Plötzliche Rheuma!

"Mit 41 wurde mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt"

Ariane Schrauf bekam in relativ jungem Alter die Diagnose Rheuma. Die Alleinerziehende erzählt, mit welchen Herausforderungen sie nun leben muss.

Wien Heute
"Mit 41 wurde mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt"
Bei Ariane Schrauf wurde mit 41 Jahren eine seltene rheumatische Erkrankung diagnostiziert.
Helmut Graf

Knapp 300.000 Menschen in Österreich leiden an einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung. Rheuma ist ein Überbegriff für 400 verschiedene Erkrankungen, hinter denen sich die unterschiedlichsten Ursachen verstecken können. Hingegen der allgemeinen Meinung ist Rheuma nicht nur eine Gelenkerkrankung älterer Menschen. Die entzündliche Systemerkrankung kann tatsächlich in jedem Lebensalter auftreten.

"Plötzlich geschwollene Knie"

Eine der jüngeren Betroffenen ist die Burgenländerin Ariane Schrauf. Sie schildert, wie die Diagnose "Diffuse systemische Sklerodermie" – eine seltene rheumatische Erkrankung –, ihren kompletten Alltag auf den Kopf gestellt hat. Als die ersten Beschwerden auftraten, lebte die damals 41-Jährige mit ihrem Sohn alleine im Burgenland. "2017 traten bei einem Berlinbesuch erste gesundheitliche Probleme auf: Nach einer ausgedehnten Stadtbesichtigung schwollen meine Knie- und Fingergelenke an. Die erste Vermutung war zunächst Gicht".

Eine entsprechende Untersuchung brachte allerdings keine Hinweise darauf. "Stattdessen wurden die Symptome einer rheumatoiden Arthritis zugeschrieben und ich erhielt entsprechende Medikamente". Später verlagerten sich ihre Beschwerden auf die Speiseröhre. Das ging mit Schluckbeschwerden und auch Problemen im Magen-Darm-Trakt einher.

Im Juni 2018 kam es dann zu einem kompletten Zusammenbruch. Die Untersuchungen deuteten zunächst auf einen möglichen Herzinfarkt hin. "Trotz umfassender Herzuntersuchungen im Krankenhaus, die ein gesundes Herz bestätigten, blieb die Ursache meiner Beschwerden unklar", so Schrauf.

Rheuma mit 41 Jahren

Ein Arzt überwies die Burgenländerin an die Klinische Abteilung für Rheumatologie und Immunologie am Landeskrankenhaus (LKH) Graz. Nach unzähligen Untersuchungen ergab eine Kapillar-Untersuchung die endgültige Diagnose. "Die Diagnose stürzte mich in ein psychisches Loch. Die Unterstützung im LKH-Graz war jedoch großartig und half mir physisch und psychisch sehr".

Die Behandlung der Diffusen systemischen Sklerodermie mit einem Anti-CD20-Antikörper zeigte schnell Wirkung. "Schon nach der ersten Behandlung ging es mir deutlich besser. Die Ärzte klärten mich jedoch darüber auf, dass es sich um eine Dauertherapie handle", erzählt Schrauf. Am Beispiel anderer Patienten erkannte sie, wie wichtig eine möglichst frühe korrekte Diagnose ist. Hier sollte so wenig Zeit wie möglich verloren gehen.

Krankheit beeinträchtigt den Alltag enorm

Vor allem das morgendliche Aufstehen sei besonders beschwerlich, da die Gelenke vollkommen steif sind. "Bewegung ist kaum möglich, die Finger lassen sich nicht abbiegen. Bei mir sind zu 80 Prozent die Hände betroffen. Bei Schüben spüre ich die Krankheit jedoch im ganzen Körper. Auch das Schlucken ist ein Problem".

Es war ungewohnt für die berufstätige Alleinerziehende, plötzlich auf Hilfe angewiesen zu sein. "Was für Gesunde normal ist, war für mich eine Katastrophe. Ich musste meinen Sohn bitten, ein Marmeladenglas zu öffnen, oder brauchte Hilfe, um einen Knopf zuzumachen". Aus dem Bett aufzustehen, dauerte oft eine halbe bis ganze Stunde. Dank der Therapie habe sich dieses Problem aber nun deutlich gebessert.

"Radfahren bedeutet für mich Freiheit"

Neben der Unterstützung durch Familie, Therapie und Physiotherapie gab ihr vor allem eines immer Zuversicht – Radfahren. "Vor den Infusionen zeigten Untersuchungen, dass Bewegungserfolge, besonders an Füßen und Beinen, sichtbar wurden. Radfahren ist für mich mittlerweile ein ebenso wichtiger Teil der Therapie wie die Infusionen. Wenn ich Spannungen im Körper oder Hautverhärtungen spüre, setze ich mich aufs Rad".

Spezielle physiotherapeutische Übungen

Bei einem Krankheitsschub brauche sie nun nur noch rund zehn Minuten. Hilfreich zur medikamentösen Therapie sei auch die Physiotherapie mit speziellen Übungen für die Finger. "Psychisch sehr belastend bleibt, vor allem für mich, damals noch als alleinerziehende Mutter, dass die Krankheit derzeit nicht heilbar ist", sagt Schrauf. Umso wichtiger sei die intensive Forschung, um Betroffenen rasche Hilfe zukommen lassen zu können.

v.l.n.r.: Daniel Aletaha (Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am AKH-Wien und Präsident der European Alliance of Associations for Rheumatology), Ariane Schrauf (BEtroffene), Valerie Nell-Duxneuner (Präsidentin der ÖGR), Helga Lechner-Radner (Abteilung für Rheumatologie am AKH-Wien und Leiterin der Sektion Wissenschaft der ÖGR)
v.l.n.r.: Daniel Aletaha (Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am AKH-Wien und Präsident der European Alliance of Associations for Rheumatology), Ariane Schrauf (BEtroffene), Valerie Nell-Duxneuner (Präsidentin der ÖGR), Helga Lechner-Radner (Abteilung für Rheumatologie am AKH-Wien und Leiterin der Sektion Wissenschaft der ÖGR)
Helmut Graf

Österreich führend in der europäischen Rheuma-Forschung

In den letzten zwei Jahrzehnten sei der Rheumatologie ein außergewöhnlicher Wissenssprung gelungen, so Univ.-Prof. Dr. Daniel Aletaha, Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am AKH-Wien und Präsident der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) bei einer Pressekonferenz. "An den Meilensteinen der Forschung sind österreichische Wissenschaftler:innen maßgeblich beteiligt", betonte Aletaha.

So stammen beispielsweise wegweisende und international angewandte Richtlinien zu Diagnostik und Management von bestimmten rheumatischen Erkrankungen aus österreichischer Feder. Auch können durch österreichische Arbeiten zum Thema Früherkennung und rechtzeitiger Behandlung Erkrankungen rascher erkannt und behandelt und somit irreversible Schäden für den Patienten abgewandt werden.

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    Denise Auer, IStock (Symbolbild, Fotomontage)

    Auf den Punkt gebracht

    • Ariane Schrauf erhielt mit 41 Jahren die Diagnose Rheuma und berichtet über die Herausforderungen, die diese Krankheit mit sich bringt
    • Trotz der allgemeinen Annahme, dass Rheuma nur ältere Menschen betrifft, kann die entzündliche Erkrankung in jedem Lebensalter auftreten
    • Die Diagnose stürzte sie in ein psychisches Loch, aber die Behandlung zeigte schnell Wirkung
    • Neben der Unterstützung durch Familie und Therapie half ihr vor allem das Radfahren, um Zuversicht zu bewahren
    • Die Krankheit ist nicht heilbar, aber die intensive Forschung in Österreich ermöglicht rasche Hilfe für Betroffene
    red
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