüste vergrößern geht sofort. Da fragt man sich schon“
Die Eltern setzten daraufhin alle Hebel in Bewegung, fuhren ins Burgenland, nach Wien und sogar in die Steiermark. "Das Beste, was dabei rausschaute, war ein OP-Termin in vielleicht acht Monaten", berichtet der Vater. "Da fragt man sich schon was mit unserem Gesundheitssystem los ist. Aber Brüste vergrößern geht mitunter noch am selben Tag", meinen die Eltern.
1-jähriges Kind wird nicht operiert
Schließlich bekamen die Eltern den Tipp, ins Krankenhaus Oberwart (Burgenland) zu fahren. "Da meine Frau bereits eine Mega-Odyssee hinter sich und das Kind von Arzt zu Arzt geschleift hatte, versuchten wir im Vorfeld alles, und zwar wirklich alles, abzuklären", berichtet der Vater. Den Eltern sei schließlich mitgeteilt worden, dass es im Spital Oberwart keine Wartelisten gäbe und nach Priorität operiert werde. "Meine Frau fuhr also nach Oberwart, wo sie nach drei Stunden drankam. Und ohne jegliche Untersuchung erklärte eine Ärztin sofort, dass sie ein einjähriges Kind prinzipiell nicht operiere", so der Vater fassungslos.
Dass Simon bereits 22 Monate alt war und somit faktisch zwei Jahre alt, habe nicht gezählt. "Vor dem sechsten Lebensjahr hat so ein Eingriff keine Priorität", soll die Ärztin gemeint haben. Die leidgeprüfte Mutter fuhr also erneut ins Spital Wr. Neustadt und bestand auf einen OP-Termin. Dabei wurde in der Folge ein Trommelfellschnitt beidseitig durchgeführt und das Sekret wurde abgesaugt. "Weiters wurden die Polypen aus dem Rachenraum entfernt", sagt der Vater. Zum Glück für die Familie glückte der operative Eingriff.
Tasche, Windeln in die Hand und Ciao
Doch die nächste Schocknachricht wartete bereits: Der Kinderbetreuungsplatz für Simon wurde gekündigt. "Leider hat sich die Krankheit und einige ungünstige Verteilungen von Betriebsurlauben und Feiertagen negativ auf die Eingewöhnungszeit unseres Kindes ausgewirkt. In seiner Gruppe waren zudem fast nur Kinder, die schon länger in Betreuung waren. Somit wurden wir ohne Vorwarnung fristlos rausgeworfen - Taschen und Windeln in die Hand und Ciao", meint der Vater.
Lange Wartezeiten auf Operationen
Wartezeiten von einem Jahr oder länger auf eine neue Hüfte oder ein Kniegelenk sind mittlerweile nicht bloß die Ausnahme
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Das Problem sei Simons Unruhe gewesen. "Uns wurde fristlos gekündigt, obwohl der Vertrag eine dreimonatige Kündigungsfrist vorsieht. Väterlichseits gibt es keine Großeltern mehr und mütterlichseits leben die Großeltern rund 200 Kilometer entfernt. Ich glaube, es war der Geschäftsführung ein Dorn im Aug, dass unser Kind nur bis Mittag da war und somit ein Ganztagsplatz verbaut war. Es ist schlimm wenn sowas nur gewinnorientiert geführt wird", so die Eltern.
"Wir hätten grundsätzlich auch kein Problem damit gehabt, namentlich genannt zu werden, haben aber doch die Sorge, dass sie Sache nach hinten los gehen könnte und wir nur erschwert einen neuen Betreuungsplatz bekommen", meinen die Eltern abschließend.