Neue Zölle
"Müssen antworten": Schallenberg-Ansage nach Trump-Sieg
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gab am Samstag einen Ausblick, was der Wahlsieg von Donald Trump für Österreich und Europa bedeutet.
Am 5. November bebte es in den USA – Donald Trump wurde erneut zum US-Präsidenten gewählt. Zu dem von den Medien angesagten knappen Duell zwischen ihm und seiner demokratischen Kontrahentin Kamala Harris kam es nicht – Trump fuhr einen Erdrutschsieg ein.
Schallenberg sei froh über deutliches Ergebnis
Im "Ö1 – Journal zu Gast" zeigte sich auch Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) über die "Deutlichkeit des Ergebnisses" überrascht. Er sei aber froh gewesen, dass es gerade eben so klar war. "Ich glaube, es wäre das schlimmste Ergebnis gewesen, dass wir wochenlang eine Diskussion gehabt hätten, wer jetzt wirklich gewonnen hat", betonte er.
Mit dem Sieg von Trump werde sich Europa neu positionieren, hat das aber schon in den letzten Jahren getan. "Es (Anm. Red.: Europa) ist nicht dasselbe wie das vor 8 Jahren, als Trump das erste Mal ins Weiße Haus einzog. Wir haben einen Krieg im Kontinent, die Staaten in Europa haben ihr militärischen Ausgaben erhöht", erklärte der Außenminister. Zudem würden Autokratien wie Russland und China unser Lebensmodell herausfordern.
"Ein Anruf wird nicht reichen"
Im Wahlkampf sagte Trump immer wieder, dass er den Krieg in der Ukraine mit einem Anruf beenden werde. Für Schallenberg sei es aber wichtig, dass man dabei nicht über die Ukrainer hinwegblicken dürfe. "Es ist alleine an ihnen zu sagen, wann sie bereit sind, den Weg zum Verhandlungstisch zu finden", so der Außenminister.
Den Krieg tatsächlich zu beenden, könne nur eine Person – Wladimir Putin. Dass es zudem nur einen Anruf aus Washington dafür brauche, daran glaube Schallenberg nicht.
Mit Prophezeiungen über Trumps nächste Schritte zur Unterstützung der Ukraine von Seiten der USA wolle Schallenberg vorsichtig vorgehen. "Ich glaube, wir sollten nicht erwarten, dass mit dem ersten Tag alles anders wird. Es wird sicher einen neuen Ton geben, aber die geostrategische Ausrichtung wird sich nicht über Nacht ändern", erläuterte der Außenminister.
"Kühlen Kopf bewahren"
Weiters betonte Trump immer wieder, dass er NATO-Mitglieder nicht unterstützen werde, die nicht zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zahlen. Für Schallenberg zeige sich dabei, dass die USA weiterhin fordert, dass sich die NATO-Partner mehr um ihre eigene Sicherheit sorgen sollen. Neu sei das laut dem Außenminister aber nicht, diese Meinung hätten auch andere Präsidenten vor Trump vertreten.
Weiters würde die USA wissen, dass die NATO gerade in Betracht auf China, eine wesentliche Sicherheit für die USA darstelle. Jetzt müsse man "Nerven und einen kühlen Kopf bewahren".
Kein Grund über Neutralität zu diskutieren
In Österreich werde es aber keinen Grund geben, über die Neutralität diskutieren zu müssen. "Wir haben beim Angriffskrieg eine klare Position bezogen, wir unterstützen humanitär, aber keine Waffenlieferung", stellte der Außenminister klar. Trittbrettfahrer sei Österreich damit keiner.
"Eine Debatte, die aber sinnvoll ist: Neutralität bedeutet nicht, dass man sicher ist. Ich glaube, die Aufstockung des Verteidigungsbudgets war eine wichtige Sache", betonte Schallenberg. Eine Debatte NATO versus Neutralität halte der Außenminister für unsinnig.
Müssen "aliquot antworten"
Auf Trumps geplante Zölle auf alle europäischen Produkte müsse Europa "selbstbewusst reagieren". Einen Handelskrieg mit den USA dürfe man nicht provozieren, denn davon würde nur China profitieren. Vor amerikanischen Maßnahmen sollte man aber nicht zurückschrecken, sondern "aliquot antworten".
In der Außenhandelspolitik müsse man gemeinsam als EU auftreten. So könne man den europäischen Markt am besten verteidigen. Bevor man aber erste Schritte setze, gelte es abzuwarten und zu sehen, mit welchem Team sich Donald Trump aufstellen werde.
Rasche Klarheit in Deutschland
Auch in Deutschland ist die politische Lage angespannt – die Ampel-Regierung löste sich im Verlauf der Woche auf. Die Entwicklungen seien auch wirtschaftlich von imminenter Bedeutung. Schallenberg hofft auf eine rasche, stabile Regierung – man brauche die deutsche Stimme auch auf europäischer Ebene. Das Interesse nicht nur von Deutschland, sondern auch von Österreich sei, dass es zu einer "raschen Klarheit" komme.
Situation im Nahen Osten "zum Zerreißen angespannt"
Trump kündigte aber nicht nur in der Ukraine ein rasches Ende des Krieges an, sondern auch eine Lösung des Nah-Ost-Konflikts. Die Zusammenarbeit und die strategische Partnerschaft zwischen den USA und Israel sei stark, so Schallenberg. Die Situation sei zum "Zerreißen angespannt". "Es könnte irgendwann außer Kontrolle geraten. Ich glaube, wir müssen alles tun, dass es zu einem Waffenstillstand kommt und die Geisel befreien", fuhr er fort.
Zudem müsse man auch den Libanon stärken und in den Gebieten der Hisbollah für "Recht und Ordnung" sorgen. Auch hier werde es nicht mit einem Telefonat aus Washington getan sein, ist sich der Außenminister sicher.
"Kein Wenn und Aber"
Eine der Konsequenzen des Nah-Ost-Konflikts ist der steigende Antisemitismus. Gerade aus österreichischer Sicht dürfte es hier aber "kein Wenn und Aber geben", stellte Schallenberg klar. Die jüngsten Bilder aus den Niederlanden seien schockierend. Die Leute müssen vor Gericht gebracht werden. Man dürfe nicht müde werden, den schleichenden Antisemitismus zu bekämpfen, vor allem in Österreich.
In Österreich wird zeitgleich über eine neue Regierung verhandelt – ÖVP und SPÖ befinden sich mitten in den Sondierungsgesprächen. Die Frage, ob Schallenberg erneut Außenminister werden wolle, stelle sich aktuell aber noch nicht. Es gelte abzuwarten, betonte er. Wenn er gefragt werden würde, müsste er es sich erst überlegen, ob er sein Amt weiter führen werde. "Es kommt auf die Umstände an", so Schallenberg.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Außenminister Alexander Schallenberg äußerte sich nach dem Wahlsieg von Donald Trump über die Auswirkungen auf Europa und Österreich
- Er betonte die Notwendigkeit einer selbstbewussten Reaktion auf mögliche US-Zölle und die Bedeutung einer stabilen deutschen Regierung, während er gleichzeitig die Herausforderungen im Nahen Osten und die Wichtigkeit der Neutralität Österreichs hervorhob