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Metal Gear Survive im Test: Teufel in Spielform?
Wie viele Chancen hat ein Spiel, das schon im Vorhinein vernichtend bewertet, totgeschrieben und verteufelt wird?
Zu verhärtet sind die Fronten zwischen "Metal Gear"-Fans und jenen, die einfach ein spannendes Spiel ohne große Erwartungshaltungen herbeiwünschen, als dass es der Titel so leicht oder schwer wie jeder andere haben könnte. Gerade deshalb sollte man Bewertungen des Konami-Titels kritisch hinterfragen. Ist Metal Gear Survive der Gamegewordene Teufel? Während das Spiel gerade erst auf den Markt gekommen ist, hagelte es bereits Monate zuvor Negativ-Reviews. Wenig aussagekräftig für Spieler und keine Auszeichnung für Tester, die sich als objektiv bezeichnen.
Legen wir deshalb vorerst die "Metal Gear"-Erwartungen auf Eis und schauen wir uns an, was Survive im Kern bietet. Es knüpft an das Ende von "Metal Gear Solid V: Ground Zeroes" an und zeigt eine parallele Story zum nachfolgenden "The Phantom Pain". Nach dem bekannten Angriff der Geheimorganisation Cipher auf die Mother Base werden einige Militärs durch ein Wurmloch in eine andere Welt gesogen. Storytechnisch kein großer Wurf, aber zumindest gestaltet er das Gameplay spannend.
Das "Survive" im Titel deutet es ja bereits an: es geht darum, zuerst einmal in der fremden Welt zu überleben, herauszufinden wo man ist, und möglicherweise einen Weg zurück in die eigene Welt zu finden. So sind zwei Faktoren stärker vertreten als in bisherigen "Metal Gear"-Titeln: Schleichen und Sammeln. Während man die Umgebung erforscht, packt man Nahrung, Wasser und Ressourcen ein, um sich zu ernähren und Waffen, Gebäude und Sicherheitsanlagen zu bauen oder zu errichten.
Balance-Frage
So gesehen ist "Survive" (getestet auf der PlayStation 4) ein Überlebensspiel, das mit durchaus starken Argumenten punkten kann, aber auch einige Macken aufweist. Beides entdeckt man erst nach einigen Spielstunden, denn "Survive" kommt langsam in Fahrt. Was aber nicht Langeweile bedeutet, im Gegenteil. Die ersten Stunden verbringt man damit, unzählige Ressourcen zu sammeln und den überstarken Feinden aus dem Weg zu gehen. Letztere treten meist in Gruppen auf und sind brutal stark und Hunger sowie Durst tun ihr übriges dazu.
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Erst wenn man Stunde um Stunde Items gesammelt hat und die eigene Basis samt Maschinen steht, die für Nahrung und Wasser sorgen, entspannt sich der Überlebenspart und man kann sich auf das eigentliche Survive-Abenteuer und die Story einlassen. Bemängeln müssen wir dabei die Balance zwischen den zwei Phasen, denn hier schießt sich der Titel selbst ins digitale Knie. Wäre der Einstieg etwas frustrationsfreier und würde sich der Ressourcenmangel über das Spiel verteilt langsamer abbauen, würde der Titel wohl auch mehr Fans abseits der Survival-Community gewinnen.
Craften, was das Herz begehrt
Spielerherzen schlagen dafür höher, wenn es um das Herstellungssystem geht. Über Werkbänke und andere Tools kann man von Waffen über Ausrüstung bis hin zu Gebäuden und Arealen für den Lebensmittelanbau oder die Energiegewinnung hunderte Dinge basteln. Und hier klappt es auch mit der Balance: die herstellbaren Items schalten sich nach und nach frei und werden dem Spieler nicht einfach hingeworfen. So macht es Spaß, nach und nach neue Objekte zu entdecken und auch zu nutzen.
Die Freischaltung der herstellbaren Objekte geschieht über kleinere und größere Missionen, sie so zahlreich sind, dass man entscheiden kann, ob man sich zuerst einmal die Basis-Objekte wie eine Wasseraufbereitungsanlage über mittelschwere Missionen besorgt oder gleich volles Risiko eingeht und eine brandgefährliche Mission in Anlauf nimmt, um das eigene Lager mit einer starken Verteidigungswaffe gegen Feinde abzusichern und so etwas länger Ruhe vor Angreifern zu haben.
Kampf mit wenigen Makeln
Auch das Kampf- und Schleichsystem ist gut durchdacht und funktioniert in den meisten Fällen präzise. Umso ärgerlicher, wenn manchmal Aussetzer auftreten. Etwa, wenn eines der zombieartigen Wesen mit einem leuchtenden Kristall am Kopf uns beim Anschleichen entdeckt, obwohl ihm eigentlich die Sicht verdeckt sein sollte. Zwar passiert das nicht ständig, aber wenn es passiert, ist meist eine ganze Meute hinter dem Spieler her. Und gerade bei einem Spiel, das so stark auf Schleichen setzt, ist es jedes Mal frustrierend.
Wir wollen aber die ganze Mechanik nicht schlechtschreiben. Der Kampf und das Schleichen machen Spaß! Beides orientiert sich stark an der Phantom-Pain-Mechanik, schleißlich kommt ja auch die Fox Engine zum Einsatz. Man begegnet nicht allzu cleveren Gegnern, aber bekommt tolle Waffeneinsatz- und Überraschungsmöglichkeiten geboten. Neu ist die Vielzahl der Nahkampfwaffen, die noch etwas unausgeglichen erscheint. Gerade mit Speeren ist es leicht, sich einen erhöhten Platz zu suchen und dann ganzen Gegner-Gruppen per Stichen in den Kopf den Garaus zu machen. Mit Fäusten oder Messern wiederum ist man auf Augenhöhe gegen mehrere Gegner chancenlos. Schön dabei ist aber, dass sich zu jeder Waffe zumindest eine größere oder kleinere Einsatzstärke finden lässt.
Eine Prise Hardcore-RPG
Witzig, wenngleich wenig realistisch ist, dass sich Survive einer aus Titeln wie "Dark Souls" oder "Nioh" bekannten Mechanik bedient. Stirbt man, erwacht man am Ausgangspunkt, der Basis, zu neuem Leben und hat eine Chance, die beim Tod verlorenen Gegenstände wieder einzusammeln. Gelingt das nicht, verschwinden sie. Extrem ausgebaut wurde der Skilltree, mit dem man die verschiedensten Fähigkeiten freischalten kann. Da reicht von Ausweichmöglichkeiten im Kampf bis hin zu besonderen Herstellungs-Gaben.
Je weiter man im Spiel voranschreitet, desto stärker kann man sich durch die Skills auch spezialisieren. Und egal welchen Weg man wählt, hier ist die Balance auch besser, denn keine der Fähigkeiten bringt einen entscheidenden Vorteil, jede ist aber eine wichtige Verbesserung. Abzüge gibt es für die Grafik: Survive sieht klasse aus und läuft flüssig, da liegt nicht das Problem. Schade finden wir es aber, dass Survive fast eins zu eins wie The Phantom Pain aussieht, teils mit grafisch langweiliger umgesetzteren Gegnern. Hier scheitert man am Werk aus dem eigenen Haus.
Was uns ganz und gar nicht gefiel
Es gibt beim Spiel einige Punkte, mit denen wir einfach nicht warm werden können. Der größte Kritikpunkt ist da wohl das Mikrotransaktionssystem. Klar, man muss in Survive kein Geld für Skins oder aber auch bessere Herstellungsprozesse ausgeben, aber gerade zu Beginn führt der Titel den Neuling mit dem hohen Schwierigkeitsgrad und dem ständigen Druck öfters in Versuchung. Noch schwerer wiegt aber, dass selbst für einen zusätzlichen Speicherplatz abkassiert wird, ganz schön frech. Zumindest: Man kann die Ingame-Währung etwa auch mit täglichen Log-Ins zusammenkratzen.
Eine weitere Anmerkung ist, dass selbst Singleplayer online sein müssen, um Survive zu spielen. Der dritte Grund ist dann das "Metal Gear" im Namen. Survive hätte es so viel einfacher, hätte man das "Metal Gear" einfach weggelassen. Der Start des Spiels referenziert zwar noch auf den "Ground Zeroes"-Titel der Reihe, im Spielverlauf kommen aber insgesamt zu wenige Zusammenhänge zur Reihe vor, als dass sich das Spiel als großer "Metal Gear"-Vertreter präsentieren würde. Generell kommt auch die ganze Story nicht an das Niveau von anderen "Metal Gear"-Spielen heran, unterhält aber trotzdem gut bis exzellent und ist am Spielsektor unter die stärkeren Geschichten einzuordnen.
Warum unser Fazit trotzdem positiv ist
Insgesamt hinterlässt Metal Gear Survive aber einen positiven Eindruck, und das nicht zu schwach. Das Ruder reißen dabei vor allem der Multiplayer, die Spielinhalte, der Sound und die Gameidee herum. Im Multiplayer ist Survive nämlich eine wahre Freude. Im Koop mit bis zu vier Spielern verteidigt man Gebiete gegen anstürmende Feinde, stellt Fallen auf, baut Wälle und rüstet Waffen auf, um die Scharen zu besiegen. Der Zeitdruck, das Teamwork und die auftretenden Nebenquests sorgen für genug Spielspaß, um für Stunden zu fesseln, hochzuleveln und zum perfekten Überlebens-Team zu werden.
Neben der durchaus guten und soliden Story kommen tolle Musik und spannende Soundeffekte hinzu. Die Spielinhalte reichen sowieso für Tage und Wochen und selbst als Hardcore-Gamer wird man in den dreistelligen Stundenbereich kommen, will man halbwegs alle Quests und Möglichkeiten von Metal Gear Survive ausreizen. Letztlich bleibt festzustellen, dass Survive ohne das "Metal Gear" im Titel einen extrem spannenden Survival-Hit gelandet hätte, der leider durch die Unkenrufe der Serienfans geschmälert wird. Was auch der Blick auf globale Bewertungen zeigt.
Doch ein echtes "Metal Gear"?
Während Fachtester dem Titel rund um 7 von 10 Punkten zuschreiben, tun dies User mit 2 bis 3 von 10 Punkten, wobei meist nur das "Metal Gear" im Titel als Hassobjekt genannt wird. Doch gerade "Metal Gear"-Fans sollten sich Survive zu Gemüte führen, denn auch wenn der große Storybogen fehlt, so gibt es im Spielverlauf doch einige Andeutungen, dass Survive gut in die Reihe passt und vielleicht doch das "Metal Gear" im Titel nicht ganz zu unrecht trägt.
Einerseits, weil auf von "Metal Gear"-Schöpfer Hideo Kojima erdachte Storyelemente wie die Nanomaschinen in "Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots" angespielt wird. Andererseits, weil sich Survive auch in die bisher erschaffene Zeitlinie der Serie einfügt. Gamer mit starken Überlebensinstikten finden in Survive jedenfalls einen tollen Titel am Survival-Sektor vor. Und "Metal Gear"-Fans sollten ihre Vorurteile ablegen und sich Survive einfach mal neutral anzocken. Spätestens nach dem Abspann dürften zumindest einige einsehen, dass Survive das "Metal Gear" im Titel vielleicht doch verdient hat.